Nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten in der Privatwirtschaft erhält in diesem Sommer ein Urlaubsgeld. Nach Auswertungen des WSI-Instituts der gewerkschaftlichen Böckler-Stiftung ist der Anteil der Empfänger mit 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erneut zurückgegangen, als noch 46 Prozent festgestellt wurden.
Das Geld wird meist zusammen mit dem Juni- oder Juli-Gehalt ausgezahlt. Für die nicht repräsentative Analyse wurden die freiwilligen Angaben von mehr als 67.000 Beschäftigten von Anfang Mai 2024 bis Ende April 2025 auf dem Internetportal Lohnspiegel.de ausgewertet.
Wer unter Tarifbedingungen arbeitet, hat wesentlich bessere Aussichten auf die Sonderzahlung. Der Auswertung zufolge erhalten in tarifgebundenen Betrieben der Privatwirtschaft 72 Prozent der Befragten Urlaubsgeld, verglichen mit 34 Prozent in Betrieben ohne Tarifvertrag. «Zugleich ist in tarifgebundenen Betrieben in der Regel auch das Grundgehalt höher als ohne Tarifvertrag», sagt der WSI-Lohnexperte Malte Lübker.
Tarifbindung deutlich zurückgegangen
Die Tarifbindung ist seit den 1990er Jahren in Deutschland deutlich zurückgegangen. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gilt nur noch für knapp die Hälfte aller Beschäftigten (49 Prozent) ein Tarifvertrag entweder für den Betriebe oder für die gesamte Branche.
In der Folge erhalten Beschäftigte von Großunternehmen eher Urlaubsgeld als solche von kleinen Unternehmen, die auch seltener tarifgebunden sind. Ebenso ist ein Gefälle zwischen West- und Ostdeutschland sowie zwischen Männern und Frauen zu erkennen.
Wie hoch das tarifliche Urlaubsgeld für die Einzelnen tatsächlich ausfällt, hängt von den genauen Regelungen in den Tarifverträgen ab. Die Spannweite reicht laut WSI von 186 Euro für Landarbeiter in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 2.820 Euro in der Holz- und Kunststoffindustrie im Tarifbezirk Westfalen-Lippe.
Wenig Urlaubsgeld in Landwirtschaft und Gastronomie
Neben der Landwirtschaft ist das Urlaubsgeld auch im Hotel- und Gaststättengewerbe relativ niedrig: In Bayern erhalten Tarifbeschäftigte nicht erhöhte Sätze von 240 Euro extra, in Sachsen sind es 195 Euro. Deutlich höher seien die Sonderzahlungen etwa in der Metallindustrie, in der Druckindustrie, im Kfz-Gewerbe, im Versicherungsgewerbe, im Einzelhandel, im Bauhauptgewerbe und in der chemischen Industrie.
Im öffentlichen Dienst gibt es laut WSI kein gesondertes Urlaubsgeld mehr. Seit 2005 werde es zusammen mit dem Weihnachtsgeld als einheitliche Jahressonderzahlung im November ausgezahlt. Auch im Bankgewerbe und in einigen Branchentarifverträgen der Energiewirtschaft gebe es kein tarifliches Urlaubsgeld. (dpa)