Manager sind in der Regel voll auf ihren Job fokussiert. Wenn es aber um das „Marketing in eigener Sache“ geht, sind die meisten schwach aufgestellt. Wie kann man es im Vorstellungsgespräch mit geschickter Kommunikation aufs Siegertreppchen schaffen.
Nach 16 Jahren in einer Hotel Company tritt für Christoph erstmals eine Situation ein, die er bisher nicht kennen gelernt hatte. Durch Umstrukturierung entfiel seine Position. Emotional folgte der Absturz in ein tiefes schwarzes Loch. Enttäuschung, gekränkte Eitelkeit, Machtentzug. Und mehr noch: Plötzlich musste er entdecken, dass er – in Alter von 52 Jahren - sein SelbstMarketing sträflich vernachlässig hatte. Ergebnisse zu erzielen, die Interessen des Unternehmens zu vertreten, Verantwortung tragen – ja. All das war ihm immer wichtig gewesen.
Hättest Du geschwiegen…
Das erste Bewerbungsgespräch war ein Graus für ihn. Obwohl er sich – wie er meinte – perfekt vorbereitet hatte, ertappte er sich dabei, pausenlos und ohne Struktur zu reden, nicht auf den Punkt zu kommen und am Ende die wesentliche Frage nicht beantwortet zu haben: „Warum bin ich der Richtige für den Job“.
Nicht selten neigen Führungskräfte dazu, wie ein schlechter Verkäufer, ihr Gegenüber nach dem Prinzip „Vom Hölzchen aufs Stöckchen“ mit Informationen zu überschütten. Ein Kardinalsfehler. „Hättest Du geschwiegen, wärest Du ein Philosoph geblieben“, sagt ein lateinisches Sprichwort. Zugegeben - es ist nach dem Gesetz der Schwerkraft einfacher, den Mund zu öffnen, als ihn zu schließen. Welch treffende Feststellung, die besonders Bewerber nachdenklich stimmen sollte! Der Schriftsteller Gottfried Keller legt noch einen nach:
"Mehr zu hören und als zu reden, solches lehrt uns die Natur. Sie versah uns mit zwei Ohren, doch mit einem Munde nur."
Konzentration auf das Wesentliche – Fokussierung auf das Gegenüber - zuhören, beobachten, fragen. Warum fällt das so schwer? Ein Grund mag darin liegen, dass wir es weder in der Schule noch an Universitäten lernen. Wir lernen zu sprechen, uns besonders vor Gruppen korrekt auszudrücken. Doch die Rücksicht auf den wirklichen Informationsbedarf unserer Zuhörer lernen wir nicht. Viele Bewerber meinen, durch viele Informationen über sich den Job zu bekommen, statt sich auf den tatsächlichen Informationsbedarf des Gesprächspartners zu beschränken.
Über den Autor Albrecht von Bonin
Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.
Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.
Sprache als Mittel der Führung
Hier zeigt sich, dass Kommunikation nicht nur ein Mittel zum Zweck ist, sondern ein Werkzeug, um Einfluss zu nehmen und zu steuern. Und genau das erwarten wir doch von Führungskräften, oder? Nur wer komplexe Zusammenhänge durchdringt, kann sie auf das Wesentliche komprimieren. Wer in der Lage ist, sich kurzzufassen und dennoch das Gleiche zu vermitteln wie jemand, der ausschweifende Reden hält, wird die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer erreichen. Sprache wird so zum Mittel der Führung – im direkten Austausch und durch die Wirkung, die sie langfristig entfaltet. Das Ergebnis: Vertrauen, das einem andere entgegenbringen, aber auch die Leichtigkeit, mit der eine Führungskraft komplexe Themen präzise vermitteln kann. Zielgerichtete Kommunikation zeigt sich also nicht in der Länge von Gesprächen, sondern in ihrer Wirksamkeit. Wer das versteht, kommuniziert nicht nur – er gestaltet.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für jedes Vorstellungsgespräch? Ihr Gegenüber fühlt sich durch den nicht endenden Monolog des Bewerbers überfordert bzw. gelangweilt und schaltet geistig ab. Es findet kein richtiger Vertrauensaufbau statt. Weil Sie nur „Sender“ sind, erfahren Sie nichts, sondern können die Reaktionen Ihrer Gesprächspartner nur interpretieren. Daraus entstehen Missverständnisse. Schnell entsteht der Eindruck der „Quasselstrippe“. Das kostet Sympathie.
In meinen Interviews beobachte ich: Die gleichen Menschen, die im Alltag vor Heerscharen von Mitarbeitern, Aktionären, Kunden eine brillante Performance zeigen, klare Anweisungen geben, Ziele präzise definieren, versagen im eigenen Vorstellungsinterview kläglich. Hier ist gute Vorbereitung hilfreich. Dabei geht es vorrangig um Antworten auf zwei Fragen: Welche Informationen über mich sind wirklich entscheidungsrelevant für den Interviewer? Und: Welche Fragen habe ich zum neuen Arbeitgeber und zur neuen Position?
Das 4 K-Prinzip kann helfen
Um sich nicht selbst der Gefahr auszusetzen, zu viel und ohne Struktur zu reden, entwickeln Sie am besten Ihren eigenen Gesprächsleitfaden nach dem 4 K Prinzip: Völlig losgelöst von der Chronologie Ihres Lebenslaufs (von…bis…bei…als…) beschreiben Sie anhand von Praxisbeispielen Ihre Kenntnisse, Erfahrungen, erzielten Ergebnisse in den vier wichtigsten Kompetenzfeldern (4 K), die von einer Führungskraft erwartet werden:
1. Fachliche Kompetenz (Welche relevanten Aufgaben, Fachkenntnisse, Verantwortlichkeiten, Erfahrungen bringe ich mit?)
2. Führungskompetenz (Wie viele Mitarbeiter habe ich geführt, wie habe ich konkrete Führungsaufgaben, Konflikte im Team gelöst?)
3. Betriebswirtschaftliche / Kommerzielle Kompetenz (Welche konkreten Ergebnisse habe ich erzielt? Mit welchen Kennzahlen steuere ich?)
4. Persönliche und Soziale Kompetenz (Wie ticke ich außerhalb des Berufes? Familie, Interessen, möglicher Wohnortwechsel etc.)
Sie unterscheiden sich damit von anderen 08/15-Bewerbern, die einfach ihren Lebenslauf herunterbeten (den das Gegenüber als Interview-Profi ohnehin schon vorher gelesen hatte). Sie beschränken sich stattdessen auf das Wesentliche und die Entscheidungsparameter Ihres Gegenübers. Dabei verzichten Sie zunächst auf ausführliche Details. Sie zeigen damit, dass Sie Prioritäten setzen. So animieren Sie den Interviewer, Fragen zu stellen, wenn er etwas genauer wissen will. Dann erst liefern Sie Details. So entsteht aus Ihrem kurzen Monolog ein lebendiger Dialog. Damit signalisieren Sie nicht zuletzt auch Empathie („Deine Fragen sind mir wichtig“). Sie kommen stets kurz und knapp auf den Punkt – ohne Abschweifungen. Ihr Vorteil: An den Fragen der Interviewers erkennen Sie: Was ist für ihn von Bedeutung? Wie fragt er? Hat das Gespräch Inquisitionscharakter oder ist es ein partnerschaftlicher Dialog? So wie er Sie im Interview behandelt, so wird man später auch am Arbeitsplatz mit Ihnen umgehen.
Kuchen - statt Krümel-Fragen
Weiter im Rollenspiel: Wenn Sie den ersten Informationsbedarf Ihres Gegenübers gedeckt haben, drehen Sie den Spieß um. Getreu dem Motto „Ein Bewerber ohne Fragen ist ein schlechter Bewerber“ signalisieren Sie nun mit Ihren Fragen, was Sie für wesentlich halten – Ihre neuen Aufgaben, Kompetenzen, Ihre Verantwortung, die Erwartungen an den neuen Stelleninhaber, die besonderen Knackpunkte der Position. Die Devise lautet: „Kuchen-Fragen statt Krümel-Fragen“ (nicht Fragen nach Arbeitszeit, Altersversorgung, Essensmarken, Firmenparkplatz, sondern nach den erwarteten Ergebnissen in der neuen Position, Verantwortung wofür? Woran wird Erfolg gemessen?). Auch unbequeme Fragen sind erlaubt. „Was sind die dringlichsten Probleme, die ich lösen soll?“ Sie zeigen damit, dass Sie nicht naiv oder konfliktscheu sind.
Versuchen Sie immer wieder, das Gespräch als Dialog zu gestalten, nicht als Monolog der Selbstbeweihräucherung. Ist Ihnen das gelungen, sind Sie Ihrem Ziel schon ein ganzes Stück näher gerückt. Bedenken Sie: „You’ll never get a second chance for the first impression“. Üben lohnt sich. Mit der erworbenen Sicherheit steigen Ihre Erfolgschancen für das nächste Vorstellungsgespräch. Wetten, dass?
Autor
Albrecht von Bonin
VON BONIN + PARTNER Personalberatung
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