Angeblicher Antisemitismus-Vorfall im Leipziger Westin-Hotel - Anklage gegen Ofarim erhoben

| War noch was…? War noch was…?

Ein halbes Jahr nach den Antisemitismus-Vorwürfen des Musikers Gil Ofarim hat die Staatsanwaltschaft Leipzig Anklage erhoben - gegen den Künstler selbst. Nach umfangreichen Ermittlungen wirft sie Ofarim falsche Verdächtigung und Verleumdung vor, wie sie am Donnerstag mitteilte. Demnach habe sich der angebliche Antisemitismus-Vorfall in dem Leipziger Hotel «The Westin» nicht so zugetragen, wie Ofarim es in einem Video geschildert hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen einen Hotelmitarbeiter wurde eingestellt.

Ofarims Management teilte auf Anfrage mit, dass derzeit keine Auskünfte gegeben werden könnten und bat dafür um Verständnis. Die Betreiber des Hotels reagierten erleichtert auf das Ergebnis der Ermittlungen. Der Zentralrat der Juden warnte vor einer Vorverurteilung. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält eine Entschuldigung für angebracht.

Der Musiker hatte das Video am Abend des 4. Oktober 2021 vor dem Hotel aufgenommen und darin gesagt, dass ihn ein Mitarbeiter des Hotels aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen. Am nächsten Morgen veröffentlichte er es auf Instagram. Das Video ging viral und löste zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus. Ofarim erstattete später Anzeige, aber auch der betroffene Hotelmitarbeiter wehrte sich und zeigte seinerseits den Musiker wegen Verleumdung an. Ofarims Insta-Account war am Donnerstag nicht mehr zu finden.

Die Staatsanwaltschaft hat in den vergangenen Monaten einen großen Aufwand betrieben, um aufzuklären, was in der Hotellobby vorgefallen ist. Es wurden zahlreiche Zeugen befragt, ein Digitalforensiker wertete Aufnahmen von Überwachungskameras aus dem Hotelbereich aus. «Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich in der Gesamtschau der hieraus gewonnenen Erkenntnisse das Geschehen, wie es von Gil Ofarim in seinem veröffentlichten Video geschildert worden ist, tatsächlich so nicht ereignet», teilte die Anklagebehörde mit.

Stattdessen gebe es einen hinreichenden Tatverdacht dafür, dass Ofarim das Video «mit dem Wissen um die Unwahrheit seiner Aussagen» aufgenommen und gepostet habe. «Dies begründet den Tatvorwurf der Verleumdung und der falschen Verdächtigung», so die Ermittlungsbehörde. Später habe er seine Behauptungen bei der Polizei wiederholt. Wegen der besonderen Bedeutung des Falles habe die Staatsanwaltschaft die Anklage nicht zum Amtsgericht, sondern zum Landgericht Leipzig erhoben. Dieses muss nun entscheiden, ob es die Anklage gegen den Musiker zulässt. Ofarim ist der Sohn des israelischen Musikers Abi Ofarim (1937-2018) und in Deutschland aufgewachsen.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer kritisierte Gil Ofarim. Dieser habe «nicht nur den Mitarbeiter, das Hotel, die Stadt und Sachsen in Misskredit gebracht, sondern auch Schaden an der jüdischen Gemeinschaft angerichtet», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. «Das Mindeste, was man nun erwarten kann, ist eine Entschuldigung - auch von denen, die vorschnell ihre Schlüsse gezogen und vorverurteilt haben.»

Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) twitterte, dass die Bekämpfung von Antisemitismus ein enorm wichtiges gesellschaftliches Thema bleibe, «gerade auch hier in Sachsen». Im Oktober hatte Meier geschrieben, dass der «offene Antisemitismus im Hotel Westin» unsäglich und unerträglich sei. Nun schrieb sie zur «Einordnung» dieses Tweets, dass vorschnelle öffentliche politische Bewertungen in einer so schwierigen Angelegenheit fehl am Platze seien. Sie habe damals auf die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlichen Debatte zur Bekämpfung des Antisemitismus hinweisen wollen.

Der Zentralrat der Juden erklärte am Donnerstag, man habe die Anklageerhebung zur Kenntnis genommen. «Im Vertrauen auf unseren Rechtsstaat gilt es, keine Vorverurteilungen vorzunehmen», erklärte Präsident Josef Schuster. Der Zentralrat werde das weitere Verfahren am Landgericht Leipzig mit Interesse verfolgen.

Nach Angaben des Hotels «The Westin» wurde der in dem Video beschuldigte Mitarbeiter persönlich und in den sozialen Medien massiv bedroht. Das gesamte Hotel-Team sei nun «nach langen Wochen und Monaten über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft äußerst erleichtert». Manager Andreas Hachmeister erklärte: «Ich bin sehr froh und optimistisch, nun wieder in die Zukunft blicken zu können.»  (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

McDonald's hat einen mit KI hergestellten Reklamespot nach heftiger internationaler Kritik zurückgezogen. Der Spot erweckt den Eindruck, dass er in Amsterdam gedreht wurde. Doch in Wahrheit war er mit KI am Computer hergestellt worden.

Der mutmaßliche Chef der Entführer widerspricht als Zeuge zentralen Äußerungen von Christina Block. Er berichtet von einer Lagebesprechung und einem besonderen Teddy.

Die Mook-Gruppe, die hochwertige Restaurants wie Zenzakan, Ivory Club, Mon Amie Maxi und das M-Steakhouse betreibt, hatte es jüngst mit Gästen zu tun, die, ohne zu bezahlen, die Restaurants verließen. Da die Fahndung der Polizei ergebnislos blieb, nahmen die Gastronomen die Sache selbst in die Hand – mit Erfolg.

Fast fünf Monate nach Beginn des Block-Prozesses ist überraschend der mutmaßliche Kopf der Entführer als Zeuge beim Landgericht Hamburg erschienen. Für seine freiwillige Aussage sicherten ihm die Ermittlungsbehörden sicheres Geleit zu.

Der wegen Steuerhinterziehung und Insolvenzverschleppung verurteilte Star-Koch Alfons Schuhbeck bleibt weiter auf freiem Fuß. Grund sind eine Krebserkrankung des 76-Jährigen und notwendige Behandlungen außerhalb einer Justizvollzugsanstalt.

Im Hotel Le Méridien Hamburg hat die erste Weihnachtsfeier für obdachlose Menschen stattgefunden. Angesichts der positiven Rückmeldungen gibt es bereits Überlegungen für eine Fortsetzung.

Im andauernden Ermittlungsverfahren wegen der Entführung der Block-Kinder hat die Staatsanwaltschaft Hamburg zwei weitere Beschuldigte aus Israel vernommen. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft in einem ähnlichen Schritt bereits den Chef einer israelischen Sicherheitsfirma befragt. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt

Die Compass Group Deutschland hat sich entschieden, in der Vorweihnachtszeit ein Zeichen der gesellschaftlichen Verantwortung zu setzen. Das Unternehmen unterstützte die Frankfurter Tafel mit einer Spende von 25.000 Euro anstelle der üblichen Weihnachtspräsente.

Die 20. Benefiz Gala von McDonald's Deutschland zugunsten der Kinderhilfe Stiftung verzeichnete einen Rekordbetrag. Der Erlös kommt den Ronald McDonald Häusern und Oasen zugute, welche Familien schwer kranker Kinder nahe den Spezialkliniken beherbergen.

Ein Abend mit verheerendem Ende: In einem Lokal befindet sich statt Champagner MDMA in einer Flasche. Ein Mann stirbt nach dem Trinken. Nun kommt ein 46-Jähriger vor Gericht.