Widerstand aus MV gegen Polens Öl- und Hafenpläne bei Usedom

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Hier eine der wichtigsten Urlaubsregionen Mecklenburg-Vorpommerns, nebenan Pläne für ein riesiges Terminal für Containerschiffe und umfangreiche Öl- und Gasförderung: Industrieprojekte an Polens Ostseeküste in direkter Nachbarschaft zur Insel Usedom sorgen zunehmend für Unmut.

«Unsere Zukunft liegt nicht im Öl der Ostsee, sondern in der Energie von Sonne, Wind und Biomasse», betonte der Schweriner Umweltminister Till Backhaus (SPD), nachdem zuvor das Ausmaß neu erkundeter Öl- und Gaslagerstätten nahe der Grenze bekannt wurde.

Dem Ergebnis der Probebohrungen zufolge wird das förderbare Vorkommen von Erdöl und Erdgas auf 200 Millionen Barrel Öläquivalent (Rohöleinheit) geschätzt, teilte das kanadische Unternehmen Central European Petroleum (CEP) in Warschau mit. Das Ölfeld Wolin East liege etwa sechs Kilometer von Swinemünde (Swinoujscie) entfernt und ist damit auch vom deutschen Teil der Ferieninsel Usedom sichtbar.

Möglicherweise einer der größten Funde in Polen

Sollte sich das Vorkommen bestätigen, wäre es der größte Fund in Polen mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte der polnische Chefgeologe Krzysztof Galos der nationalen Nachrichtenagentur PAP zufolge. Eine Förderung könnte in drei bis vier Jahren beginnen.

Minister: Öl-Vorkommen teils auf deutschem Hoheitsgebiet

Der Öl-Fund befindet sich nach Angaben von Wirtschaftsminister Wolfgang Blank teils auf deutschem Hoheitsgebiet. «Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem "Ölfeld" um die zu Zeiten der DDR erbohrte Lagerstätte "Heringsdorf" handelt», sagte der parteilose Minister der Zeitung «Welt».

Inhaberin der Bergrechte für die Lagerstätte Heringsdorf auf deutscher Seite sei die Neptun Energy Deutschland GmbH, teilte das Ministerium weiter mit: «Über aktuelle Planungen im Zusammenhang mit den polnischen Erkundungen ist nichts bekannt.»

Kritik von Backhaus

«Das Projekt steht für eine klimapolitisch rückwärtsgewandte Industriepolitik, die den Umwelt- und Tourismusinteressen auf deutscher Seite entgegensteht», kritisierte Backhaus.  Die konkreten Auswirkungen auf Natur, Küstenmeer und Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern seien nicht abschließend zu bewerten. Es gebe erste Hinweise auf Lärm- und Vibrationsbelastungen während der Erkundungsbohrungen sowie Sorgen hinsichtlich möglicher Einflüsse auf die Flora und Fauna im Küstenmeer.

Nach den Worten der Heringsdorfer Bürgermeisterin handelt es sich um einen besonderen Naturschutzraum. «Wir sind Kur- und Erholungsort. Wir tun alles, um unsere Strände, um unseren Ort, um das Meer sauber zu halten», sagte Laura Isabelle Marisken. «Eine schwerindustrielle Gas- und Erdöl-Förderung direkt vor der Haustür - das liegt auf der Hand, dass das eben ein massiver Eingriff dann in unsere Natur ist.» Mögliche Umweltauswirkungen müssten aufgeklärt und vermieden werden.

Bohrplattform hatte überrascht

Rainer Sauerwein von der Bürgerinitiative Lebensraum Vorpommern warnte, «jede Havarie könnte bei diesen Bedingungen an den Küstengewässern und bei dem sensiblen Ökosystem der Ostsee wirklich eine Katastrophe auslösen». Die Ostsee-Anrainerstaaten sollten durchsetzen, dass in derartig flachen Küstengewässern nicht nach Öl oder Gas gebohrt wird.

Das Erscheinen einer unter anderem von Ahlbeck aus sichtbaren Plattform für Testbohrungen im vergangenen Jahr hatte sowohl in Heringsdorf als auch in Schwerin für Überraschung gesorgt.

Nach Angaben des Landesumweltministeriums erfolgten die Probebohrungen, ohne dass Mecklenburg-Vorpommern offiziell informiert wurde. Dies stehe einer Vereinbarung Deutschlands und Polens zu grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungen entgegen. «Es kann nicht sein, dass wir als Nachbarland nicht einmal über Bohrungen mit potenziell grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen informiert werden», sagte Backhaus.

Der Minister forderte eine klare Haltung der Bundesregierung. Bereits im Oktober 2024 hatte Backhaus nach eigener Aussage die damalige Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) gebeten, das Thema im Deutsch-Polnischen Umweltrat aufzugreifen. Er wolle sich nun an Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) wenden.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung riet von der Förderung ab. Diese könnte nicht nur erhebliche negative Folgen beispielsweise auf den Tourismus haben, warnte die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt, Claudia Kemfert. Auch könnten Unfälle grenzübergreifende Verschmutzungen nach sich ziehen. «Zudem konterkariert die Förderung fossiler Energien die Klimaschutzziele. Daher stehen Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis.»

Streit um Containerhafen

Ein Streitthema ist in der Region auch weiterhin das große geplante Containerterminal in Swinemünde. Gegen die polnische umweltrechtliche Genehmigung geht Sauerweins Bürgerinitiative unterstützt durch die Gemeinde Heringsdorf nach eigenen Angaben gerichtlich vor. Mögliche Auswirkungen des Vorhabens seien nicht ausreichend geprüft worden, so der Vorwurf. 

Jüngst habe das zuständige polnische Verwaltungsgericht tatsächlich nicht ausreichende Prüfungen mit Blick auf mögliche Munitionsbelastung im Meer bemängelt, sagte Marisken. Die nächste Verhandlung und möglicherweise die Bekanntgabe einer weitergehenden Entscheidung sind laut Sauerwein für Anfang August geplant. Auch in diesem Fall gehe es darum, negative Auswirkungen auf die Umwelt zu verhindern, erklärte Marisken.

Der Containerhafen in der Nachbarschaft der Grenze soll früheren Angaben zufolge zum Jahreswechsel 2028/2029 fertig sein und sehr große Containerschiffe abfertigen können. Die Kosten bewegten sich im Milliardenbereich. (dpa)


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