Letzte Warnung? Was Mitarbeiter zur Abmahnung wissen sollten

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Wer sich im Job etwas zuschulden kommen lässt, erhält vom Arbeitgeber womöglich eine Abmahnung. Der Schreck ist dann oft groß, denn die Abmahnung kann der erste Schritt zu einer Kündigung sein.

Doch die rechtlichen Hürden dafür sind hoch. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was sind Ziel und Zweck einer Abmahnung?

Die Abmahnung erfüllt drei wesentliche Funktionen. Sie weist auf eine verletzte Vertragspflicht hin, rügt dieses Fehlverhalten und warnt vor den Folgen. Die abgemahnte Person erhalte mit diesen Schritten die Gelegenheit, ihr Verhalten zu ändern, sagt Martin Bauer, Jurist beim Vorstand der IG Metall.

 

Der Arbeitsrechtler sieht die Abmahnung als ein Instrument, mit dem von einer Kündigung erst einmal abgesehen werden kann. Sie dient zunächst als Nachweis, der in der Personalakte erscheint.

Welche Gründe sind für eine Abmahnung zulässig?

Die Gründe müssen immer triftig und konkret sein, sagt Rechtsanwältin Christina Gehrig. Zulässig ist eine Abmahnung etwa bei wiederholt «unentschuldigtem Fehlen, regelmäßig verspätetem Arbeitsbeginn und wenn jemand mehrmals absichtlich seinen Aufgaben nicht nachkommt», so Syndikusanwalt Markus Würstle von der IHK Darmstadt.

Rechtlich angreifbar ist eine Abmahnung hingegen, wenn die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter keine Schuld trifft. Oder wenn sich das Fehlverhalten der persönlichen Kontrolle entzogen hat. Das ist bei einer schweren Suchterkrankung der Fall, wie Alkoholabhängigkeit. Darüber hinaus könne der Anlass zu trivial für eine Abmahnung sein, etwa bei «Meinungsverschiedenheiten, Empfindlichkeiten oder bloßem Ärger übereinander», sagt Martin Bauer von der IG Metall.

Nach wie vielen Abmahnungen droht die Kündigung?

Rechtliche Grenzen, wie viele Abmahnungen man anhäufen kann, bevor es zur Kündigung kommt, gibt es nicht.

Bei der Frage, wann eine verhaltensbedingte Kündigung zulässig ist, kommt es auf mehrere Faktoren an. Laut Rechtsanwältin Christina Gehrig sind Ziel und Ausmaß des Verstoßes wesentlich. Sie sagt: «Bei schwereren Pflichtverletzungen kann eine Abmahnung bereits für eine Kündigung ausreichen, bei leichten Verstößen sind grundsätzlich mehrere nötig.»

Unter Umständen ist bei Fehlverhalten aber sogar eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich. In der Regel betrifft das schwere arbeitsrechtliche Vergehen wie Diebstahl, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Unterschlagung und Arbeitszeitbetrug.

In welcher Form sollte die Abmahnung erfolgen?

Gesetzliche Vorgaben hierzu gibt es nicht. Theoretisch kann eine Abmahnung also auch mündlich ausgesprochen werden. Die gängigste Form ist allerdings die schriftliche. Von der mündlichen rät Fachanwalt Alexander Bredereck Arbeitgebern ab: «Wenn der Arbeitgeber später kündigt und die Abmahnung verwenden will, muss er den abgemahnten Vertragsverstoß und den Inhalt der Abmahnung beweisen.» Mit einer mündlichen misslinge das regelmäßig, so Bredereck.

Wie sollten Abgemahnte reagieren?

Betroffene haben verschiedene Möglichkeiten zu reagieren. Aus Sicht von Arbeitsrechtsanwalt Alexander Bredereck ist es sinnvoll, die Abmahnung hinzunehmen, wenn «sie inhaltlich zutreffend ist und man im Unternehmen bleiben will».

Empfindet man die Abmahnung als ungerechtfertigt oder enthält sie fehlerhafte Angaben, hat man mehrere Optionen. Rechtsanwältin Christina Gehrig nennt zum einen die schriftliche Gegendarstellung als probates Mittel. «Der Arbeitgeber muss sie zur Personalakte nehmen.»

Zum anderen könne die abgemahnte Person Beschwerde beim Betriebsrat einlegen, falls es einen gibt. Vor allem aber seien Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berechtigt, das zuständige Arbeitsgericht die Abmahnung prüfen zu lassen, so Gehrig. Dazu zählt auch, die Abmahnung mithilfe eines Klageverfahrens aus der Personalakte entfernen zu lassen.

Wie zeitnah muss eine Abmahnung erfolgen?

Der Gesetzgeber sieht keine konkreten Fristen vor. Laut Markus Würstle von der IHK Darmstadt sollte die Abmahnung zeitnah erfolgen, am besten innerhalb weniger Wochen. Fachanwalt Alexander Bredereck spricht von mehreren Monaten, die zwischen dem Vertragsverstoß und der Abmahnung liegen könnten.

Wenn der Arbeitgeber aber zu lange wartet, verwirkt er unter Umständen sein Recht, eine Abmahnung auszusprechen, sagt Bredereck.

Können Abmahnungen verjähren?

Eine Abmahnung verjährt im Arbeitsrecht nicht. Darauf weist das Fachportal Haufe.de hin. Demnach gibt es keinen rechtlich bestimmten Zeitpunkt, zu dem die Abmahnung keine Wirksamkeit mehr entfaltet.

Weil die Abmahnung aber eine Warnfunktion erfüllen muss, verliere sie mit der Zeit ihre Bedeutung - sofern sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum keine weiteren Fehltritte erlauben. Gleiches gilt, wenn das Verhalten, das mit der Abmahnung gerügt wurde, für das Arbeitsverhältnis unbedeutend geworden ist. Entscheidend sind hier die jeweiligen Umstände im Einzelfall.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden in Deutschland hat sich zwischen April 2022 und April 2023 im Zuge der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns verringert. Zuvor hatte sich der Verdienstabstand zwischen April 2018 und April 2022 kaum verändert.

Die Arbeitskosten sind im Gastgewerbe in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das zeige eine Auswertung des Statistischen Bundesamts, wie der DEHOGA Bundesverband berichtet. Zwischen 2019 und 2023 legten die Kosten für eine geleistete Arbeitsstunde im Gastgewerbe um 38,5 Prozent zu.

Die Nachwehen der Corona-Pandemie sind für viele im Gastgewerbe noch immer spürbar, in Deutschland und in weiten Teile Europas. Gegenüber 2015 hat sich die Konkursrate im europäischen Gastgewerbe fast verdoppelt. Das zeigt ein Index für Insolvenzen in Europa, wie der DEHOGA Bundesverband berichtet.

Wer sich nicht gut fühlt, kann sich krankmelden. Ist das Kind krank, gibt es ebenso Regelungen. Doch was machen Beschäftigte, wenn der Partner krank wird, der normalerweise das Kind betreut?

Ob ein laufendes Ermittlungsverfahren oder eine Verurteilung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit: Wäre unangenehm, wenn der Arbeitgeber davon Wind bekommt. Doch darf er deshalb kündigen?

Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland fühlt sich einer Umfrage zufolge bei Hitze während der Arbeit stark belastet. Jeder Fünfte klagt über hitzebedingte Gesundheitsprobleme.

In Filmen ist KI oft der Superschurke, in der Realität wird sie mal als Weltverbesserer mal als Jobkiller gesehen. Zumindest die Angst vor Letzterem ist unter Büroarbeitern aber nicht allzu präsent.

Hinter der Theke oder im Service: Minijobs locken als Nebenverdienst, besonders bei jungen Leuten. Die wichtigsten Rechte von Minijobbern im Überblick.

Deutschland ist nach einer internationalen Umfrage für ausländische Arbeitnehmer nach wie vor attraktiv. In der am Mittwoch veröffentlichten Befragung von 150 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus 188 Ländern liegt Deutschland in der Rangliste der beliebtesten Arbeitsstandorte auf Platz fünf.

Aufgemacht - und schnell wieder abgelegt: Behandeln Sie Ihre Entgeltabrechnung auch eher stiefmütterlich? Wo und warum sich ein genauer Blick oft lohnt.