Versicherungen: Worauf Reisende mit Vorerkrankung achten müssen

| Tourismus Tourismus

Herzinfarkt, Unfall, eine schwere Krankheit: Es gibt viele Gründe, warum Urlauber eine gebuchte Reise nicht antreten können. Eine Reiserücktrittsversicherung soll in diesem Fall vor hohen Stornogebühren schützen. Wer jedoch eine Vorerkrankung hat, ist damit nicht unbedingt auf der sicheren Seite.

Bei Versicherten zum Beispiel mit Diabetes oder Bluthochdruck gelten oft spezielle Bedingungen. Gezahlt wird etwa bei «plötzlich schwerer Erkrankung». Zählen dazu auch chronische Erkrankungen, die zwar medikamentös gut eingestellt sind, aber plötzlich akut werden?

Von der Rechtsprechung werde das tendenziell verneint, weiß der Rechtsanwalt Paul Degott aus Hannover. Das heißt: Bei einer solchen Klausel bleiben chronisch Kranke auf den Stornokosten sitzen.

Der Reiserechtsexperte rät Urlaubern mit solchen Vorerkrankungen daher, mehrere Anbieter konkret zu fragen: Besteht Versicherungsschutz, wenn sich eine bestehende Erkrankung akut verschlechtert und die Urlaubsreise deshalb nicht mehr möglich ist?

Reiserücktritt: Zeitpunkt oft Streitpunkt

Streit gibt es oft über die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Versicherte seinen Rücktritt von der Reise erklären muss. Denn häufig ist zunächst unklar, ob man reisen kann oder nicht. Das stellt sich teils erst während der Behandlung heraus.

«Die Reiserücktrittskostenversicherungen argumentieren, man hätte schon beim ersten Arztbesuch den Reiserücktritt erklären müssen. Dann wären die Stornokosten nicht so hoch gewesen», sagt Degott. Somit zahlten die Versicherungen oft nicht den vollen Stornobetrag.

Um hier Klarheit zu schaffen, können sich Versicherte an die medizinische Stornoberatung wenden, die einige Versicherer anbieten, wie Birgit Dreyer von der Ergo Reiseversicherung rät. Dort geben Reisemediziner eine Empfehlung, mit der Urlauber auf der sicheren Seite sind. Muss später dann doch noch storniert werden, gingen höhere Stornogebühren zu Lasten der Versicherung.

Reisefähigkeit vom Arzt bescheinigen lassen

Wenn ein Reisender nicht damit rechnen muss, dass sich seine Vorerkrankung verschlechtert, sollte er sich dies von einem Arzt bestätigen lassen. Dazu rät auch die Ergo Versicherung. Die Bescheinigung stellt dann fest, dass gegen Art der Reise sowie Reiseziel und -dauer aus medizinischer Sicht keine Bedenken bestehen.

Doch auch hier kommt es auf den Wortlaut an. Nach den Erfahrungen von Rechtsanwalt Degott geben sich Ärzte oft wenig Mühe, präzise zu formulieren - und das kann zu Streit mit der Versicherung führen.

Ist eine Behandlung im Ausland absehbar?

Jeder Urlauber sollte eine Auslandsreisekrankenversicherung abschließen, das gilt natürlich auch chronisch Kranke. Die Police schützt Urlauber vor hohen Kosten, wenn unterwegs etwas passiert. Denn die gesetzliche Kasse zahlt oft nicht für teure Behandlungen, sie orientiert sich an der Höhe der deutsche Vertragssätze. So läuft man Gefahr, Hunderte Euro aus eigener Tasche bezahlen zu müssen.

Für chronisch Kranke kann es auch hier Probleme geben. Zwar müssen Urlauber beim Abschluss einer Auslandsreisekrankenversicherung keine Fragen zu ihrem Gesundheitszustand beantworten. Doch vorhersehbare Behandlungen einer bereits ärztlich diagnostizierten Krankheit würden häufig ausgeschlossen, erklärt Kim Paulsen vom Bund der Versicherten. Wichtig sei ein Tarif mit verbraucherfreundlichen Bedingungen.

Orientierungshilfe bieten zum Beispiel die Tests der Stiftung Warentest (Zeitschrift «Finanztest», Ausgaben 3/2018 und 9/2019). Hier finden Verbraucher auch Infos zu Ausschlussklauseln, die sich bei einer Vorerkrankung im Stornierungsfall negativ auswirken können.

«Betroffene sollten sich nicht scheuen, bei der Versicherung anzurufen und die konkrete Situation anzusprechen», empfiehlt Birgit Brümmel von der Stiftung Warentest. Das gilt besonders, wenn Reisende schubweise auftretende Krankheiten haben. So sind sie vor teuren Überraschungen geschützt.

Kleingedrucktes lesen

Auch wenn es mühsam ist: Urlauber sollten auf jeden Fall das Kleingedruckte lesen, sagt Brümmel. Greift die Reiserücktrittspolice laut Vertrag zum Beispiel nur für «plötzliche, unerwartete, schwere, akute, unvorhersehbare oder nicht absehbare Behandlungen», heißt das im Umkehrschluss: Chronische Erkrankungen sind ausgeschlossen.

Ähnliches gilt bei der Auslandsreisekrankenversicherung: Mit Formulierungen wie «nicht aufschiebbare Behandlung» und «medizinisch notwendiger oder ärztlich angeordneter Rücktransport» halten sich die Versicherungsunternehmen ein Hintertürchen offen. Wichtig ist, dass auch «aufschiebbare» Behandlungen und ein «medizinisch sinnvoller und vertretbarer» Rücktransport versichert sind.

Schlichtungsstelle einschalten

Verweigert die Versicherung die Zahlung, bleiben Urlauber nicht unbedingt auf den Kosten sitzen oder müssen vor Gericht ziehen. Es gibt auch Schlichtungsstellen. Die Ombudsmänner für Versicherungen helfen bei Streitfällen zu Reiserücktritt und Reiseabbruch. Die Schlichtungsstelle der Privaten Krankenversicherungen kümmert sich um Fälle rund um die Reisekrankenversicherung. Die Streitbeilegung ist kostenlos. Sie muss laut Gesetz aber binnen 90 Tagen erfolgen.

Bei einem Streitwert von bis zu 10.000 Euro kann der Ombudsmann für Versicherungen eine Entscheidung treffen, die für das Unternehmen verbindlich ist. Innerhalb dieses Rahmens liegen fast 90 Prozent aller Fälle.

Bei höheren Streitwerten kann der Ombudsmann eine Empfehlung aussprechen. Allerdings lohnt sich auch im Hinblick auf ein mögliches Schlichtungsverfahren ein Blick ins Kleingedruckte. Denn bei einigen Versicherern ist die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei Schlichtungsstellen von vornherein ausgeschlossen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Berlin hat im laufenden Jahr bisher weniger Besucherinnen und Besucher angezogen als in den Vorjahren. Knapp 9,2 Millionen Gäste besuchten in den ersten neun Monaten 2025 die Hauptstadt.

​​​​​​​Tripadvisor hat seine Finanzergebnisse für das dritte Quartal 2025 bekannt gegeben und gleichzeitig eine tiefgreifende Umstrukturierung eingeleitet. Diese Neuausrichtung soll das Unternehmen als einen durch Erlebnisse geführten und KI-fähigen Konzern positionieren. Als Folge der strategischen Verschiebung wird ein Personalabbau vorgenommen.

Die Europäische Union hat einen entscheidenden Schritt zur Harmonisierung der Emissionsberechnung im Transportwesen vollzogen. Nach langjährigem Prozess wurde eine politische Einigung erzielt. Diese schafft einen gemeinsamen Rahmen und legt eine einheitliche Methode zur Berechnung von Treibhausgasemissionen im Güter- und Personenverkehr fest.

Mehrere Millionen Menschen reisen jedes Jahr in ein kleines südbadisches Dorf, um den Europa-Park zu besuchen. Eine Schweizer Familie knackt eine besondere Marke - und bekommt Geschenke.

Sommer, Sonne, volle Strände – so stellen sich viele den Urlaub in Schleswig-Holstein vor. Doch auch im Winter zieht Deutschlands nördlichstes Bundesland zahlreiche Besucher an. Besonders der Dezember gilt als kleine Hochsaison.

Walfleisch und unversteuerte Zigaretten finden Beamte in Kiel und Hamburg immer wieder im Reisegepäck: Besonders während der Kreuzfahrt-Saison sind die Beamten von Zoll und Bundespolizei gefordert.

Die niedersächsische Tourismusbranche steht durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast 80 Prozent der Betriebe bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vor allem an den Kosten scheitern.

Thüringens Tourismusbranche hat im vergangenen Jahr mehr Umsatz erwirtschaftet. Tagesausflüge sorgen für fast die Hälfte. Wie viel geben Besucher im Schnitt aus – und wer profitiert am meisten?

Die Nachfrage nach Outdoor-Aktivitäten in deutschen Urlaubsregionen ist auch in den Herbst- und Wintermonaten groß. Eine aktuelle Analyse zeigt, welche Regionen dabei am beliebtesten sind und welche Aktivitäten im Fokus stehen.

Die klassischen Kennzahlen zur Messung des touristischen Erfolgs, wie Ankünfte und Übernachtungen, reichen nicht mehr aus, um die Entwicklung einer Destination ganzheitlich zu beurteilen. Zu diesem Schluss kamen Fachleute aus Tourismus und Wissenschaft beim dritten Jahresdialog des Bayerischen Zentrums für Tourismus (BZT) in Kempten.