Ganz schön teuer? - Unterwegs in der 1. Klasse der Bahn

| Tourismus Tourismus

(Von Philipp Laage, dpa) Es soll die gleiche Zugverbindung sein wie immer, der ICE von Berlin nach Hagen am späten Freitagnachmittag. Also schnell auf bahn.de, das Online-Ticket buchen. Mit einer Bahncard 50 schreckt der Flexpreis nicht, die Fahrkarte kostet 54,50 Euro.

Doch plötzlich der Schock: Für die 2. Klasse gibt es überhaupt kein Ticket mehr, weil der Zug bereits zu voll ist. Früher fahren kann ich an diesem Tag nicht. Die einzige Alternative ist daher ein Super Sparpreis für die 1. Klasse. Die Kosten: 151,90 Euro. Meine Fahrt ist fast dreimal so teuer wie gedacht.

Und wie ist die 1. Klasse? Klar, es gibt mehr Platz, und es ist auch deutlich ruhiger. Die kostenlose Zeitung ist ein nettes Extra. Für den Sitzplatz muss ich nichts draufzahlen. Trotzdem fühlt sich der Unterschied zur 2. Klasse nicht so groß an, dass er einen derart spürbaren Preisaufschlag rechtfertigt.

Das Beispiel ist natürlich ein Einzelfall und spiegelt ein subjektives Empfinden wieder: Ganz schön teuer! Ich hätte ja auch früher buchen oder doch noch zeitlich umplanen können.

Volle Züge: Preise steuern die Auslastung

Das Beispiel zeigt aber auch, dass die Preisgestaltung der Bahn manchmal etwas frustrierend sein kann. Und es wirft die Frage auf:

Wann lohnt sich eigentlich die 1. Klasse? Beides hängt miteinander zusammen. Das liegt an der Auslastungssteuerung.

Die Deutsche Bahn bietet drei Ticketoptionen: Flexpreis, Sparpreis und Super Sparpreis, jeweils für die 1. und 2. Klasse. Die Preise variieren je nach Ticketkondition, Nachfrage, gewählter Strecke, Reisetag, Uhrzeit, Zugtyp und gewählter Klasse.

Eine Sprecherin der Bahn erklärt: Die Preisvariationen dienten neben dem Erlösmanagement hauptsächlich dazu, die Nachfrage zu lenken. Als Faustregel gilt: «Je voller der Zug ist, desto höher sind die Preise.

Damit sollen Kunden auf weniger ausgelastete Züge gelenkt werden.» Die Bahn möchte also einerseits möglichst viel verdienen und andererseits über den Preis die Auslastung steuern.

«Das macht schon Sinn», sagt Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn zu dem Preiskonzept der Bahn. «Wenn Sie das nicht so machen, werden die vollen Züge noch voller und die leeren Züge noch leerer.»

Wann ist die 1. Klasse günstiger als 2. Klasse?

Das hat für Fahrgäste teils überraschende Folgen: So kann der Super Sparpreis in der 1. Klasse manchmal günstiger sein als der Flexpreis in der 2. Klasse, wie Naumann bestätigt. Chancen darauf bestünden vor allem an Samstagen, wo kaum Geschäftsreisende unterwegs sind. Dass die 1. Klasse also immer teurer ist, stimmt so pauschal nicht.

Auch David Schreiber, Betreiber des Zugreiseblogs, rät dazu, die Preise in der 1. und 2. Klasse stets zu vergleichen. «Manchmal liegt der Aufschlag nur bei zehn Euro.» Weil aber der Sitzplatz in der 1.

Klasse inklusive ist und es für diese Kunden kostenlose Getränke in der DB-Lounge gibt, habe man das oft fast schon wieder drin.

Das Ertragsmanagement über flexible Preise sorge offenbar dafür, dass mehr Menschen Bahn fahren, sagt Scheibler. «Die Bahn hatte lange das Image, teuer zu sein, weil sie häufig nur Flexpreise angab.» Mit dem deutlichen Hervorheben der Sparpreise und Super Sparpreise habe sich das gewandelt. «Die Leute wissen, sie können günstig fahren, wenn sie früh buchen.»

Nach Ansicht von Scheibler hat das System aber nicht nur Vorteile: «Für den Kunden ist das teilweise blöd, weil er nicht vorhersehen kann, wie sich die Preise entwickeln.» So ist ein und dieselbe Strecke mal richtig günstig und mal spürbar teurer.

Der Abstand beim Flexpreis zwischen 1. und 2. Klasse liegt Scheibler zufolge im Schnitt bei 66 Prozent. Wer keinen Sparpreis ergattert, für den fällt der Aufschlag für die Premium-Klasse also deutlich ins Gewicht. Und wer eine Bahncard 25 oder 50 für die 2. Klasse besitzt, für den sind 1.-Klasse-Fahrkarten im Vergleich besonders teuer.

Mehr Platz und Komfort

Doch was bekommt der Fahrgast überhaupt in der 1. Klasse, was er in der 2. Klasse nicht bekommt? Die Vielfahrer Naumann und Scheibler unterscheiden hier zunächst den Nah- und Fernverkehr. «Im Nahverkehr lohnt sich die 1. Klasse eigentlich nicht», sagt der Blogger.

Anders sieht das im IC und ICE aus. Nach Angaben der Bahn gibt es im ICE folgende Unterscheidungsmerkmale: großzügigere und komfortablere Sitze, mehr Beinfreiheit, breitere Gänge, mehr Platz für Gepäck, Service am Platz, kostenlose Tageszeitungen, eine inkludierte Sitzplatzreservierung und unbeschränktes WLAN-Datenvolumen.

Pro-Bahn-Sprecher Naumann sieht besonders beim Platzangebot und Komfort einen deutlichen Mehrwert. Es gebe auch weniger Reisende, die laut seien. «Die Skat-Gruppe oder Damen-Kegeltruppe mit Sekt finden sie eher nicht.» Auch die Sitzplatzreservierung in der 1. Klasse im Ticketpreis zu inkludieren, sei eine klare Aufwertung gewesen.

Als Schwäche der 1. Klasse nennt Naumann die Verlässlichkeit des Angebots. «Der Kunde unterscheidet nicht so sehr, ob er ICE oder IC fährt.» Doch im Intercity bekommt er keinen Am-Platz-Service, und es gibt bislang auch kein kostenfreies WLAN.

«Die Bedienung am Platz finden viele ganz super», weiß Scheibler. «Aber wenn man länger im Zug sitzt und dann jede halbe Stunde ein Mitarbeiter kommt und nach Wünschen fragt, kann das auch nerven.» Der Blogger verweist bei den Vorzügen der 1. Klasse im ICE ebenfalls auf den Komfortgewinn durch die 2+1 Bestuhlung. «Und auf einem der Zweiersitze hat man trotzdem eine eigene Armlehne.»

Scheibler schätzt auch, dass man als Kunde der 1. Klasse an den Bahnhöfen die DB Lounge nutzen darf - allerdings nicht mit einem Super Sparpreis. In der Lounge sind Getränke und die Toiletten kostenlos. Manchmal gibt es noch einen speziellen 1.-Klasse-Bereich mit Snacks. «Das finde ich sehr angenehm, gerade früh morgens, wenn man da einen Kaffee und ein Croissant bekommt.»

Fazit: Wann lohnt sich die 1. Klasse?

Wer einmal recht günstig in der 1. Klasse fahren möchte, kann Ausschau nach Super Sparpreisen halten - oder 500 Bahnbonus-Punkte für ein Upgrade nutzen. Im regulären Tarif ohne Sparpreis ist die 1.

Klasse aber wohl eher etwas für Fahrgäste, die sich den Extra-Komfort leisten können oder wollen. «Für Otto-Normal-Bahnfahrer lohnt sich das eher nicht, nur um ein bisschen mehr Beinfreiheit zu haben», sagt Scheibler. «Da ist der Aufpreis übertrieben.»


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Four Seasons setzt den Kurs in Richtung Luxus auf See. Während die Premierensaison von Four Seasons Yachts näher rückt, werden die ersten zehn Routen sowie die Suiten vorgestellt.

Ob Silvester, Theater oder Yoga: Auf dem Times Square ist immer Programm. Vor 120 Jahren bekam die Kreuzung in Manhattan ihren Namen, inzwischen ist sie weltberühmt - aber bei New Yorkern unbeliebt.

Während der Corona-Pandemie waren kaum Kreuzfahrtschiffe auf den Meeren unterwegs. Nun ist die Branche wieder auf Wachstumskurs - und muss Wege finden, nachhaltiger zu werden.

Mecklenburg-Vorpommern ist im Ausland nicht als Top-Destination bekannt. Die Zahl der internationalen Urlaubsgäste ist überschaubar. Es gibt Ideen, wie sich das ändern könnte.

Von Rövershagen nach Kalifornien - der Erdbeeranbauer und Freizeitpark-Betreiber Karls plant den Sprung über den Atlantik und will in den USA ein Erlebnis-Dorf bauen. An einem besonderen Erdbeer-Ort.

Der am südlichsten gelegene Leuchtturm in Deutschland soll wieder zu einem Publikumsmagneten werden. Etwas mehr als ein Jahr lang war er geschlossen, weil Baumaßnahmen für den Brandschutz und den Arbeitsschutz notwendig waren.

American Express Global Business Travel wird seinen  großen Rivalen CWT für 570 Millionen Dollar übernehmen, nachdem die Vorstände beider Unternehmen der Transaktion zugestimmt haben. Durch die Übernahme schließen sich zwei der weltweit größten Unternehmen im Bereich Travel Management zusammen.

Franzosen, die scharenweise in den Schwarzwald reisen, um Joints zu rauchen? Das prophezeit der baden-württembergische Innenminister - und fordert weniger Cannabis-Vereine in Grenzregionen.

Statt Schlafsack unter dem Sternenhimmel erwartet die Camping-Urlauber ein Bett mit Lattenrost und Matratze, statt Stockbrot am Lagerfeuer ein Frühstückskörbchen mit Brötchen und Saft. Indoor-Camping heißt das Konzept des «Hafentraums» in Bremen, in einer ehemaligen Lagerhalle reihen sich elf Wohnwagen und Hütten aneinander.

Zu Beginn der Osterferien in zahlreichen Bundesländern drängt es die Menschen an die Küsten von Nord- und Ostsee. Auch norddeutsches Schmuddelwetter halte die ersten Osterurlauber kaum von einem Strandbesuch ab. Für die Ostertage hoffen die Touristiker aber auf freundlicheres Wetter.