Corona-Ausbruch im Kreis Gütersloh - Urlaubsländer schotten sich ab

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Nach dem massiven Corona-Ausbruch im Kreis Gütersloh wächst unmittelbar vor Beginn der Sommerreisesaison die Sorge vor einer Verbreitung des Virus auch in anderen Bundesländern. Einige schotten sich daher zunehmend ab. Auch Niedersachsen kündigte am Mittwoch ein Beherbergungsverbot für Touristen aus der Region an, die keinen negativen Corona-Test vorweisen können. Bayern und Schleswig-Holstein brachten bereits angekündigte Einschränkungen auf den Weg. Nach einer Telefonkonferenz der Ländergesundheitsminister zeichnete sich keine bundesweit einheitliche Regelung ab.

Der Ausbruch beim Fleischkonzern Tönnies schlägt Wellen bis ins Ausland. So sprach Österreich eine Reisewarnung für Nordrhein-Westfalen aus. Obendrein gibt es Überlegungen im Gesundheitsministerium in Wien für ein Landeverbot für Maschinen aus Nordrhein-Westfalen in Österreich. Das berichteten der Sender RTL sowie weitere Medien. Nach dpa-Informationen ist eine Entscheidung aber noch nicht gefallen. Die Einreisebestimmungen für Deutsche - auch für die Menschen aus Nordrhein-Westfalen - ändern sich nach der Reisewarnung nicht.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verteidigte im Landtag sein Krisenmanagement gegen die Kritik der Opposition, die ihm Führungsschwäche vorwarf.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) rief Bundes- und Landesbehörden zur Zusammenarbeit auf, um die Ausbreitung der Infektionen zu verhindern. «Das ist etwas, was uns mit großer Sorge umtreibt», sagte er nach der Kabinettssitzung in Berlin. «Deshalb müssen wir auch ein Auge auf andere Standorte der Fleischindustrie haben.» Gemeinsam und konzertiert müsse man eine zweite Welle der Pandemie verhindern.

Die Bundesregierung unterstrich die Zuständigkeit der Länder für das Krisenmanagement in der Pandemie. Diese hätten zu entscheiden, ob die Auflagen verschärft werden müssten oder nicht, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. Die Zuständigkeiten blieben auch jetzt die gleichen.

In mehreren Bundesländern, darunter auch in Nordrhein-Westfalen, beginnen an diesem Wochenende die Sommerferien. Aus Furcht vor einer Ausbreitung des Virus wurden an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern bereits Urlauber aus der Region Gütersloh abgewiesen oder aufgefordert, vorzeitig abzureisen. NRW-Ministerpräsident Laschet warnte davor, Urlauber aus dem Kreis zu stigmatisieren. «Ich stelle mich vor die Menschen in Gütersloh», sagte er im Landtag. Außerhalb der Beschäftigten in der Fleischindustrie sei bisher nur eine kleine Zahl von Fällen bekannt.

In einem Schlachtbetrieb des Tönnies-Konzerns hatten sich mehr als 1550 Beschäftigte nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Die Behörden hatten daraufhin im Kreis Gütersloh und im Nachbarkreis Warendorf das öffentliche Leben massiv eingeschränkt. Betroffen sind rund 640 000 Menschen, für die nun wieder strengere Kontaktbeschränkungen gelten. Es ist allerdings nicht verboten, die beiden Kreise zu verlassen.

Mit Corona-Massentests in den beiden Kreisen will die Landesregierung nun bis Ende der Woche Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus erhalten. Man wolle wissen, «ob das Virus in andere Teile der Bevölkerung übergesprungen ist», sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) im Düsseldorfer Landtag. Bei der freiwilligen Massentestung der Bewohner des Kreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen ist zunächst kein weiterer Infizierter gefunden worden. Von den ersten 230 Befunden sei noch ein Ergebnis fraglich, alle anderen seien negativ, sagte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU).

Auch Niedersachsen hat ein Problem: Dort wurden nach dem Start eines Corona-Massentests unter Mitarbeitern einer Putenschlachterei des Wiesenhof-Konzerns in Wildeshausen bereits 35 Infizierte ausfindig gemacht. Bis Mittwochnachmittag wurden nach Unternehmensangaben 341 Menschen getestet.

Schleswig-Holstein will Reisende aus Corona-Hotspots künftig in eine zweiwöchige Quarantäne schicken. Ausnahmen gibt es nur, wenn ein aktueller negativer Test vorliegt. Auch andere Bundesländer hielten Regelungen wie im Norden für notwendig, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Kiel der Deutschen Presse-Agentur. Als Corona-Hotspot gelten für das Bundesland Gebiete mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen.

Die Regelung in Schleswig-Holstin tritt an diesem Donnerstag in Kraft. Vom selben Tag an gilt in Bayern ein Beherbergungsverbot für Menschen aus Corona-Risikogebieten, wenn sie keinen negativen Corona-Test vorweisen können. Niedersachsen macht eine Bescheinigung über einen negativen Corona-Test von Freitag an zur Bedingung für Urlauber aus den Kreisen Gütersloh und Warendorf.

Im Düsseldorfer Landtag attackierte Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) Regierungschef Laschet: «Die Führungsschwäche dieser Regierung ist ein Risiko für die Pandemiebekämpfung.» Der Tönnies-Sitz Rheda-Wiedenbrück sei «heute der größte Virus-Hotspot in ganz Europa», sagte Kutschaty. Der Corona-Ausbruch sei schlimmer als in Heinsberg und Ischgl. Die Regierung habe zu lange gezögert, durch entschlossene Maßnahmen «zu verhindern, dass eine zweite Infektionswelle über Deutschland und Europa kippt».

Laschet betonte hingegen, NRW sei bundesweit «das erste Land», das aus Vorsicht eine Region «komplett zurückführt». Zum Vorwurf der Zögerlichkeit sagte er: «Es ist eine Abwägung erforderlich.» Ihn wundere es immer wieder, wie schnell manche bereit seien, Einschränkungen der Grundrechte vorzunehmen.

Der Corona-Ausbruch im Fleischbetrieb Tönnies könnte nach einer ersten Einschätzung des Bonner Hygiene-Experten Martin Exner auf die Luftkühlung im Zerlegebetrieb zurückgehen. In dem Bereich werde die Luft auf sechs bis zehn Grad Celsius heruntergekühlt, während die Arbeiter bei hohem Tempo und harter, körperlicher Belastung die geschlachteten Schweine zerlegen, sagte der Professor bei einer Pressekonferenz in Gütersloh. Um die Luft zu kühlen, werde diese aus dem Raum gezogen, gekühlt und zurück in den Raum gebracht. Um zu verhindern, dass Viren über dieses System verteilt werden, schlägt Exner Hochleistungsfilter und UV-Strahlen als Lösung vor. In Krankenhäusern würden diese Hochleistungsfilter bereits in Operationssälen eingesetzt.

Reisegruppe aus Gütersloh in Kühlungsborn zurückgewiesen

Eine Reisegruppe aus Gütersloh ist von einem Hotel im Ostseebad Kühlungsborn in Mecklenburg-Vorpommern zurückgewiesen worden. Wie ein Sprecher des Landkreises Rostock am Mittwoch mitteilte, war die Gruppe am Sonntag angereist. Das Hotel habe das Gesundheitsamt informiert, da bei der Anreise der Gruppe nicht sicher feststand, ob Gütersloh bereits ein Risikogebiet war. Das Gesundheitsamt und das Rechtsamt hätten dem Hotel auf Grundlage der Landesverordnung geraten, die etwa 40 Reisenden zurückzuschicken. Die Gäste konnten keinen negativen Corona-Test vorweisen, wie es die Landesverordnung in Mecklenburg-Vorpommern für Reisende aus Risikogebieten fordert.

Tourismusverband will bundeseinheitliche Regelung zu Corona-Hotspot

Der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern fordert eine bundeseinheitliche Regelung zum Umgang mit Touristen aus Corona-Hotspots. Geschäftsführer Tobias Woitendorf kritisierte am Mittwoch, dass die Gesundheitsminister in ihrer Schaltkonferenz am Mittwoch erneut keine gemeinsame Regelung gefunden haben. Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) forderte die Urlauber auf, sich vor Reiseantritt selbst über die geltenden Aufenthaltsbedingungen in den touristischen Regionen zu informieren. Nach seinen Worten gibt es Signale, dass sich die Gesundheitsminister der Küstenländer auf eine einheitliche Strategie einigen.

Mecklenburg-Vorpommern hatte als erstes Bundesland ein Beherbergungsverbot für Menschen aus Risikogebieten festgelegt. Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen folgten. Woitendorf sagte, durchsetzbar, nachvollziehbar und transparent werde die Regelung erst, wenn sie bundesweit einheitlich sei. «Dann schafft man Klarheit und entlastet die Gastgeber.» Die Differenzierung der Corona-Landesverordnung durch den Landkreis Vorpommern-Greifswald habe die Schwierigkeiten in MV noch vergrößert. Woitendorf forderte die Landesregierung auf, in Mecklenburg-Vorpommern für eine einheitliche Regelung zu sorgen.

Die Landkreise Vorpommern-Greifswald und Rostock haben bereits Urlauber aus Risikogebieten zurückwiesen. Wie ein Sprecher des Kreises Rostock mitteilte, musste eine am Sonntag aus Gütersloh angereiste Gruppe von etwa 40 Personen ein Hotel im Ostseebad Kühlungsborn wieder verlassen. Zu Wochenanfang waren von der Insel Usedom 14 Touristen aus Corona-Risikogebieten, darunter Gütersloh, abgewiesen worden.

Anschließend gab der Kreis neue Verfahrensweisen für den Umgang mit Gästen aus Risikogebieten bekannt, die von der Landesverordnung abweichen. Demnach können sich Gäste aus Risikogebieten, die ohne aktuellen Corona-Test einreisen, in einem Labor in Greifswald auf Corona testen lassen und müssen die Zeit bis zum Ergebnis in Isolation in ihrer Ferienunterkunft verbringen. Glawe erklärte dazu, eine Absonderung in der Beherbergungsstätte und eine nachträgliche Testung seien explizit nicht gestattet.

Woitendorf verwies auf die Schwierigkeiten der Beherbergungsbetriebe. Diese seien in einer schwierigen Situation. Sie müssten ihre Gäste vor der Anreise auf das Beherbergungsverbot aufmerksam machen und sie zurückweisen, wenn sie dennoch anreisen und schon im Hause sind. Die Gäste hätten Anspruch auf Erstattung der Übernachtungskosten. «Der Schaden bleibt beim Vermieter, wenn er nicht sofort neu vermieten kann.» Zudem forderte er vom Bund, die Mobilität der Einwohner von Corona-Hotspots wie den Landkreisen Gütersloh und Warendorf zu begrenzen.

Risikogebiete sind Landkreise oder kreisfreie Städte mit mehr als 50 Infektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Im Kreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage auf 270,2, wie der Kreis mitteilte.

Aus weiteren Urlaubsgebieten in Mecklenburg-Vorpommern sind bisher keine Ausweisungen bekannt geworden. Der Sprecher des Landkreises Vorpommern-Rügen sagte, wenn ein Vermieter Gäste abweise oder ihnen absage, müsse er das den Behörden nicht melden. Eine Überprüfung der Gästelisten durch die Ordnungsämter sei nicht möglich. In manchen Badeorten wohne das Gros der Urlauber in nichtgewerblichen Ferienwohnungen. Gästelisten würden erst bei der Abrechnung der Kurtaxe eingesehen. Dies werde je nach Ortssatzung unterschiedlich gehandhabt. (dpa)


 

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