Das AUS der Karriereleiter

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Klassische Karrieren, bei denen Beförderung auf Beförderung folgt, sind längst ein Relikt der Vergangenheit. Karriere bietet heutzutage vielfältigere Wege. Man muss sie nur finden.

Es durch kontinuierliche Beförderungen bis ganz nach oben zu schaffen – vergessen Sie es! Nach meiner Beobachtung aus über 40 Jahren als Personalberater und Management Coach gibt es seit mindestens zwei Jahrzehnten diesen linearen Aufstieg auf der Karriereleiter nicht mehr. Er ist ein Phänomen der 50er, 60er und 70er Jahre. Damals stieg man in ein Unternehmen ein, befolgte dessen Regeln, bemühte sich, einen guten Job zu machen, wurde schrittweise befördert – und bekam dann ein goldene Uhr beim Abschied in die Pensionierung.

Diese traditionelle Karriereleiter ist während der 80er und 90er Jahre verschwunden. Damals reduzierten viele Unternehmen die Zahl ihrer Mitarbeiter. Im Bemühen um noch effizientere Arbeitsprozesse und zunehmende Digitalisierung hat sich dieser Trend bis heute beschleunigt. Interessant ist dabei: Die meisten Jobs gingen nicht nur in der Produktion, sondern auch in der Verwaltung bzw. dienstleistenden Bereichen verloren. Auch im Management. Als es darum ging, die Firmen schlanker und schneller zu machen, verschwanden auch Führungspositionen – und wurden seitdem nicht wieder neu geschaffen.


Über den Autor Albrecht von Bonin

Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.

Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.


Bei uns können Sie Karriere machen

Warum glauben wir angesichts dieser Entwicklung immer noch an die Existenz der Karriereleiter? Ich vermute, der Grund liegt darin: Viele Unternehmen versprechen immer noch traditionelle Laufbahnen – mit Absicht oder auch nicht. Sie tun sich gerade in Zeiten des Mangels an leistungsbereiten Leuten keinen Gefallen damit. Ich kenne einen Hotelkonzern, der vollmundig ein neues Talentmanagement-System entwickelte und dem Nachwuchs versprach, dass erfolgreiche Absolventen anschließend die Verantwortung als General Manager eines Hotels übernehmen könnten.

Die so identifizierten Nachwuchskräfte gingen mit Motivation und Elan durch die vorbereitenden Workshops, man verteilte viel Lob und Zertifikate, der Führungsnachwuchs ackerte während dieser Zeit weiter in seinen derzeitigen Jobs mit überdurchschnittlichem Engagement („Man will ja schließlich zeigen, dass man für die versprochene Beförderung der/die Richtige ist“) – nur drei Monate später wurde ein Drittel der Leute wegen einer Umstrukturierung gefeuert, der Rest verließ nicht viel später frustriert die Company.

In anderen Unternehmen wissen oft die Vorgesetzten talentierter Nachwuchsleute zu verhindern, dass diese befördert werden. Ihre Ausrede: „Das Loch, das ich mit Ihrer Beförderung reiße, ist größer als das, was Sie stopfen können!“ Dahinter steckt der nicht gerade hilfreich Gedanke, die besten Mitarbeiter in ihren Positionen festzuhalten, um die Stabilität der eigenen Organisation zu sichern oder im eigenen Team einen starken Leistungsträger nicht zu verlieren. Von Kaderschmiede also keine Spur.

Handele selbst oder Du wirst behandelt

Wer sich nicht auf fremde Steigbügelhalter verlassen und seine Karriere selbst in die Hand nehmen will, ist gut beraten, sich zusammen mit einem Karriere Coach oder neutralen Mentor über die eigenen Talente Gedanken zu machen. Dabei entsteht sehr schnell die Antwort auf die Fragen: Welche verschiedenen Karrierewege gibt es für mich? Und: Welcher Karriere-Typ bin ich eigentlich? Passe ich besser zu Positionen im General Management (Starke Führungskompetenz, nachhaltiges Entwickeln von Menschen, breites, aber weniger tiefes Fachwissen erforderlich)? Oder bin ich eigentlich ein viel besserer Spezialist (Kein Interesse an Führung, aber außerordentliche fachliche Tiefe)? Vielleicht kommt aber auch eine Karriere im Projekt Management infrage (Steuerung, Koordination hochkarätiger interdisziplinärer Expertenteams in befristeten Projekten – ohne disziplinarische Führungsverantwortung)?

Durch diese und mehr Fragen eröffnen Sie sich sehr schnell die Alternativen zur sogenannten „Schornstein-Karriere“. Das wird Ihnen helfen, Ihre Vorstellung von beruflichem Fortkommen nicht allein auf den vertikalen Aufstieg in der Hierarchie zu verengen.

Seitliche Karriereschritte

Beißen Sie sich nicht an einzelnen Job Profilen fest. Recherchieren Sie vielmehr verwandte Jobs oder Gruppen von Aufgaben, die etwas gemeinsam haben. Ein Beispiel: wenn Sie Finanzanalyst sind, sollten Sie über andere Analysten-Aufgaben in Ihrem Unternehmen nachdenken – vielleicht in der Marktforschung oder im Vertrieb. Das erweitert Ihren Horizont, Ihre Kompetenzen und Ihr Verständnis für die Zusammenhänge im Unternehmen. Es ist einfacher, innerhalb des Betriebes zu wechseln, in dem Sie bereits als anerkannter und kompetenter Mitarbeiter gelten.

Interessante Zusatzaufgaben

Melden Sie sich freiwillig und bieten an, Ihren Vorgesetzten bei seinen Tätigkeiten zu unterstützen. So lernen Sie - ganz nebenbei – wie solche (Führungs-) Aufgaben exzellent zu erledigen sind. Übernehmen Sie etwa die Patenschaft für neue Mitarbeiter, perfektionieren Sie das Onboarding mit Feedbackgesprächen. Sie lernen dabei viel über Führungsaufgaben, entlasten Ihren Chef bei Aufgaben, die er vermutlich ohnehin nicht besonders gerne macht und – zeigen damit, dass Sie Fortschritte machen und verantwortungsvollere Aufgaben übernehmen könnten.

Mit Ehrgeiz neue Fähigkeiten erwerben

Halten Sie Ausschau nach Gelegenheiten, sich neues Wissen, neue Kompetenzen anzueignen. Versuchen Sie dabei, die Erwartungen anderer zu übertreffen und Mehrwert zu stiften. Ein Beispiel: Das Team der Innenarchitektur für Hotel Design sollte sich auf ein neueingeführtes Projektmanagement-System umstellen. „Das schaffen wir nie. Wir sind doch keine IT’ler“, schimpften die Kollegen und weigerten sich strikt, sich von der bisherigen analogen Arbeitsweise auf digitales Arbeiten umzustellen. Einer der Interior Designer erkannte seine Chance: Mit Ehrgeiz und Beharrlichkeit arbeitete er sich in das neue IT-Programm ein und fand einen Weg, seinen Kollegen den Zugang zum ganzheitlichen digitalen Arbeiten zum Nutzen des Projektergebnisses zu vermitteln. Plötzlich waren alle begeistert, wie transparent man die am Projekt beteiligten Abteilungen miteinander vernetzen konnte. Die Arbeitsschritte wurden beschleunigt und vereinfacht. Ein echter Nutzen für alle Beteiligten. Kurze Zeit später wurde er befördert und erhielt die Chance, im IT-Bereich des Unternehmens Karriere zu machen.

Wir sind uns einig – die Arbeitswelt hat sich dramatisch verändert. Vor dem Hintergrund des Fach- und Führungskräftemangels sind Unternehmen gut beraten, fähige Mitarbeiter durch aufmerksame Talententwicklung an sich zu binden. Dass dies mit Versprechen allein nicht gelingt („Junger Mann, ich habe Großes mit Ihnen vor!“), liegt auf der Hand, besonders dann, wenn das Versprochene nicht eingelöst wird.

Wenn Sie als Mitarbeiter den Eindruck haben, dass jeder Versuch, sich bei Ihrem Arbeitgeber weiterzuentwickeln, blockiert wird und die viel besungene Karriereleiter verschwunden ist, dann sollten Sie Ihre Interessen selbst in die Hand nehmen, anstatt aus falschverstandener Loyalität Ihre weitere Entwicklung passiv auszusitzen. Diese aktive Strategie ist zweifellos die bessere.


Autor

Albrecht von Bonin
avb Management Consulting
www.avb-consulting.de
VON BONIN + PARTNER Personalberatung
www.von-bonin.de


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Tariflöhne sind im laufenden Jahr in Deutschland kaum noch stärker gestiegen als die Verbraucherpreise. Im vergangenen Jahr hatten sich die Reallöhne und damit die Kaufkraft der Beschäftigten noch um 3,1 Prozent gesteigert. 

Neue BIBB-Zahlen zeigen: Das Gastgewerbe trotzt dem bundesweiten Rückgang bei Ausbildungsverträgen weitgehend. Während die Gesamtzahlen sinken, verzeichnen die zweijährigen Berufe im Gastgewerbe starke Zuwächse. Die Hotelberufe hingegen leiden weiterhin unter deutlichen Einbrüchen.

Der Begriff «Insolvenz» kann schon mal Panik auslösen. Insbesondere, wenn es den eigenen Arbeitgeber betrifft. Ruth Rigol, Fachanwältin für Arbeits- und Insolvenzrecht, und Guadalupe Florenin von der Bundesagentur für Arbeit, beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema Insolvenz des Arbeitgebers.

Das Leben ist zunehmend stressig - davon sind viele Menschen überzeugt. Und nicht nur der Stress wächst, sondern laut Daten einer Krankenkasse auch die Zahl der Fehltage wegen der Diagnose Burnout.

Die Österreichische Hotelvereinigung hat die größte Praktikums-Umfrage der Branche durchgeführt. Mehr als 1.200 Schüler nahmen an der Befragung teil, die bereits zum vierten Mal stattfand. Die Ergebnisse für das Jahr 2025 zeigen gute Bewertungen für die Praktikumsbetriebe. Optimierungspotenzial sehen die Schüler bei Kommunikation und Dienstzeiten.

Die Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in den Kategorien Hotellerie und Gastronomie zeigen, wie ökologische und soziale Verantwortung in der Praxis umgesetzt werden kann. Das Hotel Luise in Erlangen und die Obermühle Görlitz werden für ihren Einsatz für Kreislaufwirtschaft, faire Arbeitsbedingungen und regionale, umweltschonende Konzepte gewürdigt.

Die Krise in der Wirtschaft hinterlässt deutliche Spuren auf dem Ausbildungsmarkt. Die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge ist in diesem Jahr auf rund 476.000 zurückgegangen, ist war der zweite Rückgang in Folge.

Die Bereitschaft von Fachkräften in Deutschland, während der Weihnachtsfeiertage und des Jahreswechsels für dienstliche Anfragen erreichbar zu sein, hat einen neuen Tiefstand erreicht. Insgesamt haben 71 Prozent der Berufstätigen über die Feiertage Urlaub.

Die wirtschaftspolitischen Verwerfungen treffen die Unternehmen in Deutschland weiter hart. Bonitäts-Schlusslicht bleibt das Gastgewerbe. Auch wenn sich die Lage seit Corona leicht gebessert hat, bleibt die Kreditwürdigkeit bei Gastronomen deutlich eingeschränkt.

Das kommende Jahr 2026 bringt für Unternehmen in Deutschland im Durchschnitt 2,4 Arbeitstage mehr als das laufende Jahr 2025. Dies teilt das Statistische Bundesamt mit. Bundesweit wird die durchschnittliche Zahl der Arbeitstage 250,5 erreichen.