Für wen die Steuerklassen I bis VI gedacht sind

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Zwei Kollegen können vor Abzug der Steuern gleich viel verdienen. Wie viel des Bruttos der Arbeitgeber ihnen jeden Monat auf das Konto überweist, kann sich trotzdem unterscheiden. Grund dafür sind die Steuerklassen. Sechs davon gibt es, meist werden sie mit römischen Ziffern ausgewiesen. «Die Steuerklassen bestimmen, wie viel Lohnsteuer vom Bruttolohn abgezogen wird», sagt Steuerfachmann Jörg Leine vom Finanzratgeber Finanztip. «Sie entscheiden also darüber, wie hoch der Nettolohn ausfällt.»

Mit der Lohnsteuer greift der Fiskus auf Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit zu. Angestellte müssen sie als Vorabzahlung für die Einkommensteuer zahlen. Die Einordnung in verschiedene Steuerklassen soll erreichen, dass diese Vorabzahlung möglichst genau dem entspricht, was an Steuer fällig wird.

«Dabei richtet sich die Steuerklasse in erster Linie nach dem Familienstand», sagt Claudia Kalina-Kerschbaum, Geschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer. «Zudem werden durch die verschiedenen Steuerklassen Frei- und Pauschbeträge bereits abgezogen.»

Welcher Steuerklasse jemand zugeordnet wird, ist in der Regel gesetzlich vorgegeben. Lediglich Verheiratete haben die Wahl und können die Kombination ihrer Steuerklassen festlegen.

Steuerklasse I

Dieser Steuerklasse waren 2018 rund 22 Millionen Menschen zugeordnet, zeigt die Datensammlung zur Steuerpolitik des Bundesfinanzministeriums. Dort landet automatisch jeder Arbeitnehmer oder jede Arbeitnehmerin, die single oder geschieden ist und keine Kinder hat.

Bei der Berechnung des Nettolohns berücksichtigt der Arbeitgeber einen jährlichen steuerlichen Grundfreibetrag von aktuell 10 908 Euro, einen Arbeitnehmerpauschbetrag von 1230 Euro und den Sonderausgabenpauschbetrag von 36 Euro. Nach Abzug der Freibeträge wird dann die fällige Lohnsteuer ermittelt. Nach Berechnungen von Finanztip beträgt die bei einem Bruttoeinkommen von monatlich 3000 Euro rund 341 Euro.

Steuerklasse II

Das ist die Steuerklasse der Alleinerziehenden. Wer also zum Beispiel getrennt lebt und ein Kind hat, für das Kindergeld fließt, kann in diese Steuerklasse wechseln. Sie berücksichtigt einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, der in diesem Jahr auf 4260 Euro angehoben worden ist. Dieser Betrag kommt noch auf die Freibeträge der Steuerklasse I drauf.

«Alleinerziehende haben so bei einem Kind rund 100 Euro netto mehr im Monat auf dem Konto», rechnet Leine für das obige Beispiel vor. Davon profitieren derzeit rund eine Million Steuerpflichtige, die meisten davon sind Frauen.

Den Wechsel in diese Steuerklasse müssen Alleinerziehende zum Beispiel nach einer Trennung selbst beantragen. «Wer das vergisst, bekommt das Geld später bei der Steuererklärung zurück», sagt Leine. «Aber erst mal hat man netto dann weniger raus.»

Steuerklasse IV

Nach dem Ja-Wort werden verheiratete oder verpartnerte Paare automatisch in diese Steuerklasse eingeordnet. Die Freibeträge sind die gleichen wie in Steuerklasse I. Das biete sich besonders für Paare an, bei denen beide Partner in etwa gleich viel verdienen, sagt Kalina-Kerschbaum. Die Partner werden in der Steuerklasse IV gleich besteuert.

«Zusätzlich zur Steuerklassenkombination IV/IV besteht die Möglichkeit, diese mit Faktor zu wählen», sagt Kalina Kerschbaum. «Der Faktor ist ein steuermindernder Multiplikator und ermöglicht, für beide das günstigere Ehegattensplitting anzuwenden. Dadurch behält der Fiskus nicht mehr Lohnsteuer ein als unbedingt notwendig.»

Beim Ehegattensplitting werden bei einer gemeinsamen Steuererklärung beide Einkommen zusammengerechnet, durch zwei geteilt und dann besteuert. In der Regel fällt die Last dadurch niedriger aus. Mit dem Faktor wird versucht, die Steuern schon vor der Steuererklärung auf beide Partner möglichst gleich aufzuteilen. Der mit dem niedrigeren Einkommen hat dadurch netto mehr auf dem Konto als ohne Faktor. Steuerzahler müssen den Faktor beim Finanzamt beantragen. Er gilt für zwei Jahre.

Steuerklassen III und V

Die meisten Paare wählen laut Statistik aber lieber die Steuerklassen-Kombination III und V. Das ist erlaubt, sofern die Ehe- oder Lebenspartner nicht dauerhaft getrennt leben. Wichtig dabei: Das Paar muss sich entscheiden, wer welche von diesen beiden Klassen nimmt.

Der Anreiz für diese Kombination ist der Vorteil der Steuerklasse III. Dort greift der doppelte Grundfreibetrag. Finanztip-Berechnungen zufolge fällt dann erst ab einem Bruttomonatseinkommen von rund 2400 Euro überhaupt Lohnsteuer an.

Den Preis dafür zahlt der Partner in Steuerklasse V. Dieser hat nämlich kaum Freibeträge und deshalb vergleichsweise hohe Abzüge. In unserem Beispiel wären das 643 Euro Lohnsteuer im Monat.

Das habe vor allem Vorteile bei Paaren mit unterschiedlich hohem Einkommen, so Kalina-Kerschbaum: «Der Ehegatte, der Lebenspartner beziehungsweise die Lebenspartnerin mit dem geringen Einkommen wählt die ungünstigere Steuerklasse V, während das hohe Einkommen des anderen in der Steuerklasse III geringer besteuert wird.» Insgesamt hat ein solches Paar dadurch jeden Monat mehr auf dem Konto als wenn beide die Steuerklasse IV wählen.

Allerdings sind die Steuerklassen III und V nach dem Willen der Bundesregierung ein Auslaufmodell. Das Bundesfinanzministerium arbeitet an einem Gesetz, um die beiden Steuerklassen abzuschaffen. So soll die Lohnsteuerbelastung der beiden Partner gerechter verteilt werden.

Steuerklasse VI

Wer mehr als einen Job hat, landet mit dem zweiten automatisch in dieser Steuerklasse - zumindest solange es sich nicht um einen Minijob handelt. Freibeträge gelten hier keine, deshalb fällt bereits ab dem ersten Euro Verdienst die Lohnsteuer an.

Aber: Beschäftigte können frei wählen, welcher der beiden Jobs der Steuerklasse VI zugeordnet werden soll. Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe rät Beschäftigen, diese für den Job mit dem niedrigeren Einkommen zu wählen.

Abgerechnet wird erst zum Schluss

Egal welche Steuerklasse auf dem Lohnzettel steht: Abgerechnet wird erst mit Abgabe der Steuererklärung. «Die Höhe der insgesamt fälligen Einkommensteuer richtet sich nach dem gesamten Einkommen», sagt Jörg Leine. «Dadurch kann es sein, dass zum Beispiel ein Ehepaar durch sein Steuerklassen-Modell zu wenig Lohnsteuer gezahlt hat», erklärt Leine. Es müsste dann also nach Ablauf des Jahres Steuern nachzahlen.

Wer dagegen mit seinem Zweitjob in Steuerklasse VI landet, kann sich mit einer Steuererklärung einiges von der gezahlten Lohnsteuer zurückholen. Beide Einkommen werden zusammengerechnet und dann Bilanz gezogen.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Bürgerinnen und Bürger in München haben in einem Bürgerentscheid mit deutlicher Mehrheit für eine Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele der Jahre 2036, 2040 oder 2044 votiert. Mit einem vorläufigen Endergebnis von 66,4 Prozent der Stimmen unterstützte eine klare Zwei-Drittel-Mehrheit die Initiative.

Der Arbeitsmarkt braucht Fachkräfte und bei Frauen schlummern Potenziale. Eine Maßnahme der Bundesregierung wäre nach wissenschaftlicher Einschätzung aber vor allem auf Männer gerichtet.

Die Mehrheit der Deutschen bezahlt nicht mehr bar. Eine aktuelle Studie enthüllt die Präferenzen an der Kasse und zeigt ein gesteigertes Interesse an unabhängigen, europäischen Bezahlsystemen.

Der Siegeszug der Teigtasche um die Welt brachte viele Namen hervor. Jede Region hat ihre eigenen Varianten - doch nicht immer ist klar, was sich hinter den Namen verbirgt. Ein kleiner Überblick.

Über Sinn und Zweck der Zeitumstellung wird wohl seit Bestehen gestritten. Trotz vieler Kritiker und negativer Umfragen bleibt es aber vorerst dabei. Oder kann ein Vorstoß aus dem Süden etwas ändern?

Rheinland-Pfalz ist in der Gunst der Touristen weiter gestiegen. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Landesamtes in Bad Ems stieg die Zahl der Gäste von Januar bis August 2025 auf knapp sechs Millionen. Im Ahrtal wirkt jedoch die Flutkatastrophe nach.

In Hamburg arbeitete 2024 mehr als ein Drittel der Beschäftigten mindestens einmal pro Woche im Homeoffice – bundesweit der Spitzenwert. Wie schneiden andere Bundesländer ab?

Das Statistische Bundesamt hat anlässlich des Weltnudeltags am 25. Oktober aktuelle Daten zum Import und zur Produktion von Nudeln in Deutschland veröffentlicht. Demnach erreichten die Nudelimporte im Jahr 2024 einen neuen Höchststand.

Die Urlaubsplanung entpuppt sich für viele Eltern als Stressfaktor. Eine repräsentative Umfrage verdeutlicht die hohe mentale Belastung, die insbesondere Mütter tragen, und zeigt die größten Belastungsquellen auf.

Die wirtschaftliche Lage im deutschen Gastgewerbe verschärfte sich zum Ende des Sommers 2025 signifikant. Sowohl das Statistische Bundesamt für den August als auch die DATEV für den September dokumentierten einen klaren Abwärtstrend, der sich nicht nur im Umsatz, sondern auch in der Beschäftigung niederschlägt.