Schicksalswochen für Tui: Bringt der Sommer die nötige Erholung?

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Tui vertraut nach einem harten Corona-Winter auf eine möglichst rasche Erholung des Tourismus in der Sommersaison. Die Buchungen der Kunden hätten zuletzt weiter angezogen, hieß es am Mittwoch bei der Vorlage der Geschäftszahlen. Allerdings sei das Preisniveau im Schnitt ebenfalls spürbar gestiegen.

Während der ersten beiden Geschäftsquartale 2020/2021 (Oktober bis März) häufte der weltgrößte Reiseanbieter einen für die Jahreszeit typischen Verlust an - dieser war jedoch mit knapp 1,48 Milliarden Euro mehr als 70 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Die vergangenen Monate seien noch «wie erwartet durch Covid-19-Beschränkungen geprägt» gewesen. Angesichts der Impfungen und schrittweisen Öffnung in mehreren Urlaubsländern gab sich Vorstandschef Fritz Joussen aber zuversichtlich: «Wir stehen am Anfang des erwarteten Neustarts.»

Bisher hat Tui für den Sommer 2,6 Millionen Buchungen gezählt. Oft handele es sich dabei um die Übertragung von Gutscheinen aus 2020. «Wir sind ein Jahr in der Krise. Es ist wichtig, dass es jetzt wieder richtig losgeht», so Joussen. Er begründet die verbesserten Perspektiven auch mit der Einschätzung der Bundesregierung, dass Sommerurlaub in Europa 2021 möglich werden könne.

Die Durchschnittspreise der bisher gebuchten Reisen liegen den Angaben zufolge um mehr als ein Fünftel höher als im Sommer 2019. Dies liege aber nicht an Preiserhöhungen für bestehende Angebote, sondern vor allem daran, dass sich die Nachfrage in Richtung höherwertiger Buchungen sowie mehr Pauschalreise-Pakete entwickelt habe. «Die Leute gönnen sich mehr», sagte Joussen. Die Sparquoten hatten 2020 in vielen Ländern zugelegt, während sich die Menschen im Konsum wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit durch die Pandemie zurückhielten.

Hoffnung macht Tui besonders der medizinische Fortschritt im Kampf gegen die Pandemie. «Die Impfgeschwindigkeit nimmt stark zu», so der Tui-Chef. «Mehr als 60 Prozent unserer Kapazitäten für den Sommer sind in Ländern mit schon jetzt deutlich geringeren Inzidenzzahlen. Sollte auch die Türkei aufgehen, wären wir bei 80 Prozent.» Die Kanarischen Inseln - noch Risikogebiet - hätten ebenfalls Potenzial.

Tui lässt seine Ferienangebote derzeit wieder vorsichtig anlaufen. Anfang Mai weitete der Konzern die Ziele nach dem Mallorca-Neustart Ende März unter anderem auf Ibiza und die portugiesische Algarve aus. In Kürze sollen griechische Inseln wie Kreta, Rhodos, Kos oder Korfu angeflogen und auch das Kreuzfahrt-Geschäft wieder breiter aufgenommen werden. Der Wettbewerber FTI äußerte sich zuletzt ebenso optimistisch, «dass sicherer Sommerurlaub 2021 möglich ist».

Am Finanzmarkt zündeten die Aussagen zur aktuellen Lage und zu den weiteren Aussichten dennoch nicht so recht. Die Tui-Aktie gab am Mittwochvormittag im Handel zunächst um etwa drei Prozent nach.

Im vergangenen Jahr hatten Tourismus, Luftverkehr und Gastgewerbe mit drastischen Einbußen wegen der mehrfachen Lockdowns und eines über weite Strecken abgewürgten Geschäfts zu kämpfen. Bei Tui sackte der Umsatz über die zurückliegenden sechs Monate im Vergleich zum Winter 2019/2020 um fast 90 Prozent auf 716 Millionen Euro ab. Der mit Milliarden an Staatshilfen gestützte Konzern aus Hannover ist darauf angewiesen, dass es in diesem Sommer deutlich besser läuft.

Die Unterstützung aus Steuermitteln bleibt - wie bei Lufthansa - umstritten, und die Schulden sind weiter hoch. Im Januar zog Tui zusätzlich eine Kapitalerhöhung durch. Joussen zufolge verlor das Unternehmen im ersten Jahresviertel gut 300 Millionen Euro pro Monat.

Die verfügbaren Mittel von 1,7 Milliarden Euro seien aber «ein gutes Polster» - wenn man dies in Bezug zu den inzwischen stark sinkenden Fixkosten durch den Spar- und Umbaukurs sowie zu den Sommerbuchungen setze. «In dem Moment, wo das Geschäft startet, werden wir sehr viel Liquidität in unseren Systemen sehen», erklärte der Tui-Chef.

An langfristigen Verbindlichkeiten standen im Konzern Ende März rund 7,6 Milliarden Euro in der Bilanz, bei den kurzfristigen knapp 4,8 Milliarden. Die «reale Schuldenbelastung» taxierte Joussen auch mit Blick auf de Staatshilfen - und bei Gegenrechnung von verfügbaren Mitteln und neu ausgegebenen Emissionen - auf gut 2,8 Milliarden Euro. Man gehe davon aus, die ersten Fälligkeitstermine im Juli 2022 halten zu können. «Man sieht schon ganz gut: Das kommt zurück.»

Grundsätzlich ändert sich am Geschäftspotenzial der Touristik durch Corona nichts, so Joussen: «Die Krise hat den Pausenknopf gedrückt. Aber alle Megatrends werden nach der Krise genauso wieder da sein.» Die Menschen würden älter, blieben länger gesund. Nun geht es für die Branche aber erst einmal darum, selbst das Jahr 2021 zu überstehen. (dpa)


 

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