Malediven und Homosexualität: Todesdrohungen aus dem Paradies

| Tourismus Tourismus

«Wir feierten unsere Hochzeit mit Champagner», sagt Suhail Ahmed. «Nach zwei Stunden rief meine Schwester an und schrie, ob ich verrückt geworden sei. Sie sagte: "Sie bringen es in den Nachrichten - dass du einen Mann geheiratet hast".» Suhail, 26 Jahre, wuschelige braune Haare, lange Wimpern, kommt von den Malediven. In dem Inselstaat südlich von Indien ist Homosexualität verboten. Bis zu acht Jahre kommt man dafür ins Gefängnis.

Kurz nach dem Anruf der Schwester bricht über Suhail ein Sturm des Hasses herein. Obwohl er jetzt mit seinem Mann Viktor Leske in Berlin lebt, bekommt er die Folgen seiner Heirat auch hier zu spüren.

Alles begann mit einem Foto auf Facebook. Viktor habe ihn bei der Feier gefragt, ob er ein Hochzeitsbild posten könne. Beide wollten ihre Liebe öffentlich machen. «Schließlich sind wir in Europa», sagt Viktor. «Zwei Stunden später war das Foto überall.»

Nur Stunden später schreibt ein Abgeordneter des maledivischen Parlaments auf Twitter: «Ich werde alle betreffenden Behörden informieren, ihm die Staatsbürgerschaft zu entziehen.» Internetnutzer schleudern dem Paar wüste Beschimpfungen entgegen. Manche drohen Suhail und Viktor mit dem Tod.

Einer habe geschrieben, man sollte ihre Körperöffnungen mit flüssigem Eisen füllen, erinnert sich Viktor. Das maledivische Fernsehen habe berichtet, Suhail sei der erste Staatsbürger, der einen Mann geheiratet hat, erinnert er sich. Überprüfbar ist das nicht.

Auf den als Urlaubsparadies bekannten Malediven ist der Islam die Staatsreligion; die Rechtsordnung orientiert sich an der Scharia. Sex außerhalb der Ehe ist verboten. Freie Meinungsäußerung werde immer gefährlicher, wie der Mord an einem Blogger zeige, schreibt die Nichtregierungsorganisation Freedom House in einem Bericht 2018.

Auch Homosexualität ist verboten - zumindest für Einheimische. Bei Touristen sei das anders, sagt Suhail, der selbst als Koch in einem Hotel gearbeitet hat. Wenn gleichgeschlechtliche Paare in ein Resort kämen, begrüßten die Angestellten sie freundlich. Sobald sie den Gästen den Rücken gekehrt hätten, würden sie oft über die Paare lästern, meint Suhail.

Urlauber zu verprellen, kann sich der 1192 Inseln zählende Staat auch nicht leisten. «Der Tourismus ist mit Abstand der größte Wirtschaftszweig der Malediven», schreibt die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Er bringe mehr als 90 Prozent aller Steuer- und Zolleinnahmen ein.

Immer wenn Suhail auf den Malediven Besuch von Viktor bekam, begann ein Versteckspiel. Einmal, so erinnert sich Suhail, wurden sie am Flughafen festgehalten, weil sie keine separaten Unterkünfte vorweisen konnten. Erst als Suhail ein Hotelzimmer für Viktor buchte, durften sie ins Land. «Natürlich haben alle getuschelt», sagt Viktor. Ein Malediver, der mit einem Ausländer einreist, das sei nicht normal.

«Sie haben ihm ins Gesicht gelacht», sagt Suhail. Danach reichte es Viktor. Er sagte Suhail, dass er ihn liebe und mit ihm zusammenleben wolle. «Einen Monat hat er für die Entscheidung gebraucht», sagt Viktor, der zwei Friseursalons in Berlin betreibt. Schließlich sagte Suhail «Ja».
Wie es für ihn sei, seine Liebe jetzt öffentlich zeigen zu können? «Es ist wie, wenn du aus einem langen Schlaf erwachst», sagt Suhail. Entspannt, erleichtert. Andere homosexuelle Malediver scheint Suhail mit seiner Hochzeit inspiriert zu haben. In sozialen Netzwerken bekäme er auch Nachrichten, die Bewunderung ausdrücken.

Zurück nach Hause könne er aber nicht, sagt der 26-Jährige und senkt den Blick. Eine Anwältin kümmert sich um eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Ob seine Familie nach dem Eklat anders behandelt werde? «Mit Sicherheit», sagt er. «Es ist wegen der Nachbarn, was sie wohl sagen.» Seine Familie könnte kaum zum Einkaufen das Haus verlassen, sagt er.

Das Hochzeitsfoto hochgeladen zu haben, bereut Suhail aber nicht. «Irgendwann musste jemand die Mauer durchbrechen. Sonst wird alles so bleiben, wie es ist», sagt er.

Nach ihrer Hochzeit feiern Viktor und Suhail auf der «Gay-Pride», einer Parade in Kopenhagen. Dort habe eine Transgender-Frau in einer Rede gesagt, wir müssten die Menschen unterstützen, die nicht das Glück haben, sich outen zu können, erzählt Suhail. Die Bedeutung der Worte habe er spüren können. «Er hat geweint», fügt Viktor hinzu. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

In Rumänien entsteht mit DraculaLand für eine Milliarde Euro ein neuer Gigant der Unterhaltungsindustrie. Das private Großprojekt nahe Bukarest kombiniert einen 160 Hektar großen Themenpark mit 1.200 Hotelzimmern. Die Eröffnung ist für 2027 geplant.

Eine aktuelle Studie zeigt, dass europäische Destinationen im Jahr 2026 weltweit am beliebtesten sind. Reisende suchen demnach vermehrt nach Zielen mit starkem kulturellen Charakter, guter Erreichbarkeit und digitaler Infrastruktur.

Nach einem bisher wechselhaften Jahresverlauf steigt die Nachfrage internationaler Gäste im Oktober deutlich. Auch für die kommenden Monate erwartet die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) eine weitere Belebung des Incoming-Tourismus.

Die Expedia Group hat eine Vereinbarung zur Übernahme der Plattform Tiqets getroffen. Ziel ist es, Hotel- und Reise-Partnern über eine zentrale Schnittstelle Zugang zu einem Inventar an Attraktionen und lokalen Aktivitäten zu bieten und so das eigene B2B-Wachstum voranzutreiben.

Man tippt wenige Sätze und bekommt in Sekunden personalisierte Urlaubspläne: Künstliche Intelligenz hält auch beim Reisen immer mehr Einzug. Was heißt das für Portale und Reisebüros?

Das Verfahren zur Einreise von Staatsangehörigen aus dem Visa-Waiver-Programm (VWP) in die Vereinigten Staaten könnte sich grundlegend ändern. Die Pläne sehen unter anderem die verpflichtende Angabe der Social-Media-Historie der letzten fünf Jahre vor.

Die Tui Group vermeldet ein Rekordergebnis für das Geschäftsjahr 2025 und stellt eine neue Strategie zur Kapitalausschüttung vor, gestützt auf ein starkes Wachstum in den Segmenten der Urlaubserlebnisse und eine reduzierte Nettoverschuldung.

Das neue Urlaubsresort Caravanserei im Norden Berlins vereint einen Campingplatz mit 150 Stellplätzen und ein Hotel mit 30 Mini-Häusern. Das Konzept setzt auf Komfort, regionale Gastronomie und eine eigene Biogasanlage zur Energieversorgung.

Der Trend des sogenannten „Astrotravel“ gewinnt laut einer Umfrage an Popularität. Passend dazu hat das Reiseportal Urlaubsguru in Zusammenarbeit mit der Astrologin Denise Vanessa Riemer das „Reisehoroskop 2026“ veröffentlicht.

Der neue Fahrplan 2026 der Deutschen Bahn bringt eine Ausweitung des ICE-Halbstundentakts, neue Sprinter-Verbindungen und den ersten barrierefreien Hochgeschwindigkeitszug. Bei der Zuverlässigkeit gibt es aber weiterhin große Herausforderungen.