Change-Prozess - Wie Veränderung im Unternehmen gelingen kann

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Veränderungsbereitschaft ist in diesen Zeiten der Schlüssel zum geschäftlichen Erfolg. Der Druck steigt. Das spürt im Grunde jeder Manager. Doch wie stellen wir sicher, dass Unternehmen und ihre Mitarbeiter sich nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern im Change Prozess alle an einem Strang ziehen?

Es gibt viele Führungskräfte, die gern Veränderungen im Unternehmen anstoßen wollen. Auch ihre Mitarbeiter sind oft nicht abgeneigt, über Veränderungen nachzudenken. Für die meisten Menschen ist klar erkennbar, was verändert werden muss. Aber warum fällt es dann so schwer, Veränderungsbereitschaft fest in der Unternehmenskultur zu verankern? Und: statt darüber zu reden endlich Taten folgen zu lassen?

Wir sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht

Wenn der Leidensdruck der Unternehmensleitung noch nicht groß genug ist, wird es schwer einen Change Prozess nachhaltig in die Praxis umzusetzen. Die Komfortzonen-Denker sagen: „Es geht uns doch gut. Warum sollen wir etwas verändern?“. Der Fokus liegt hier meistens auf der Steuerung des aktuellen Tagesgeschäft. Es fehlt der strategische Blick in die Zukunft. Kein Wunder, dass in vielen Betrieben dann keine Zeit und kein Raum bleibt, sich mit notwendigen Veränderungen auseinanderzusetzen. Kein Wunder, dass auch die Mitarbeiter durch ihre tägliche Arbeit so gebunden sind, dass die Beschäftigung mit dem notwendigen Change Prozess als zusätzliche Belastung verstanden wird. Wer will das schon? Andere wiederum haben längst frustriert aufgegeben, weil sie erfahren haben, dass die vorgeschlagenen Veränderungen am Ende doch im Sande verlaufen.


Über den Autor Albrecht von Bonin

Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.

Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.


Wie kann CHANGE gelingen?

Wie so oft gilt die alte Weisheit: „Der Fisch fängt am Kopf zu stinken an“. Wenn die Unternehmensspitze das Veränderungsdenken nicht in ihrer DNA hat, nicht fördert, bleiben Change Prozesse auf der Strecke. Inzwischen setzt sich aber, wie ich beobachte, ein neues Denken durch. Es beginnt mit dem deutlichen Signal: Wir meinen es ernst mit der Veränderung! Wir schaffen als erstes eine nachhaltige Kultur des angstfreien Arbeitens. Die Erfahrung hat gezeigt: Wer einen Veränderungsvorschlag macht oder unterstützt, der sich später als Flop herausstellt, fürchtet nicht selten die Ächtung oder Schuldzuweisung. Wird den Menschen stattdessen die Angst genommen, für Fehler bestraft zu werden, verändert sich ihr Denken weg von Problemen hin zum Chancendenken. Es gilt also, den Nutzen, das Positive für Mitarbeiter und Unternehmen in den Vordergrund zu stellen, Mut zu fördern und das Denken zu aktivieren. „Wäre es nicht fantastisch, wenn es uns gelänge, das und das zu verändern?“ Das wirkt meist wie ein Booster für den gewünschten Change Prozess. Wo das gut funktioniert hat, zeigt folgendes Beispiel aus der Praxis:

Christoph P. wurde als neuer Unit Manager angeheuert, weil die Geschäftsleitung der Meinung war, der Unternehmensbereich 3 trete auf der Stelle. Viele altgediente Mitarbeiter, weit verbreitete Ideenlosigkeit und Komfortzonen-Denken hatten zur Stagnation und zu erheblichen Ergebniseinbrüchen geführt. Seit mehreren Jahren war keine neue Produktidee entstanden. Die Digitalisierung stockte. Die Kundenreklamationen stiegen rasant an. Der Bereich reagierte eigentlich nur noch statt zu agieren. Hier musste dringend ein innovationsstarker Kopf an die Spitze, um die dringend notwendigen Veränderungen einzuleiten.

P. war eine gestandene Führungskraft. Er wurde häufig in Unternehmen eingesetzt, in denen Veränderung und Innovation gefordert waren. Es fiel ihm daher leicht, sich schnell einen Eindruck von den Menschen in seinem Verantwortungsbereich zu verschaffen. Gleichzeitig stellte er sich die Frage: Wie viel Veränderung und Innovation kann ich den Mitarbeitern zumuten, ohne sie zu verbrennen? Wie so oft zuvor, begegnete er auch hier drei Typen von Mitarbeitern:

Die ewig Gestrigen

Sie gehörten zu den langjährigen Mitarbeitern, hatten bereits viele Führungskräfte kommen und gehen gesehen. Dabei wurden sie im Laufe der Zeit immer geschickter im Auf- und Ausbau ihrer eigenen Komfortzonen und „Erbhöfe“. Sie verfügten über alle Argumente, warum etwas Neues nicht funktionieren kann („Hat Ihr Vorgänger schon probiert, hat nicht geklappt“), warum eine Innovation überflüssig ist („Es hat doch bisher auch ohne funktioniert“) und warum sie den Veränderungsprozess nicht unterstützen werden/können. Sie dachten meist nur handlungsorientiert, nicht aber ergebnisgerichtet. Ihre Verhaltensskala reichte von demonstrativer Passivität bis zum subversiven Partisanenkampf oder Boykott. Wegen ihrer langen Betriebszugehörigkeit hatten sie eine gewisse Dickfälligkeit entwickelt, eng verbunden mit dem Gedanken an Quasi-Unkündbarkeit. „Gefahr droht, wenn der eine oder andere zur Heiligen Kuh avanciert ist“, weiß P. „Weil ein alter Duzfreund auf GL-Ebene seine schützende Hand über ihn hält oder niemand bereit ist, die hohe Abfindung bei der Trennung zu bezahlen“. Daher forderte er von der Geschäftsleitung als wichtigste Voraussetzung für das Gelingen seines Auftrages absolute Rückendeckung.

Die Mitläufer

Sie waren die „Hinterbänkler“ der Belegschaft, traten wenig ins Rampenlicht, hatten meist keine eigene Meinung, ließen sich nicht selten von den ewig Gestrigen beeinflussen. Sie leisteten keinen offenen Widerstand bei Neuerungen. Nein, sie duckten sich wie die Kaninchen in der Ackerfurche. Sie wollten am liebsten gar nicht wahrgenommen werden, munkelten nur hinter vorgehaltener Hand ihre Kommentare über den Neuen. Abwarten war ihre Devise. „Mal sehen, wie lange der Neue bleibt“. Ihre Stärke war das Aussitzen. Sie bildeten die Mehrheit im Betrieb.

Die Pioniere

Wenn sie vom Vorgänger nicht schon längst vertrieben wurden, waren sie es, die unter ihm immer wieder mal Ideen und Verbesserungsvorschläge äußerten, aber regelmäßig abgebügelt wurden. Am liebsten hätten sie den ganzen Laden verändert, hatten viele kreative Ideen, trauten sich aber schon gar nicht mehr, sie laut auszusprechen. Sie bewegen sich immer hart an der Grenze zum Absprung. „Wie lange lasse ich mir das hier eigentlich noch bieten“. „Warum muss ich mir das noch antun“.

Wenn P. in seiner Karriere eines gelernt hatte, dann das: Veränderung und Innovation haben eines gemeinsam – sie brauchen die kritische Masse an Begeisterung, um vor allem interne Widerstände zu überwinden. Change und InnovationsManagement heißt Geduld haben und konsequent entscheiden. Vor allem aber hatte er sich stets den Leitsatz des russischen Dichters Tolstoi, zu Herzen genommen: “Jeder denkt darüber nach, wie man die Welt verändern könnte. Aber niemand denkt daran, sich selbst zu verändern“. Wer es versäumt, sich selbst an den Anfang des Veränderungsprozesses zu stellen, wird scheitern. Und er wusste, dass nicht Organisationen sich ändern, sondern allenfalls die Menschen darin. Change und Innovation sind nicht im Alleingang möglich. Es gilt vielmehr, die Menschen mitzunehmen auf dem Weg zum Erfolg.

Change heißt dicke Bretter bohren

Um das geplante Ziel so rasch wie möglich zu erreichen, steckte er sich für das erste Etappenziel 6 Monate. Er konzentrierte sich zunächst auf die Pioniere in seinem Team. Darunter waren Abteilungsleiter, aber auch Mitarbeiter der Basis. Er ließ sie wissen, was seine mittel- und langfristige Planung ist, machte deutlich, dass er auf sie setzt. Er fragte sie, worüber sie täglich stöhnen, weil etwas nicht funktioniert. Wo sind Eure Schmerzpunkte? Was muss Eurer Meinung nach geschehen, damit die Umsätze wieder steigen? Welche Ideen und Verbesserungsvorschläge habt Ihr – welchen Beitrag (vielleicht auch welches Opfer) seid Ihr persönlich bereit dafür zu erbringen. „Am Anfang wird uns nicht alles gelingen, kein Problem. Wir werden Fehler machen, kein Problem. Aber am Ende werden wir die richtigen Lösungen finden. Sisyphos wird siegen!“

Die Reaktion der Angesprochenen reichte zunächst von Zurückhaltung, Skepsis bis zu Neugier und Zustimmung. Er beobachtete die Kommunikation der Mitarbeiter etwa eine Woche: In der Kaffeeküche herrschte jetzt immer häufiger rege Diskussion und Betriebsamkeit. „Endlich können wir so arbeiten, wie wir schon immer wollten, aber nie durften“. „Endlich ein Chef, der unsere Ideen ernst nimmt.“ Allerdings saßen die ewig Gestrigen und Mitläufer in den ersten Wochen noch still abseits, flüsterten despektierliche Äußerungen und machten sich lustig über die Pioniere.

Mit gutem Beispiel voran

Unit Manager P. selbst gab mit seiner eigenen Begeisterung ein gutes Beispiel und nahm alle Mühsal auf sich. Sein Brennen für den finalen Erfolg war authentisch. Der Funke sprang schnell auf seine Pioniere über. Als er ihre ersten Vorschläge abgesegnete, waren sie kaum zu bremsen. Ihre Motivation war größer als sie der Unternehmensbereich je zuvor erlebt hatte. Kein Wunder, dass sich die Quick Wins schnell einstellten. P. sorgte nicht nur dafür, dass selbst der kleinste Erfolg gemeinsam gebührend gefeiert wurde. Er fing sie aber auch auf, wenn mal eine Idee „in die Hose ging“. Er achtete ebenso darauf, dass seine motivierten Pioniere sich nicht überforderten. Das schaffte Anerkennung ihrer Leistung, nahm ihnen die Angst vor Fehlern, stärkte ihr Selbstbewusstsein, machte sie stolz. Nach und nach weckte das die Neugierde einiger Mitläufer. „Was macht Ihr da eigentlich?“ „Wie ist Euch das und das gelungen?“ Es dauerte etwa 4 Monate, bis sich die Fortschritte durch den Flurfunk herumsprachen und erste Mitläufer bei P. anfragten, ob und wie sie bei dem Change-Projekt mitmachen könnten.

Manager P. wusste nur zu gut, dass es jetzt wichtig war, die Anfangserfolge positiv zu kommunizieren. Die Begeisterung musste so groß sein, dass interne Bereichsegoismen, Widerständler, Kundenbedenken, Betriebsrat und die letzten Skeptiker in der GL besiegt werden, ohne sie gleichzeitig zu Feinden zu machen. So würde es dem Change Projekt den erforderlichen Rückenwind geben und die Passion für Innovation – so sein Leitspruch - auch bei denen wecken, die bisher nur abwartend danebengestanden hatten. So erreichte er, dass auch aus den meisten Mit-Läufern nach und nach Mit-Macher wurden, die an sich selbst entdeckten, dass sie mit ihren fantastischen Ideen das Unternehmen nach vorne bringen können. Die nachhaltigen Erfolge seines Team ließen nicht lange auf sich warten.

Befragt nach den ewig Gestrigen in seinem Team, hatte P. einen klaren Standpunkt. „Mit allen – es blieben gottseidank nicht allzu viele übrig“ – habe ich Einzelgespräche geführt und ihnen gespiegelt, wie ich sie in diesem Change Prozess wahrgenommen habe. Ich habe deutlich gemacht, dass sich kein Unternehmen leisten kann, sich von einigen wenigen Unbeweglichen im Kampf ums Überleben ausbremsen zu lassen. Denn es hat ja die soziale Verantwortung für die große Zahl der übrigen Mitarbeiter. Das haben einige verstanden, aber für sich entschieden, sich außerhalb des Unternehmens neu zu orientieren. Bei den restlichen Mitarbeitern stieß ich weiterhin auf Ablehnung und Ignoranz. Oft haben Unternehmen nicht den Mut und die Konsequenz, hier frühzeitiger gegenzusteuern. Also musste ich für eine konsequente, aber faire Trennungslösung kämpfen.“

Natürlich weiß P., dass der Erfolg von Change-Management immer von der Unternehmenskultur abhängt. „Man muss heute immer wieder sein Geschäftsmodell in Frage stellen und unbequeme Entscheidungen treffen. Das gelingt nicht von grünen Tisch aus, sondern nur – mittendrin - unter Einbindung aller Ressourcen des Unternehmens. Es erfordert Zeit. Das macht nicht immer Spaß. Man muss oft steinige Wege gehen. Viele Jobs und lieb gewordene Gewohnheiten sind betroffen. Aber in Zeiten extremen Wandels in der Wirtschaft zählt das zur Kernaufgabe einer Führungskraft“, so sein Credo.


Autor

Albrecht von Bonin
avb Management Consulting
www.avb-consulting.de
VON BONIN + PARTNER Personalberatung
www.von-bonin.de


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