Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen - nicht nur Gold und bunte Türmchen

| Tourismus Tourismus

Ganz Ungewohntes zeigt sich den Reisenden im ICE von Hamburg nach Karlsruhe, als der Zug im kleinen Uelzen hält. Knallbunte Säulen mit goldenen Kugeln zieren den alten Backsteinbahnhof, farbenfrohe Mosaiken in eher wilden Formen, auf den Dächern sprießt Grün. Nach einigen Minuten geht es weiter Richtung Süden - schade eigentlich, denn drinnen hätte der nach Plänen des Künstlers Friedensreich Hundertwasser (1928-2000) veränderte Bau einiges zum Schauen zu bieten. «Jetzt nach 20 Jahren ist Zeit für Neues», meint Mitinitiator Raimund Nowak, während er nicht ohne Stolz das Innere zeigt.

Selbst die Toilettenräume sind voll bunter Kacheln, auf einer Empore ist Platz für Konferenzen oder Ausstellungen. «Es ist Zeit, aus dem Bahnhof das zu machen, was wir ursprünglich wollten: einen Anziehungspunkt von überregionaler Bedeutung», sagt Nowak. «Der Bahnhof wollte auch Treffpunkt zwischen Hamburg und Hannover sein - die Lage am Bahnkreuz von Nord nach Süd und Ost nach West ist optimal.»
 

Am 3. Juli will der Verein den 20. Geburtstag mit einer Ausstellung feiern. Für das kommende Jahr soll entlang der Bahnstrecke von Celle nach Uelzen eine weitere Ausstellung zum Umweltengagement Hundertwassers entwickelt werden. Offiziell eingeweiht wurde der für die Expo 2000 umgebaute Bahnhof am 25. November 2000.

«Für mich gehört der Hundertwasser-Bahnhof zu den schönsten Bahnhöfen der Welt», sagt Nowak, dessen Begeisterung auch nach zwei Jahrzehnten nicht verflogen ist. Der umtriebige 64-Jährige ist Vorsitzender des Vereins Bahnhof 2000 Uelzen, bis 2009 war er Landesvorsitzender der niedersächsischen Grünen.

Der 1928 in Wien geborene Hundertwasser fand die gerade Linie «gottlos». Mit pflanzlichen Formen, bunten Säulen, Zwiebeltürmchen und unregelmäßigen Fassaden kämpfte er für ein natur- und menschengerechtes Bauen. Als vehementer Befürworter der Friedens- und Ökologiebewegung wurde er in den 1970er und 80er Jahren populär. Mit Dachgärten, ökologischen Toiletten und naturnaher Bauweise wurde er zu einem Vorkämpfer ökologischer Architektur.

«Hundertwasser ist der Künstler, der Kultur und Umwelt ideal verbindet», sagt Nowak. «Das ist 20 Jahre später aktueller denn je.» Den Bahnhof in Uelzen hat Hundertwasser selbst nicht mehr gesehen, er starb am 19. Januar 2000 an Bord eines Schiffes auf dem Pazifik - einige Monate vor der Fertigstellung.

Der einst im wilhelminischen Stil aus roten Ziegelsteinen errichtete Bahnhof wurde 1887 eröffnet. Hundert Jahre später war das unter Denkmalschutz stehende Gebäude schwer heruntergekommen und hatte seine alte Pracht längst eingebüßt. Dann nahte die Expo 2000 in Hannover. Der eigens gegründete Verein entwickelte ein Konzept, das die Umgestaltung zu einem Umwelt- und Kulturbahnhof vorsah. Die Initiatoren konnten Hundertwasser gewinnen, nach seinen Vorgaben wurde das Gebäude von 1998 bis 2000 umgebaut.

«Wir haben immer schon auf das ökologische Engagement von Hundertwasser gesetzt», betont Nowak. Der habe das öffentliche Verkehrswesen gestärkt. «Wir wollten damals schon Car-Sharing - Mobilitätszentrale war das Stichwort.» Die Dächer auf dem Gelände wurden begrünt, auch eine große Solaranlage wurde angebracht.

«Wir sind stolz darauf, dieses Hundertwasser-Bauwerk in Uelzen zu haben», sagt Bürgermeister Jürgen Markwardt zu dem touristischen Highlight. «Der Bahnhof ist unser Alleinstellungsmerkmal und macht unsere Hansestadt über die Landesgrenzen hinaus bekannt», betont er. «Ich wünsche mir, dass die begehbare Märchenwelt mit Gleisanschluss die Zugreisenden und viele Besucher weiterhin in ihren Bann zieht.»

Unterdessen macht ein Mann auf dem Bahnsteig Fotos, er ist mit seiner Frau nur wegen des Bahnhofs gekommen. Die beiden hätten schon einiges von Hundertwasser gesehen, sagt er, zuletzt seien sie in Wien gewesen. «Das ist anders als das, was man sonst so als Bahnhof sieht.» Hinten im Bahnhof hat der Verein einen Projektladen, wo tägliche Führungen angeboten werden. Es gibt Hundertwasser-Souvenirs und ein großes Modell des Baus zum Aufklappen. «100 x Freude am Bahnhof Uelzen», heißt es etwa im Gästebuch.

Der Verein ist nicht Betreiber des Baus, das ist die Deutsche Bahn. «Der Bahnhof ist gut gepflegt worden», sagt Nowak. «Wenn mal eine Kachel abplatzt, wird sie ersetzt.» Und auch die Bahn weiß, was sie an dem Bau hat. «Der Knotenbahnhof Uelzen hat eine große Bedeutung für die Region und ist in seiner Art einzigartig», betont eine Sprecherin. «Zugleich zahlt der Hundertwasserbahnhof mit seinem begrünten Dach und der Solaranlage auf den Klimaschutz ein.» Das ist 20 Jahre nach Hundertwasser ein bestimmendes Thema - auf dem ICE eben nach Karlsruhe stand vorn «Deutschlands schnellste Klimaschützer».

In einem Anbau ist ein gemütliches Restaurant entstanden, darin ist die alte Außenwand zu sehen. Und sollten kommende Generationen keinen Gefallen mehr an Formen und Farben von Hundertwasser finden, so lasse sich alles wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzen, sagt Nowak. «Das war eine Auflage des Denkmalschutzes.»

(dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine aktuelle Analyse von Google-Bewertungen zeigt auf, welche Flughäfen weltweit bei Passagieren in puncto Servicequalität, Komfort und Erlebnis besonders gut abschneiden. An der Spitze des Rankings positioniert sich der Singapore Changi Airport.

Fregate Island auf den Seychellen, eine privat geführte Insel, plant die Wiederaufnahme des Betriebs für den Herbst 2026. Dem Re-Launch ging ein grundlegender Neubau der Poolvillen, Anwesen und der gesamten Infrastruktur voraus. Die Betreiber zählen sich selbst zur Ultra-Luxushotellerie.

Der Reiseveranstalter TUI hat Reisen in das Renaissance Cairo Mirage City Hotel in Ägypten aus dem Programm genommen, nachdem bekannt wurde, dass über 150 aus Israel freigelassene palästinensische Ex-Häftlinge dort untergebracht waren. Auch die Lufthansa hat reagiert und ihre Flug-Crews vorsorglich in andere Unterkünfte verlegt.

Angebote für Verbände und Unternehmen sollen die Tourismusbranche in Rheinland-Pfalz nach vorn bringen. Die nun vorgestellte Tourismusstrategie sieht insgesamt sechs zentrale Handlungsfelder vor.

Die Schweizer Skigebiete Crans-Montana und Andermatt-Sedrun gehören Amerikanern, aber Flims, Laax und Falera verhindern nur mit viel Geld eine Übernahme aus dem Ausland.

Aus Sorge vor einer ausländischen Übernahme der lokalen Ski-Infrastruktur, haben die drei Wintersportgemeinden Flims, Laax und Falera im Kanton Graubünden den Kauf der Anlagen der Weissen Arena Bergbahnen AG beschlossen. Mit einem Gesamtvolumen von 94,5 Millionen Franken sichern die Gemeinden die touristischen Anlagen.

Schon länger wehren sich Gegner gegen das touristische Großprojekt Bernstein-Resort bei Ribnitz-Damgarten. Nun hat ein Gericht notwendige Arbeiten vorläufig gestoppt - wegen Fledermäusen.

Der Europa-Park im südbadischen Rust will dem Weltraum einen eigenen großen Themen-Bereich widmen. Eine Hauptattraktion wird die Achterbahn Euro-Mir sein, die abgebaut und mit neuer Technik komplett neu errichtet werden soll.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband unterstützt die Initiative zur Olympiabewerbung Münchens. Der Verband sieht darin langfristige Chancen für die bayerische Hauptstadt, die Betriebe der Branche sowie deren Gäste in ganz Bayern.

Eine aktuelle Umfrage der ÖHV beleuchtet die Reisepläne der Österreicher für die Herbstferien. Im Fokus stehen Inlandsreisen, kurze Aufenthalte und die Suche nach Erholung.