Was bei nachträglichen Preiserhöhungen bei Pauschalreisen gilt

| Tourismus Tourismus

Eine vierköpfige Familie möchte verreisen, es soll nach Spanien gehen. Der Pauschalurlaub ist schon lange gebucht, die Vorfreude groß. Umso überraschter blickt sie auf ein Schreiben des Veranstalters: Wegen der gestiegenen Kerosinpreise kostet die Reise statt 2000 nun 2300 Euro. Kann so etwas passieren?

Nein, trotz gestiegener Kerosinpreise müssen Urlauber Szenen wie diese kaum fürchten. Rechtsanwalt Hans-Josef Vogel aus Düsseldorf sagt: «Eine einseitige Anpassung ist bei acht Prozent gedeckelt.» Das bedeutet: Möchte der Veranstalter die Preise um mehr als acht Prozent erhöhen, kann der Kunde die Mehrkosten bezahlen, muss es aber nicht.

Und auch für eine einseitige Preisanpassung des Veranstalters bis acht Prozent des Preises gibt es Vorgaben, aber dazu unten mehr.

Was die Branche sagt

Um zunächst beim Beispiel der Familie zu bleiben. Theoretisch wäre also eine einseitige Erhöhung um bis 160 Euro denkbar gewesen, das sind acht Prozent von 2000 Euro. Aber machen Reiseanbieter, etwa angesichts steigender Spritkosten, davon Gebrauch?

Eine Umfrage von «Reisevor9» von Anfang Mai unter Reedereien dürfte Urlaubern hier etwas Erleichterung gebracht haben: Die wenigsten Kreuzfahrtanbieter planten demnach Treibstoffzuschläge. Der Anlass der Umfrage war die Ankündigung des Anbieters Plantours, der Zuschläge für bereits gebuchte Reisen erhebt und das unter anderem mit höheren Treibstoffkosten begründet.

Das ist aber noch eher die Ausnahme, wie auch Kerstin Heinen vom Deutschen Reiseverband (DRV) bestätigt. Die Preise für Pauschalreisen - egal, ob dabei mit Flugzeug, Schiff oder Bus gereist wird - zeigten sich ihrer Ansicht nach stabil.

Preiserhöhungen sind nicht so einfach möglich

So einfach sei es auch gar nicht möglich, die Preise zu ändern, sagt Rechtsanwalt Hans-Josef Vogel. «Der Veranstalter darf nur Preise erhöhen, wenn er sich dies ausdrücklich vorbehält.»

Entsprechende Formulierungen finden Urlauber in den Geschäftsbedingungen (AGB). Wer sicher gehen möchte, ob der Veranstalter die Preise anziehen darf, kommt also nicht drumherum, das Kleingedruckte zu lesen.

Genauso beinhalten solche Klauseln auch, dass die Preise umgekehrt sinken müssen. Etwa wenn sich Wechselkurse zwischen Vertragsschluss und Reisebeginn geändert haben und auf den Reiseveranstalter weniger Kosten zukämen. Daher verzichten die meisten Anbieter laut DRV-Sprecherin Heinen auf Preisänderungen. Angesichts der komplexen Berechnung lohne sich der bürokratische Aufwand nicht.

Darüber hinaus haben Urlauber bei erheblichen Preissteigerungen, die über der erwähnten Acht-Prozent-Grenze liegen, das Recht, kostenfrei zurückzutreten. Am Ende würde der Veranstalter in solch einem Fall also schlimmstenfalls auf allen Kosten sitzen bleiben.

Gründe für Preiserhöhung sind festgelegt

Entscheidet der Veranstalter, die Preise an die Kunden weiterzugeben, müssen bestimmte Gründe vorliegen: Dazu zählen etwa gestiegene Treibstoff- oder Energiekosten, weshalb die Beförderung teurer wurde. Genauso kann er Steuererhöhungen oder gestiegene Abgaben für die Reiseleistung sowie Wechselkursveränderungen auf die Kunden umlegen.

Eine Preiserhöhung der gebuchten Reise muss der Veranstalter seinen Kunden in schriftlicher Form spätestens 20 Tage vor Beginn der Reise mitteilen. Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum legt Kunden daher nahe, diese Frist gut im Auge zu behalten.

Kommt die Erhöhung des Reisepreises um bis zu acht Prozent weniger als 20 Tage vor Abreisedatum, müssen Urlauber diesen Aufschlag nicht hinnehmen. Sie können die Zahlung dann unter Hinweis auf die Gesetzeslage verweigern, so die Verbraucherzentralen.

Und was ist, wenn der Veranstalter die Reiseunterlagen nur bei Zahlung dieses Zuschlags aushändigen will, die Frist aber bereits gerissen hat? Dann sollte man den Aufschlag unter Vorbehalt zahlen, raten die Verbraucherschützer. So setzt man den Urlaub nicht aufs Spiel, erhält sich aber die Option auf eine Rückerstattung.

Frist für Preiserhöhung gilt für beide Seiten

Während fristgerechte Preiserhöhungen bis acht Prozent bei entsprechend wirksamen Preisänderungsklauseln in den AGB hingenommen werden müssen, sieht es bei Aufschlägen, die über diese Schwelle hinausgehen, anders aus.

Veranstalter könnten laut Karolina Wojtal in dem Fall von ihrem Kunden zwar «verlangen, dass dieser innerhalb einer angemessenen Frist das Angebot zu Preiserhöhung annimmt». Dabei handle es sich um eine Interessensabwägung zwischen Kunde und Veranstalter. Schließlich wolle der Veranstalter bei einem Rücktritt des Kunden die Reise neu verkaufen. Aber den Kunden bleibt die Wahl.

Sie müssen sich also entscheiden: Innerhalb der vom Veranstalter gesetzten Frist können sie entweder eine gleichwertige Ersatzreise zum bisherigen Preis fordern oder den gebuchten Urlaub kostenfrei stornieren. Wer als Urlauber das Schreiben indes ganz ignoriert, akzeptiert stillschweigend die Preissteigerung.

2023 könnte es teurer werden

Trotz der aktuellen Unsicherheiten: Insgesamt dürfte das Preisniveau in diesem Jahr noch recht stabil bleiben, so Reiseexperten. Denn die Veranstalter habe ihre Kontingente langfristig geplant und gebucht. 2023 könnte die Situation anders aussehen. Dann befürchtet die Branche teils deutliche Steigerungen.

Wojtal sagt: «Es wird darauf ankommen, wie gut es den Veranstaltern gelingt, die Preise mit Ihren Dienstleistern - unter anderem Hotels, Airlines - zu verhandeln und wie langfristig dies erfolgt.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Berlin hat im laufenden Jahr bisher weniger Besucherinnen und Besucher angezogen als in den Vorjahren. Knapp 9,2 Millionen Gäste besuchten in den ersten neun Monaten 2025 die Hauptstadt.

​​​​​​​Tripadvisor hat seine Finanzergebnisse für das dritte Quartal 2025 bekannt gegeben und gleichzeitig eine tiefgreifende Umstrukturierung eingeleitet. Diese Neuausrichtung soll das Unternehmen als einen durch Erlebnisse geführten und KI-fähigen Konzern positionieren. Als Folge der strategischen Verschiebung wird ein Personalabbau vorgenommen.

Die Europäische Union hat einen entscheidenden Schritt zur Harmonisierung der Emissionsberechnung im Transportwesen vollzogen. Nach langjährigem Prozess wurde eine politische Einigung erzielt. Diese schafft einen gemeinsamen Rahmen und legt eine einheitliche Methode zur Berechnung von Treibhausgasemissionen im Güter- und Personenverkehr fest.

Mehrere Millionen Menschen reisen jedes Jahr in ein kleines südbadisches Dorf, um den Europa-Park zu besuchen. Eine Schweizer Familie knackt eine besondere Marke - und bekommt Geschenke.

Sommer, Sonne, volle Strände – so stellen sich viele den Urlaub in Schleswig-Holstein vor. Doch auch im Winter zieht Deutschlands nördlichstes Bundesland zahlreiche Besucher an. Besonders der Dezember gilt als kleine Hochsaison.

Walfleisch und unversteuerte Zigaretten finden Beamte in Kiel und Hamburg immer wieder im Reisegepäck: Besonders während der Kreuzfahrt-Saison sind die Beamten von Zoll und Bundespolizei gefordert.

Die niedersächsische Tourismusbranche steht durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast 80 Prozent der Betriebe bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vor allem an den Kosten scheitern.

Thüringens Tourismusbranche hat im vergangenen Jahr mehr Umsatz erwirtschaftet. Tagesausflüge sorgen für fast die Hälfte. Wie viel geben Besucher im Schnitt aus – und wer profitiert am meisten?

Die Nachfrage nach Outdoor-Aktivitäten in deutschen Urlaubsregionen ist auch in den Herbst- und Wintermonaten groß. Eine aktuelle Analyse zeigt, welche Regionen dabei am beliebtesten sind und welche Aktivitäten im Fokus stehen.

Die klassischen Kennzahlen zur Messung des touristischen Erfolgs, wie Ankünfte und Übernachtungen, reichen nicht mehr aus, um die Entwicklung einer Destination ganzheitlich zu beurteilen. Zu diesem Schluss kamen Fachleute aus Tourismus und Wissenschaft beim dritten Jahresdialog des Bayerischen Zentrums für Tourismus (BZT) in Kempten.