Abfeiern oder ausbezahlen lassen: Was bei Überstunden gilt

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Viel zu tun, dünne Personaldecke und die Arbeitstage wollen einfach kein Ende nehmen: Überstunden können auf Dauer belasten.

Doch wann kann der Arbeitgeber eigentlich Überstunden verlangen - und wann kann man Überstunden abbummeln? Das sollten Sie wissen.

Kann der Arbeitgeber Überstunden verlangen?

In der Regel: Nein - sofern keine anderweitige Regelung im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung zu finden ist. «Beschäftigte sind nur verpflichtet, solche Arbeitszeiten abzuleisten, die vertraglich vereinbart sind», erklärt Tjark Menssen vom Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser der Anordnung von Überstunden zustimmen. «Selbst in Fällen einer solchen Zustimmung bindet das den Beschäftigten aber nicht einseitig», so Menssen. «Lediglich in Ausnahmefällen, etwa Notsituationen, kann sich ein Beschäftigter einer einseitigen Anordnung kaum entziehen.»

Der Arbeitnehmerkammer Bremen zufolge sind Notsituationen jedoch nur solche Situationen, die nicht vorhersehbar sind. Personalmangel fällt demnach nicht darunter. Ein Beispiel für eine Notsituation wäre hingegen eine Überschwemmungsgefahr, bei der die Existenz des Arbeitgebers gefährdet ist.

Muss der Arbeitgeber Überstunden bezahlen?

«Grundsätzlich ja», erklärt die Arbeitnehmerkammer Bremen in ihrem Magazin «BAM» - wenn sie aufgrund der Vorgaben im Arbeitszeitgesetz nicht als Freizeitausgleich zu nehmen sind.

Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet hat. Billigen heißt demnach, dass der Arbeitgeber nachträglich mit den Überstunden einverstanden ist. Eine Duldung liegt vor, wenn Arbeitgeber wissen, dass Überstunden anfallen und nicht dagegen einschreiten.

Gibt es einen Anspruch auf Zuschläge für Überstunden?

Nein. Ein Anspruch auf Überstundenzuschläge besteht der Arbeitnehmerkammer Bremen zufolge nur, wenn es hierfür eine Regelung im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung gibt.

Kann man die Überstunden stattdessen auch abbummeln?

Grundsätzlich werden Überstunden in Geld entlohnt, so die Arbeitnehmerkammer Bremen. Allerdings kann ein Arbeits- oder Tarifvertrag auch vorsehen, dass Überstunden mit Freizeit ausgeglichen werden.

Ist beides möglich, sollte man beachten, dass eine Auszahlung zu einem höheren Monatsbrutto führt und damit automatisch zu einem höheren zu versteuernden Einkommen. Ein zusätzlicher freier Tag ist demnach hingegen quasi «steuerfrei», heißt es auf der Webseite des DGB Rechtsschutzes.

Gut zu wissen: Ein eigenmächtiger Abbau von Überstunden ist nicht zulässig. Und auch einen Anspruch auf einen bestimmten Zeitpunkt, zu dem sie die Stunden abbummeln, haben Arbeitnehmer nicht - außer eine entsprechende Regelung steht im Arbeits- oder Tarifvertrag. Arbeitgeber können den Abbau von Überstunden hingegen einseitig im Rahmen ihres Weisungsrechts anordnen, wenn es keine anderweitigen Regelungen gibt - und die Beschäftigten dem Freizeitausgleich statt einer Entlohnung etwa mit dem Arbeitsvertrag zugestimmt haben.

Wird man während des Abbummelns von Überstunden krank, bekommt man übrigens keinen Ersatz dafür. Im Unterschied zu der gesetzlichen Regelung im Falle von Krankheit während eines genehmigten Urlaubs kennt das Gesetz keine vergleichbare Regelung beim Überstundenabbau, so Anke Marx, Juristin bei der Arbeitskammer des Saarlandes, in der Zeitschrift «AK-Konkret» (03/2023).

Sind Arbeitsverträge zulässig, die vorsehen, dass alle Überstunden mit dem Lohn abgegolten sind?

In der Regel sind solche Klauseln, die eine pauschale Abgeltung von Überstunden mit dem vereinbarten Gehalt vorsehen, der Arbeitnehmerkammer Bremen zufolge rechtswidrig. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin müsse bei Vertragsabschluss erkennen können, was auf ihn oder sie zukommt und welche Leistung für die vereinbarte Vergütung erbracht werden muss.

Doch es gibt Ausnahmen: Eine Regelung, die Überstunden mit der Gehaltszahlung abgilt, könne zulässig sein, wenn ein entsprechend hohes Gehalt gezahlt wird, so Tjark Menssen vom Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Das gilt etwa im Fall von leitenden Angestellten. «Ansonsten muss eine solche Abgeltung begrenzt beziehungsweise berechenbar sein. Das ist der Fall, wenn die Anzahl der Überstunden, die höchstens abgegolten sind, erkennbar ist.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Tariflöhne sind im laufenden Jahr in Deutschland kaum noch stärker gestiegen als die Verbraucherpreise. Im vergangenen Jahr hatten sich die Reallöhne und damit die Kaufkraft der Beschäftigten noch um 3,1 Prozent gesteigert. 

Neue BIBB-Zahlen zeigen: Das Gastgewerbe trotzt dem bundesweiten Rückgang bei Ausbildungsverträgen weitgehend. Während die Gesamtzahlen sinken, verzeichnen die zweijährigen Berufe im Gastgewerbe starke Zuwächse. Die Hotelberufe hingegen leiden weiterhin unter deutlichen Einbrüchen.

Der Begriff «Insolvenz» kann schon mal Panik auslösen. Insbesondere, wenn es den eigenen Arbeitgeber betrifft. Ruth Rigol, Fachanwältin für Arbeits- und Insolvenzrecht, und Guadalupe Florenin von der Bundesagentur für Arbeit, beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema Insolvenz des Arbeitgebers.

Das Leben ist zunehmend stressig - davon sind viele Menschen überzeugt. Und nicht nur der Stress wächst, sondern laut Daten einer Krankenkasse auch die Zahl der Fehltage wegen der Diagnose Burnout.

Die Österreichische Hotelvereinigung hat die größte Praktikums-Umfrage der Branche durchgeführt. Mehr als 1.200 Schüler nahmen an der Befragung teil, die bereits zum vierten Mal stattfand. Die Ergebnisse für das Jahr 2025 zeigen gute Bewertungen für die Praktikumsbetriebe. Optimierungspotenzial sehen die Schüler bei Kommunikation und Dienstzeiten.

Die Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in den Kategorien Hotellerie und Gastronomie zeigen, wie ökologische und soziale Verantwortung in der Praxis umgesetzt werden kann. Das Hotel Luise in Erlangen und die Obermühle Görlitz werden für ihren Einsatz für Kreislaufwirtschaft, faire Arbeitsbedingungen und regionale, umweltschonende Konzepte gewürdigt.

Die Krise in der Wirtschaft hinterlässt deutliche Spuren auf dem Ausbildungsmarkt. Die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge ist in diesem Jahr auf rund 476.000 zurückgegangen, ist war der zweite Rückgang in Folge.

Die Bereitschaft von Fachkräften in Deutschland, während der Weihnachtsfeiertage und des Jahreswechsels für dienstliche Anfragen erreichbar zu sein, hat einen neuen Tiefstand erreicht. Insgesamt haben 71 Prozent der Berufstätigen über die Feiertage Urlaub.

Die wirtschaftspolitischen Verwerfungen treffen die Unternehmen in Deutschland weiter hart. Bonitäts-Schlusslicht bleibt das Gastgewerbe. Auch wenn sich die Lage seit Corona leicht gebessert hat, bleibt die Kreditwürdigkeit bei Gastronomen deutlich eingeschränkt.

Das kommende Jahr 2026 bringt für Unternehmen in Deutschland im Durchschnitt 2,4 Arbeitstage mehr als das laufende Jahr 2025. Dies teilt das Statistische Bundesamt mit. Bundesweit wird die durchschnittliche Zahl der Arbeitstage 250,5 erreichen.