Wem gehört die "Schützenliesl"?

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Eine Frau im Dirndl, die zehn Krüge stemmt und fröhlich auf einem Bierfass balanciert - dieses Bild machte eine Münchnerin als «Schützenliesl» zur Kultfigur. Der Maler Friedrich August von Kaulbach hatte sie auf eine Leinwand gemalt, die 1881 beim VII. Deutschen Bundesschießen auf der Theresienwiese das Wirtshaus «Zur Schützenliesl» zierte und Scharen von Männern anlockte.

Rund 140 Jahre später ist ein Rechtsstreit entbrannt: Ein Wirt will sie für ein Wiesn-Zelt - und eine Brauerei als Marke für ein Bier. Nach einem Urteil des Landgerichts München I ist nun klar: Aus den Plänen für ein «Schützenlisl»-Festzelt (Schreibweise mit «i» statt «ie») wird vorerst nichts. Allerdings ist die am Freitag verkündete Entscheidung nicht rechtskräftig (Tageskarte berichtete).

Geklagt hatte die Münchner Kindl Brauerei in Traunstein. Sie baut gerade in München eine Produktionsstätte und will «Bayerns erstes Pin-up-Girl» - wie die «Schützenliesl» auch bezeichnet wird - als Marke für ihr Bier. Nach Auskunft des Gründers Dietrich Sailer ist sein Unternehmen Rechtsnachfolgerin des Münchner Kindlbräu, das beim Bundesschießen das «Schützenliesl»-Wirtshaus betrieben und das Bild auch schon auf Flaschenetiketten verwendet hatte, wenn auch leicht abgewandelt. Diese Rechte, die inzwischen bei Löwenbräu lagen, habe man übernommen, sagt Sailer.

Der beklagte Wirt betreibt schon ein kleineres Wiesn-Zelt und hat sich 2016 in leicht abgewandelter Schreibweise die Markenrechte für ein «Schützenlisl»-Zelt auf der nostalgischen Oidn Wiesn eintragen lassen. Weil seine Bewerbungen um eine Zulassung des Zeltes aber erfolglos blieben, erklärte das Landgericht diese Marken nun für verfallen. Der Wirt habe es versäumt, die Zeichen innerhalb von fünf Jahren zu benutzen, urteilte die 33. Zivilkammer. Dass er im Sommer 2021 einen Biergarten nach der «Schützenlisl» benannte, diente nach Ansicht des Gerichts nur dazu, den Verfall der Marken zu verhindern.

Auch die Königlich Privilegierte Hauptschützengesellschaft München erhebt Anspruch, hat aber mit dem Prozess nichts zu tun. «Uns gehört das Bild», stellt der 1. Schützenmeister Georg Pfaff fest. Wenige Jahre nach dem Bundesschießen sei die Gesellschaft Eigentümerin geworden. In der Tat hängt das Originalbild unübersehbar im Festsaal im Augustiner Schützengarten. Die Gesellschaft wolle nun ihre Rechte eintragen und alte Einträge löschen lassen, so Pfaff.

Wer ist diese «Schützenliesl»?

Doch wer ist diese «Schützenliesl», um die sich alle streiten? Coletta Möritz wurde 1860 bei Pöttmes nahe Augsburg geboren. Mit 16 wurde sie Biermadl, also Hilfskellnerin, im Münchner Sterneckerbräu. Von Kaulbach muss die fröhliche Frau dort bewundert haben. Die Hauptschützengesellschaft zitiert Möritz in einer Festschrift: «Krügel hab ich in der Hand tragen und den Fuß hab i heben müssen, als tät ich auf einem Faß tanzen, und der Kaulbach hat gezeichnet.» Im Atelier habe er dann das Bild gemalt - für damalige Verhältnisse gewagt mit üppigem Dekolleté und knappem Rock.

«Als sie vor unserer Wirtsbude aufg'hängt war, sind die Leut zusammeng'laufen: Der Kaulbach hat die Coletta gmalt!», schreibt Möritz. Jeder habe einen Platz in der «Schützenliesl» ergattern und sich ein Bier von Coletta bringen lassen wollen. Ein Riesenerfolg, von dem auch andere profitieren wollten. Schon damals seien überall nicht lizenzierte Nachdrucke, Kopien und Plagiate des Bildes aufgetaucht, erzählt Pfaff. Von Kaulbach habe mehr Zeit vor Gericht bei Urheberrechtsprozessen verbracht, als ihm lieb war.

Möritz sei ihre Berühmtheit aber nicht zu Kopf gestiegen, so das Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg. Sie habe 1882 einen Wirt geheiratet, zwölf Kinder bekommen und erfolgreich mehrere Gasthäuser geführt. Bevor sie im Dezember 1953 mit 93 Jahren starb, wurde ihr noch eine besondere Ehre zuteil: «Die Schützenliesl-Polka» wurde zum Wiesn-Hit des Jahres und erinnert bis heute an das schöne Biermadl: «Schützenliesl, drei Mal hats gekracht. Schützenliesl, du hast mir das Glück gebracht». (dpa)


 

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