Kompromiss bei Tuifly: Weniger Jobabbau, mehr Verzicht

| Tourismus Tourismus

Im Streit um den Sparkurs bei Tuifly steht nach langen Verhandlungen nun ein Kompromiss zwischen Arbeitnehmern und Firmenleitung. Wie es am Freitagabend nach einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats aus dem Unternehmen hieß, soll die Zahl der in Deutschland betriebenen Maschinen von zuletzt 35 nicht auf 17, sondern lediglich auf 22 abgebaut werden. Damit einher geht unter anderem das Ziel, rund 200 Jobs bei den Piloten und beim Kabinenpersonal mehr zu erhalten als zunächst vom Management geplant.

Tuifly-Chef Oliver Lackmann wandte sich an die Belegschaft. «Im Cockpit werden wir insgesamt 370 Pilotinnen und Piloten und in der Kabine 830 Kolleginnen und Kollegen beschäftigen», schrieb er. Das sind deutlich weniger als vor dem Einbruch des Geschäfts im Corona-Jahr 2020. Betriebsbedingte Kündigungen sollen dabei möglichst vermieden werden - auf ein solches Bekenntnis hatten die Gewerkschaften gedrungen. Eine Garantie, dass es nicht doch zu größeren Entlassungen kommen wird, gibt es aber weiterhin nicht.

Nach Angaben von Verdi sollen den betroffenen Mitarbeitern in der Kabine und am Boden zusätzliche Freiwilligen-Programme angeboten werden, am Boden möglicherweise auch der Wechsel in eine Transfergesellschaft. Bestimmte Vergütungsbestandteile wie Spesen oder Provisionen werden gekappt, teils auch bei der Altersvorsorge.

Die Beschäftigten der Tui-Konzern-Airline müssen sich zudem auf mehr Eingriffsmöglichkeiten und «Flexibilität» bei den Arbeitszeiten und Schichten einlassen. In der Wartung und Technik bleibt es dabei, dass Aufgaben nach Belgien und Großbritannien verlagert werden.

Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite hatten wochenlang um den Umfang der Streichungen gerungen. Teile des jetzt ausgehandelten Pakets waren schon zuvor einmal angeboten worden, der erste Entwurf war mit Verweis auf die anhaltende Kündigungsoption jedoch abgelehnt worden.

Für die Tui-Gruppe ist der Abbau bei der eigenen Zubringer-Airline für Pauschal- oder Kreuzfahrtkunden eine Gratwanderung. Konzern- und weltweit stehen insgesamt 8000 Jobs auf der Streichliste. Für 5000, viele davon im Ausland, ist der Plan bereits umgesetzt. Um erhebliche Einsparungen kommt das Unternehmen nicht herum, andererseits muss es in den Wandel zum digitalen Touristikkonzern investieren. Konzernchef Fritz Joussen hatte schon vor der Pandemie einen Umbau angekündigt. Zudem gibt es seit längerem eine Debatte über den Umgang mit den Überkapazitäten bei Flugzeugen, vor allem im reiseschwächeren Winter.

Im vergangenen Juni hatte es eine Demonstration in Hannover gegeben - während der vergangenen Wochen war der Unmut bei vielen Beschäftigten wegen der steigenden Unsicherheit weiter gestiegen. Auch zwischen den einzelnen Berufsgruppen kriselte es. So stieß etwa das Beharren der Gewerkschaft VC, weitere Kurzarbeit für Piloten könne es nur bei fortgesetztem Kündigungsschutz geben, bei anderen auf Unverständnis. Umgekehrt bekam Tui-Betriebsratschef Frank Jakobi, der die Haltung der Piloten bemängelte, selbst ebenfalls reichlich Kritik zu hören.

Gegner des Sparkurses verweisen darauf, dass der Fluglinie nach der erhofften Erholung des Geschäfts Maschinen fehlen könnten und sie nur als reine «Markenhülle» weiterlebt. Das Management versicherte, man halte an einer stabilen Winterflotte fest. Stark gekürzt wird nun vor allem am Boden, mehrere deutsche Basen werden dichtgemacht.

Die 2020 eingebrochene Reisenachfrage hatte Tui in Existenznot gebracht. Der Staat und private Kapitalgeber mussten den Konzern stützen. Vor einer zusätzlichen Kapitalerhöhung um 500 Millionen Euro im Januar summierte sich die Unterstützung aus drei Rettungspaketen mit Darlehen, Garantien, Anleihen und Vermögenseinlagen bereits auf 4,8 Milliarden Euro. Der Bund kann bis zu ein Viertel an Tui halten.

Verbunden mit dem vorbereiteten Staatseinstieg ist die Nominierung von zwei neuen Kontrolleurinnen, die Berlin in den Tui-Aufsichtsrat schickt. Die frühere Siemens-Personalchefin Janina Kugel und die Co-Geschäftsführerin der Finanzagentur des Bundes, Jutta Dönges, sollen bei der Hauptversammlung am 25. März bestellt werden.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Zahl der Gäste und Übernachtungen in Hamburger Beherbergungsbetrieben ist im Januar gestiegen. Insgesamt besuchten 437 000 Menschen die Hansestadt und damit 2,1 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Nord am Donnerstag mitteilte.

Das Auto hat die Bahn bei Geschäftsreisen in Deutschland abgehängt – zumindest bei mittelständischen Unternehmen. Das ist eine Erkenntnis aus dem ersten KMU-Reisereport des Freiburger Unternehmens HRworks.

Von wegen Kiffen, Party machen und durch das Rotlichtviertel touren: Amsterdam ist die Belästigungen durch den Massentourismus satt. Ein Quiz klärt Touristen jetzt auf, was erlaubt ist und was nicht.

Sachsens Freizeitparks starten in die neue Saison. In Döbeln (Landkreis Mittelsachsen) wurde gleich ein ganz neuer Park aus dem Boden gestampft. Dort öffnet die aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Kette Karls am Sonnabend ein neues Erlebnis-Dorf.

Holidu hat das kostenlose Touristenangebot für die 30 beliebtesten Städtereiseziele in Europa ausgewertet. Das Ergebnis ist ein Ranking von Städten, die den Besucherinnen und Besuchern die größte Auswahl kostenloser Unterhaltung bieten.

Grüne Wiesen, Knospen an den Bäumen - mitten im Winter herrschte über Wochen frühlingshaftes Wetter. Der alpine Skitourismus in den Alpen, jahrzehntelang einträgliches Geschäft, ist im Wandel.

Laut des Cities & Trends Europe Report von BCD Travel waren Amsterdam und New York die von europäischen Geschäftsreisenden meistbesuchten Städte 2023. Die beliebtesten Länder waren Deutschland und die Vereinigten Staaten.

Winterstürme haben einige Nordseeinseln zum Teil stark getroffen: Mancherorts sind die Badestrände fast komplett weggespült. Was bedeuten die Schäden für die Urlaubssaison?

Auf Sylt könnte sich bald nur noch ein Bruchteil der gegenwärtigen Ferienwohnungen befinden. Der Grund: Etwa jede dritte Ferienwohnung werde laut Kreisbaurat illegal vermietet. Der stellvertretende Bürgermeister befürchtet bereits dramatische Auswirkungen für Sylter Hausbesitzer.

TUI Cruises lässt es mit dem neuen Event-Reiseformat MeerBeats krachen und bringt Die Fantastischen Vier als Headliner der Reise auf die Mein Schiff 7. Fünf Sterne deluxe, DJ Thomilla und die Flying Steps haben sich ebenfalls angekündigt.