50 Jahre Döner Kebab - Die Entwicklung des «German Döners»

| Gastronomie Gastronomie

Saftig geschnittenes Fleisch, Salat, Tomaten, Zwiebeln und viel Soße im knusprigen Fladenbrot - der klassische Döner Kebab, so wie ihn die meisten Menschen in Deutschland kennen werden. «Tatsächlich ist der Döner Kebab, so wie wir ihn hier kennen, eine Berliner Kreation», sagt der Soziologe und Autor Eberhard Seidel im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.

Das Imbissgericht sei vor 50 Jahren aus dem Zusammenspiel türkischer Einwanderer und der Berliner Mehrheitsgesellschaft entstanden. Seidel beschäftigt sich seit fast 35 Jahren mit der Entwicklung des Döner Kebabs. In diesem März veröffentlichte der 66-Jährige sein Buch «Döner. Eine türkisch-deutsche Kulturgeschichte».

An der Entwicklung des Döner Kebabs seien Hunderte von ehemaligen Gastarbeitern aus der ersten und zweiten Generation beteiligt gewesen. «Sie erschufen etwas Neues, etwas Hybrides, das sich zum beliebtesten Fast Food der Deutschen entwickelte und heute Milliardenumsätze generiert», sagt Seidel.

Bundesweit gibt es laut Seidel rund 18 500 Döner-Imbisse und türkische Restaurants in Deutschland. Mit etwa 1600 Verkaufsstellen sei Berlin die Döner-Metropole. Nach Angaben des 2010 in Berlin gegründeten Vereins Türkischer Dönerhersteller in Europa (ATDID) liegt der Konsum in Deutschland bei etwa 550 Tonnen täglich. Auch für den Export wird demnach etwa die gleiche Menge hier produziert.

Der Geburtsort des «German Döner» sei der Berliner Stadtteil Kreuzberg, sagt Seidel. Vor 50 Jahren sollen hier alle Bedingungen für den Döner Kebab gestimmt haben, um sich zu verbreiten. Wer ihn erfand oder zuerst angeboten habe, ließe sich nicht seriös beantworten, meint Seidel.

Laut dem Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa (ATDID) hat der ehemalige Gastarbeiter Kadir Nurman 1972 den ersten Döner Kebab am Bahnhof Zoo in Berlin verkauft. Es sei allerdings nachgewiesen, dass es den Döner Kebab bereits zuvor in einigen türkischen Restaurants in Deutschland gab, sagt Seidel. Nurman sei sicher nicht der erste gewesen - «trotzdem nimmt er einen wichtigen Platz in der Ahnengalerie der Väter des Döner Kebabs in Deutschland ein».

Eine Erzählung über den Döner Kebab behauptet, er sei als Fladenbrot-Gericht in Berlin erfunden und anschließend in die Türkei reimportiert worden. «Das ist falsch», so Seidel. Den Döner Kebab im Brötchen habe es in der Türkei bereits Mitte der 60er Jahre gegeben. Er sei dort aber nie so populär geworden wie in Deutschland.

«Die Menschen in der Türkei essen nicht so viel auf der Straße oder auf der Hand, die setzen sich lieber hin.» Es sei kein Zufall, dass der Döner Kebab in Berlin so erfolgreich geworden ist. In den 1970er/1980er Jahren stieg die Arbeitslosenzahl in Berlin in die Höhe. «Deshalb gab es eine große Notwendigkeit, sich eine Einnahmequelle zu erschließen», sagt Seidel.

Zusätzlich gab es in Berlin Gesetzgebungen, die Einwanderer aus der Türkei massiv diskriminierten. Der sogenannte Lummer-Erlass, benannt nach dem früheren Innensenator Heinrich Lummer (CDU), erhöhte 1981 den Druck. Gastarbeiter, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst finanzieren konnten, mussten mit Ausweisung rechnen.

«Das war der Grund, warum viele in Berlin Döner-Läden aufmachten», sagt Seidel. «Berlin hatte eine aufgeschlossene bunte Szene, also Studenten, Wehrflüchtige, Klassenkämpfer, Internationalisten und Berufsproleten, die nicht so sehr mit Ressentiments behaftet waren.» Außerdem habe es in Berlin viele Menschen gegeben, die wenig Geld hatten. Aufgrund des sagenhaften Preis-Leistungsverhältnisses seien sie sehr schnell auf den Döner gekommen.

«Gerichte und Küchen entwickeln sich in einem permanenten transnationalen Austausch weiter», sagt Seidel. «Neue und zeitgemäße Interpretationen des klassischen Döner Kebabs» ist auch der Ansatz bei «Kebap with Attitude». «Warum den Döner nicht einfach mal weiterdenken?», dachten sich Deniz Buchholz und Daniel Herbert.

Im Mai 2019 eröffneten die beiden ihren Laden im Berliner Stadtteil Mitte. Eine ihrer bekanntesten Kreationen ist der «Trüffel Delüks». Neben klassischen Döner-Zutaten sind Röstkartoffeln, Granatapfel, Frühlingszwiebeln - und wie der Name bereits verrät - frisch geriebener Trüffel mit Trüffel-Mayonnaise dabei. «Wir holen uns unsere Inspiration aus den multikulturellen Einflüssen in Berlin und stecken immer viel Liebe in unsere Produkte», sagt Buchholz.

Eine weitere interessante Entwicklung des Imbissgerichts bietet das Hotel «Adlon» in Berlin an. Seit August 2018 führt das Luxushotel den «türkischen Klassiker», wie es auf der Speisekarte heißt. Der Edel-Döner im Fladenbrot mit Kalbsrückenstreifen und verfeinert mit Trüffelcreme und Rotkohl kostet 26 Euro - und ist damit der teuerste Döner Deutschlands.

«Davon wird es mehr geben», ist sich Seidel sicher. Der Markt werde diverser, dennoch bleibe der Döner Kebab die Leibspeise für finanziell nicht so gut gestellte Menschen und somit die Möglichkeit, eine vollwertig Mahlzeit für wenig Geld zu bekommen. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Aktuelle Daten von OpenTable beleuchten die Entwicklungen der deutschen Gastronomiebranche im kommenden Jahr. Im Mittelpunkt stehen der Wunsch nach gemeinsamen Erlebnissen, die Bereitschaft für Spontanität und ein anhaltendes Wachstum bei speziellen Anlässen.

Der Harzer Kreistag hat einstimmig über die Vergabe der Bewirtschaftung von Hotel und Gastronomie auf dem Brocken entschieden. Demnach ist Landrat Thomas Balcerowski (CDU) beauftragt, mit einem Göttinger Restaurantketten-Betreiber über einen Gewerbepachtvertrag zu verhandeln, teilte ein Landkreissprecher am Abend mit. 

Reserviert und dann einfach weg? Für Gastronomen sind unentschuldigte "No-Shows" mehr als nur eine Lappalie – sie bedeuten massive Umsatzeinbußen und weniger Trinkgeld für das Personal. Eine Umfrage zeigt, wie weit verbreitet das Problem ist und welche drastischen Maßnahmen Gastwirte jetzt ergreifen.

Steigende Kosten, erhöhte Komplexität und ein sich wandelndes Gästeverhalten setzen deutsche Cafés zunehmend unter Druck. Ein neuer Business-Guide von SumUp zeigt die notwendigen Strukturen für wirtschaftliche Stabilität im Jahr 2026.

Ein ungewöhnliches Diebesgut lockt in Deutschland kriminelle Banden an - geschädigt werden vor allem Entsorger. Die Verbrecher haben es laut dem Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) auf alte Speisefette und Öle aus Restaurants abgesehen. 

Landesweit streiken Beschäftigte der Kaffeehauskette in den USA. Nach Vorwürfen zu Verstößen gegen Arbeitszeitgesetze einigt sich der Konzern nun auf eine Entschädigung in New York.

Die IHG-Marke Kimpton hat ihren jährlichen "Culinary + Cocktail Trend Forecast" für 2026 veröffentlicht. Darin skizzieren kulinarische Experten und Mixologen die wichtigsten Entwicklungen, die die Gastronomieszene im kommenden Jahr prägen sollen.

Am 24. November 2025 nahmen die Technische Universität Dresden und die SLUB Dresden fünf weitere herausragende Kreationen der Kochkunst in das Deutsche Archiv der Kulinarik auf. Die umfassenden Dokumentationen dieser Gerichte wurden von dem Gourmetkritiker Jürgen Dollase erstellt und übergeben.

Wegen seiner vielen Altstadt-Kneipen rühmt sich Düsseldorf als «längste Theke der Welt». Statistisch belegt ist zumindest ein Spitzenplatz in der NRW-Gastronomie. Wie schneidet der Rivale in Köln ab?

Die Gewinner des Deutschen Kochbuchpreises 2025 stehen fest. Bei der fünften Verleihung in Hamburg wurden am 26. November die besten Kochbücher in 35 Kategorien ausgezeichnet. Dabei dominierten mehrere Sterneköche die Fachjurys, während eine Content Creatorin als beste Newcomerin geehrt wurde.