Standortnachteil Bayern - Deutsche Skigebiete fürchten um Existenz

| Tourismus Tourismus

Die Winterurlaubsregionen in den deutschen Alpen starten mit großem Handicap in den zweiten Pandemie-Winter: Die strengsten Corona-Vorschriften im deutschsprachigen Alpenraum lassen die Seilbahnbetreiber von Berchtesgaden bis Oberstdorf um ihre Existenz fürchten. Ministerpräsident Markus Söder und seine Staatsregierung haben für Freizeiteinrichtungen «2G plus» vorgeschrieben: Wer Gondel oder Lift fahren will, muss nicht nur geimpft und/oder genesen sein, sondern auch einen aktuellen Corona-Test vorlegen. Der Verband deutscher Seilbahnen beklagte bereits einen drohenden «Todesstoß».

In Österreich hingegen ist nur 2G vorgeschrieben, ein zusätzlicher Test ist nicht notwendig. Im Vorteil sind die Schweizer Skiorte. Dort gelten für die Seilbahnen ähnliche Regeln wie für Bus und Bahn: Maskenpflicht lediglich in geschlossenen Räumen inklusive Gondeln, 3G (geimpft, genesen oder getestet) oder 2G sind nicht notwendig. Sessel- und Schlepplifte dürfen ohne Maske benutzt werden.

Das bedeutet nicht, dass in der Schweiz Optimismus ausgebrochen wäre. Überall regiert die Ungewissheit. «Wir können leider keine Prognosen abgeben, da auch die neue Situation mit dem Omikron-Virus noch nicht abschätzbar ist», sagt eine Sprecherin von Schweiz Tourismus. Seit Freitag hat Deutschland wegen steigender Infektionszahlen auch die Eidgenossenschaft als Hochrisikogebiet eingestuft, wie zuvor bereits Österreich - eine schlechte Nachricht für die Hotellerie in beiden Nachbarländern.

Schon den ersten Corona-Winter 2020/2021 hatten jedoch die Schweizer Wintersportorte mit den geringsten Einbußen überstanden. Derzeit deutet vieles darauf, dass sich dies in ähnlicher Form wiederholen könnte.

Bei den bayerischen Seilbahnen schrumpfte in der vergangenen Saison die Zahl der zahlenden Gäste im regulären Betrieb auf null, da der Lockdown erst im Frühjahr endete. Die Bahnen fuhren mancherorts lediglich für einige Skirennen.

Da die Dauer der Betriebsschließungen zu Beginn des vergangenen Winters nicht absehbar war, wurden in Garmisch-Partenkirchen und anderswo die Pisten fleißig präpariert, die Gondeln und Lifte betriebsbereit gehalten. Doch genutzt wurden die Pisten nahezu ausschließlich von den nichtzahlenden Skitourengehern, die die Berge in Scharen mit Muskelkraft erstiegen.

In Österreich fehlten in der vergangenen Saison die ausländischen Gäste weitestgehend, die den Großteil der Winterurlauber stellen. Vor der Pandemie zählten die österreichischen Seilbahnen über 50 Millionen «Skifahrertage» pro Saison. 2020/21 waren es nach Daten der Wirtschaftskammer Österreich noch 9,2 Millionen. So gingen ähnlich wie in den bayerischen Wintersportorten die Gästezahlen im Hochwinter um über 90 Prozent zurück. Ähnlich düster sah es für die Tourismusbranche auch in Südtirol aus.

Die Schweizer Hotellerie hingegen meldete für die Wintersaison 2020/2021 immerhin noch 9,4 Millionen Übernachtungen, ein für Corona-Verhältnisse vergleichsweise kleines Minus von 26,4 Prozent.

Und zumindest der Start in die diesjährige Saison ist aus Schweizer Sicht erfreulich: «Wir verzeichnen aktuell eine sehr gute Buchungslage gegenüber dem Vorjahr», sagt Jan Steiner von Engadin PR in St. Moritz. «Es gibt zurzeit keine Einschränkungen beziehungsweise Schließungen, unsere Saison hat, auch dank des frühen Schneefalls im November, super begonnen.» Zu verdanken ist das auch der schneesicheren Lage: Das Hochtal liegt auf über 1700 Meter.

In Österreich und in Südtirol können Skigebiete und Winterurlaubsorte zumindest mit einiger Berechtigung hoffen, dass diese Saison besser wird als die vergangene.

Allerdings erwartet niemand die Rückkehr gewohnten Gästezahlen: Im Moment sei seriöserweise keine Prognose möglich, sagt Franz Hörl, Obmann des Fachverbands Seilbahnwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich. «Uns ist allerdings schon klar, dass es keine Saison "wie früher" vor Covid-19 sein wird, weil doch mit Einschränkungen zu rechnen sein wird.»

In Bayern dagegen herrscht Verzweiflung bei den Skigebietsbetreibern. «Mit diesen Beschlüssen stirbt jede Hoffnung auf Erholung der Wintersportbranche», kommentierte Seilbahnverbandschef Matthias Stauch die 2G-plus-Regel.

Die deutschen Skigebiete leiden ohnehin unter einem natürlichen Wettbewerbsnachteil: Da es die bayerischen Berge an Höhe und Größe mit den Hochgebirgsregionen der Nachbarländer nicht aufnehmen können, sind auch die Skigebiete kleiner und die Saison kürzer. So sind die Bergstationen der meisten bayerischen Gebiete niedriger als die Talstationen in St. Moritz.

Viele der kleineren bayerischen Skigebiete befördern ihre Gäste ausschließlich mit Sessel- und Schleppliften in die bescheidenen Höhen. Ein Beispiel ist der Spitzingsee, eines der beliebtesten Ausflugsziele Oberbayerns. Dort gibt es im Skigebiet keine Gondel. Skifahrer, Langläufer, Winterwanderer und Rodler befinden sich gleichermaßen an der frischen Luft. Doch für die Gäste werden nach jetzigem Stand strengere Vorschriften als für die Münchner S-Bahn gelten. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die rheinland-pfälzische Tourismusbranche blickt sehr optimistisch auf die Urlaubs- und Reisesaison in diesem Jahr. Es lägen viele Buchungen für die kommenden Monate vor, sagte der Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, Stefan Zindler, am Donnerstag. Er rechne damit, dass in diesem Jahr das Vor-Corona-Niveau übertroffen wird.

Die Zahl der Gäste und Übernachtungen in Hamburger Beherbergungsbetrieben ist im Januar gestiegen. Insgesamt besuchten 437 000 Menschen die Hansestadt und damit 2,1 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Nord am Donnerstag mitteilte.

Das Auto hat die Bahn bei Geschäftsreisen in Deutschland abgehängt – zumindest bei mittelständischen Unternehmen. Das ist eine Erkenntnis aus dem ersten KMU-Reisereport des Freiburger Unternehmens HRworks.

Von wegen Kiffen, Party machen und durch das Rotlichtviertel touren: Amsterdam ist die Belästigungen durch den Massentourismus satt. Ein Quiz klärt Touristen jetzt auf, was erlaubt ist und was nicht.

Sachsens Freizeitparks starten in die neue Saison. In Döbeln (Landkreis Mittelsachsen) wurde gleich ein ganz neuer Park aus dem Boden gestampft. Dort öffnet die aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Kette Karls am Sonnabend ein neues Erlebnis-Dorf.

Holidu hat das kostenlose Touristenangebot für die 30 beliebtesten Städtereiseziele in Europa ausgewertet. Das Ergebnis ist ein Ranking von Städten, die den Besucherinnen und Besuchern die größte Auswahl kostenloser Unterhaltung bieten.

Grüne Wiesen, Knospen an den Bäumen - mitten im Winter herrschte über Wochen frühlingshaftes Wetter. Der alpine Skitourismus in den Alpen, jahrzehntelang einträgliches Geschäft, ist im Wandel.

Laut des Cities & Trends Europe Report von BCD Travel waren Amsterdam und New York die von europäischen Geschäftsreisenden meistbesuchten Städte 2023. Die beliebtesten Länder waren Deutschland und die Vereinigten Staaten.

Winterstürme haben einige Nordseeinseln zum Teil stark getroffen: Mancherorts sind die Badestrände fast komplett weggespült. Was bedeuten die Schäden für die Urlaubssaison?

Auf Sylt könnte sich bald nur noch ein Bruchteil der gegenwärtigen Ferienwohnungen befinden. Der Grund: Etwa jede dritte Ferienwohnung werde laut Kreisbaurat illegal vermietet. Der stellvertretende Bürgermeister befürchtet bereits dramatische Auswirkungen für Sylter Hausbesitzer.