«Gefangen» im Job: Unliebsamen Kollegen richtig begegnen

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Lange hatten qualifizierte Arbeitnehmer viele Optionen, wenn sie auf der Suche nach einer neuen Stelle waren. Dann kam Corona: Die Bereitschaft den Arbeitsplatz zu wechseln ist nun eher gering. Auch wer mit Führungskräften oder Kolleginnen und Kollegen nicht klarkommt, ist jetzt womöglich für längere Zeit an den Arbeitsplatz gebunden.

«Wer nicht leiden will, muss Wege finden, mit den anderen auszukommen», stellt Martin Wehrle klar. Der beste Weg, andere zu verändern, sei aber, das eigene Verhalten zu verändern, so der Karriereberater und Buch-Autor.

Wehrle nennt ein Beispiel: «Jeden Morgen, wenn ich ins Büro komme, quatscht mich eine Selbstdarstellerin voll. Aus Freundlichkeit höre ich mir alles an und nicke.» Statt das auch künftig einfach hinzunehmen, sollte man lernen, Grenzen zu setzen. Der Karriereberater schlägt als Reaktion vor: «Ich merke, dass meine Konzentration abdriftet. Ich würde jetzt gern mit der Arbeit weitermachen.»

Keine Angriffe, sondern Feedback

Grundsätzlich sei es wichtig, das Gegenüber nicht anzugreifen, sondern Rückmeldungen zu geben. Beschäftigte sollten im besten Fall formulieren, was sie beobachten, was sie fühlen, was ihr Bedürfnis ist und was sie sich von ihrem Gegenüber wünschen.

Wehrle erläutert genauer: «Es macht einen himmelweiten Unterschied, ob man sagt: «Du gehst mir auf den Geist, du bist immer unpünktlich!» oder «Ich beobachte, dass du zum dritten Mal diese Woche fünf Minuten zu spät zum Meeting kommst. Ich fühle mich dadurch aus dem Gespräch gerissen. Es ist mir wichtig, dass wir von Anfang an konzentriert und vollzählig im Gespräch sind. Darum bitte ich dich: Sei künftig pünktlich.»

Mit Bedenkenträger und Trotzkopf im Job umgehen

Seit der Lockerung der coronabedingten Beschränkungen, kommen auch an vielen Arbeitsplätzen wieder mehr Menschen zusammen. Und die gehen ganz unterschiedlich mit der Situation um. Was sagt man Kolleginnen und Kollegen, die viele Bedenken haben? Und wie handhabt man es am besten, wenn jemand absolut keinen Wert auf die neuen Hygieneregeln zu legen zu scheint?

«Der größte Fehler im Umgang mit ängstlichen Menschen ist, sie zu beschwichtigen», findet Martin Wehrle, Karriereberater und Buch-Autor. Wer auf Sorgen mit einem «Jetzt übertreib' das Risiko mal nicht, und gib' dir einen Ruck» reagiert, löst seiner Einschätzung nach das Problem nicht. «Jede Angst, die eine Person äußert, gleicht einem Paket, das sie zustellen möchte: Solange man es ihr nicht abnimmt, probiert sie es immer wieder», so Wehrle.

Diese Schleife in der Kommunikation könne man aber unterbrechen, indem man die Sorge des Gegenübers in eigenen Worten wiederholt - und dann einen Vorschlag macht, wie zum Beispiel ein gemeinsames Mittagessen sicherer verlaufen kann, etwa durch mehr Abstand oder kleinere Gruppen am Tisch. Dann fühle sich der Kollege oder die Kollegin ernst genommen und verlasse den Angstmodus.

Bedenkenlose Trotzköpfe: Autonomie wahren

Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die sich nicht allzu viele Sorgen machen - und für andere vielleicht zu bedenkenlos mit den Hygieneregeln im Betrieb umgehen. Wehrle nennt sie «Trotzköpfe», und beschreibt sie als passiv-aggressive Menschen, die sich ungern Autoritäten fügen.

Hier könne es helfen, die destruktive Energie in konstruktive zu verwandeln: «Mach mal einen Vorschlag, welche Regeln jetzt richtig wären?» Sobald ein Trotzkopf mitreden und damit seine Autonomie wahren kann, lasse er sich handhaben, erklärt Wehrle.

Er rät, den Personen möglichst keine Vorschriften zu machen - sondern sie unter verschiedenen Möglichkeiten auswählen zu lassen. Das könne etwa so aussehen: «Entweder 1,50 Meter Abstand. Oder Mundschutz. Oder Einzelbüro.» Es gehe nie um die Sache an sich, sondern um den Verlust der Autonomie.

Schwieriges Verhalten nicht persönlich nehmen

Wer Schwierigkeiten hat, mit überängstlichen oder laxen Kollegen zusammenzuarbeiten, sollte eine Regel beachten: «Denken Sie immer daran, dass nicht Sie das Problem haben, sondern der andere.» Der Karriereberater empfiehlt, sich etwa nicht von der schlechten Laune der Schwarzmaler anstecken zu lassen. «Und nehmen Sie Hinweise des Perfektionisten, etwa dass Sie sich heute schon zum dritten Mal ins Gesicht gefasst haben, nicht persönlich.»

Solche Menschen würden ein Bedürfnis ausdrücken, das ihnen wichtig ist. «Der Schwarzmaler hat Angst. Und der Perfektionist fürchtet Fehler. Niemand verhält sich schwierig, nur um anderen zu schaden.»

Mit Gelassenheit und innerer Distanz

Wer Schwierigkeiten hat, im Kreis der Mitarbeiter gelassen zu bleiben, sollte sie wie Schauspieler auf einer Bühne betrachten. «Wenn ein Machtmensch ausflippt, können Sie zum Beispiel denken: 'Wie spannend! Jetzt tanzt er wie Rumpelstilzchen. Und er hat sogar Schaum vor dem Mund, wirklich kurios!'» Diese innerliche Distanz zu wahren, gelinge wenn man sich bewusst macht, dass schwieriges Verhalten oft ganz willkürlich auftritt.

Nicht zuletzt sollte man sich auch selbstkritisch fragen: Womit nerve ich meine Kollegen im Moment? Zum Beispiel könne es passieren, dass man als Elternteil zu viel über die aktuellen Erziehungssorgen spricht, so Wehrle. Oder als ängstlicher Mensch zu viele Sorgen äußert. «Wer das erkennt, kann gegensteuern.» (dpa)


 

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