Generationen-Mythen im Job: Forscher widerlegen gängige Klischees

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Sozialforscher und Arbeitsmarktexperten stellen die gängigen Narrative vom unüberbrückbaren Generationenkonflikt auf dem Arbeitsmarkt infrage. Während in der öffentlichen Wahrnehmung oft von tiefen Gräben und gegensätzlichen Werten zwischen der älteren und jüngeren Belegschaft – etwa den Baby Boomern und der Gen Z – die Rede ist, zeigen diverse Statistiken und Studien ein überraschend anderes Bild. Entgegen verbreiteter Vorurteile legen Forscher dar, dass sich die Generationen in ihrem Engagement, ihren Wünschen zur Arbeitszeit und vor allem in ihren zentralen beruflichen Werten oft ähnlicher sind als gedacht. Die Realität am Arbeitsplatz entlarvt viele der populären Klischees als hartnäckige Mythen, was neue Perspektiven für die Zusammenarbeit in altersgemischten Teams eröffnet.

Derzeit treffen vier Generationen auf dem Arbeitsmarkt aufeinander: Die Baby Boomer, die allmählich in Rente gehen, sowie die Generationen X, Y und Z. «Plakativ wird meist von einem Konflikt zwischen Baby Boomern und Gen Z gesprochen», sagt der Sozialforscher Kilian Hampel von der Universität Konstanz. Wer zur «Gen Z» zählt, ist zwischen 1995 und 2009 geboren.

Daten entkräften gängige Vorurteile

«Das sind natürlich unterschiedliche Lebensphasen und Arbeitsstile, die da aufeinandertreffen», sagt Timon Hellwagner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Von einem Konflikt könne jedoch nicht die Rede sein, wie diverse Statistiken zeigten. Zum Beispiel lasse sich das Vorurteil, die «Gen Z» sei faul und nicht arbeitswillig, leicht widerlegen. 

So ist Hellwagner zufolge der Anteil der jungen Menschen zwischen 20 und 24 Jahren, die sich aktiv am Arbeitsmarkt beteiligen, zuletzt deutlich gestiegen - und zwar um sechs Prozentpunkte zwischen 2015 und 2023. Das heißt, drei von vier Personen in dieser Altersgruppe beteiligen sich aktiv am Arbeitsmarkt. «So einen hohen Wert hat es zuletzt Mitte der 1990er Jahre gegeben», erklärt Hellwagner. 

Die Realität hinter den Klischees

Ein weiteres Klischee: Die Jungen hätten am liebsten eine Vier-Tage-Woche aus dem Homeoffice bei vollem 40-Stunden-Gehalt. Auch das widerlegt die Statistik. Vielmehr zeigt sich: Die Generationen sind sich hier erstaunlich einig. Unter den Beschäftigten aller Altersgruppen nimmt die gewünschte Arbeitszeit tendenziell ab, so Hellwagner. Ein geringeres Engagement der Jüngeren lasse sich also nicht bestätigen. Zudem wurden laut Hampel zuletzt von allen Altersgruppen so viele Überstunden geleistet wie noch nie.

Dazu kommt Hampel zufolge: Junge und Ältere haben laut Studien identische Ziele oder Werte für ihre berufliche Tätigkeit. Dazu zählen eine gute Atmosphäre im Team, Sicherheit, Führung und eine ausgewogene Balance von Job und Freizeit. Auch flexibles Arbeiten und Homeoffice sind allen wichtig. «Das ist keine Frage des Alters», sagt Hampel.

Oft wird der «Generation Z» mangelnde Loyalität zugeschrieben – begründet mit ihren vielen Jobwechseln. Aber: «In den vergangenen 20 Jahren ist die Häufigkeit, wie oft junge Menschen den Job wechseln, vergleichsweise stabil geblieben», sagt Hellwagner. Allerdings sei es seit jeher üblich, dass Jüngere ihre beruflichen Stationen häufiger verändern als Ältere.

Auch die Baby Boomer haben einmal rebelliert

Am ehesten ließen sich noch im Digitalen Unterschiede ausmachen, so Hampel. Klar, die Jüngeren sind mit unterschiedlichsten Medien und Devices aufgewachsen, die Älteren nicht. Das zeige sich vor allem in Branchen wie IT, Produktion oder der Automobilindustrie, die gerade in einer größeren Transformation stecke. «Die Jüngeren wollen kreativ denken, anpacken, die Älteren das Bewährte erhalten», sagt Hampel. «Das war aber auch schon immer so.»

Hampel ist generell kein Freund der Generationenbegriffe. «Man teilt Menschen aufgrund ihres Geburtsjahrgangs in Gruppen ein, obwohl sie sich teils gar nicht so stark voneinander unterscheiden», sagt der Mitautor der Trendstudie «Jugend in Deutschland». Schließlich waren auch die Baby Boomer einmal diejenigen, die gegen die Älteren rebelliert haben, alles anders machen wollten und denen unterstellt wurde, zu wenig zu arbeiten. 

Was bedeuten diese Erkenntnisse für die Praxis? Wenn sich die vermeintlichen Generationskonflikte statistisch nicht belegen lassen, woher kommen dann die Reibungen im Arbeitsalltag - und wie geht man damit um?

Was Teams wirklich zusammenhält

Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Unternehmenskultur. Betriebe, die Vielfalt fördern und verschiedene Arbeitsstile wertschätzen, erleben seltener Generationskonflikte.

Hampel empfiehlt, Möglichkeiten zu schaffen, in denen Jung und Alt zusammenfinden können. «Um Vorurteile abzubauen, kann es helfen, sich gegenseitig zuzuhören und sich nicht nur mit Gleichgesinnten zu umgeben», sagt Hampel. 

Es sollten möglichst offene Gesprächsrunden sein, in denen alle Beteiligten sich bewusst werden können, wofür die jeweils anderen stehen. Dabei sei Reibung und Streit nicht unbedingt negativ zu bewerten, im Gegenteil. «Das muss aber von der Führungskraft gut moderiert werden, sie sollte den Überblick behalten und bei zu großen Konflikten eingreifen», sagt Hampel. 

Gemeinsame Werte statt Generationengräben

In solchen Gesprächen helfe es, aus der eigenen Perspektive zu analysieren, was einem selbst bei der Arbeit wichtig ist, um das mit den Kollegen und Kolleginnen abzugleichen. «Vielleicht lässt sich so erkennen, dass man ähnlicher ist, als man eigentlich denkt, und muss keine Schuld zuweisen», meint Hampel.

Am besten und effektivsten arbeiten altersdiverse Teams, die aus den Erfahrungen der älteren Kollegen und Kolleginnen schöpfen, aber auch neue Ideen und Anregungen der Jüngeren einbeziehen. «Oft fehlt dafür leider die Zeit», weiß Hampel. «Altersdiverse Teams brauchen länger, sind aber langfristig produktiver und kreativer.»

Das Fazit: Die meisten vermeintlichen Generationskonflikte entpuppen sich bei genauer Betrachtung als normale Arbeitsplatzreibungen, die wenig mit dem Alter zu tun haben. Wer das erkennt, kann gezielter an den wirklichen Ursachen arbeiten - und dabei von der Vielfalt der Perspektiven profitieren. (mit dpa)


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