Arbeitskultur in der Gastronomie: Nobelhart & Schmutzig thematisiert Alkohol und Drogen

| Gastronomie Gastronomie

Das Berliner Sternerestaurant Nobelhart & Schmutzig hat in seinem internen Guide of Conduct ein bislang übersehenes, aber branchenrelevantes Thema aufgegriffen: den Umgang mit Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz. Die Initiative zielt darauf ab, einen wertebasierten und von gemeinsamer Verantwortung getragenen Arbeitsplatz zu gestalten, wofür das Restaurant 2024 bereits den Sustainability Award bei The World’s 50 Best Restaurants gewonnen hat.

Ein blinder Fleck im Branchenleitfaden

Die Notwendigkeit, dieses Thema explizit zu regeln, wurde laut Restaurantleitung Anfang des Jahres erkannt. Co-Gründer Billy stellte fest, dass in den bisherigen Verhaltensrichtlinien – obwohl das Restaurant in einer Metropole wie Berlin angesiedelt ist und die Nähe zu Nachtleben-Institutionen wie dem Berghain thematisiert wird – das Naheliegendste fehlte. Die Feststellung lautete: „Wir haben die Drogen vergessen… und den Alkohol auch!“.

Angesichts der Schätzung, dass rund jede siebte Person in Deutschland Alkohol in problematischem Maß konsumiert, betrachtet das Nobelhart & Schmutzig das Fehlen dieser Regeln als einen gesellschaftlichen und brancheninternen „blinden Fleck“.

Systemische Ursachen und klare Grenzen

Das Restaurant erkennt die Schwierigkeit und das große Tabu, das auf dem Thema lastet. Die Gastronomiebranche sei von Natur aus eng mit Alkohol verbunden; in Berufen wie dem des Sommeliers sei der Konsum sogar professionell bedingt. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob Alkohol- und Drogenkonsum eher ein Symptom eines überlasteten Arbeitsumfeldes sind und damit systemische Probleme vorliegen, deren Lösung zumindest teilweise beim Arbeitgeber beginnen müsse.

Grundsätzlich betont das Nobelhart & Schmutzig jedoch, dass die Thematisierung weniger eine starre Vorschrift sei als vielmehr eine Einladung zur kritischen Auseinandersetzung. Zentral ist die Forderung, dass jedes Teammitglied bewusste Entscheidungen trifft. Der Konsum von Alkohol und Drogen werde als Realität akzeptiert, doch gehe man davon aus, dass erwachsene Menschen sorgsam mit sich selbst und miteinander umgehen.

Klare Regeln wurden festgelegt, um die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers mit der Eigenverantwortung der Mitarbeitenden in Einklang zu bringen:

Abwesenheit durch Feiern: Es wird akzeptiert, dass Mitarbeitende in ihrer Freizeit feiern und konsumieren. Es ist jedoch nicht akzeptabel, wenn jemand sich aufgrund eines exzessiven Clubbesuchs (etwa im Berghain oder Sisyphos) krankmeldet und Kollegen ihren freien Tag opfern müssen, um einzuspringen. Ebenso wenig ist es zulässig, im Delirium zum Dienst zu erscheinen und sich selbst oder andere zu gefährden.

Kein Trinken mit Gästen: Das Team lehnt das gemeinsame Trinken mit Gästen ab. Der Grund liegt in der professionellen Auffassung, den Rahmen für Genuss zu schaffen. Dafür sei es notwendig, selbst „klar im Oberstübchen“ zu bleiben. Das größte Kompliment sei ein Trinkgeld und nicht etwa ein gemeinsamer Schnaps.

Externe Vertrauensperson bei problematischem Konsum

Die vielleicht sensibelste Frage betrifft den Umgang mit auffälligem oder problematischem Konsum im Team. Um die hohe Hemmschwelle bei der Ansprache zu überwinden und eine Stigmatisierung zu vermeiden, hat das Nobelhart & Schmutzig geregelt, dass solche Fälle an eine externe Vertrauensperson verwiesen werden können. Diese unterliegt der Schweigepflicht – auch gegenüber der Geschäftsführung – und soll einen unterstützenden Umgang mit der Situation ermöglichen.

Das Restaurant ist überzeugt, dass eine offene Thematisierung dieser komplizierten Sachverhalte letztlich zu einer besseren Gastronomie führt, die nicht nur gut für die Mitarbeitenden ist, sondern auch die Qualität der Erfahrung für die Gäste verbessert. Der Guide of Conduct wird dabei als „lebendiges Dokument“ verstanden, das kontinuierlich weiterentwickelt wird.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Einkaufsstraße Zeil in Frankfurt am Main ist um ein Gastronomiekonzept reicher. Die Fast-Food-Kette KFC hat dort ein neues Restaurant eröffnet, das nach eigenen Angaben als einziger Core-Plus-Store in Deutschland gilt. Das Konzept zeichnet sich durch innovative Services, Technologien und ein besonderes Storedesign mit lokalem Bezug aus.

Das Victor’s Fine Dining by Christian Bau im saarländischen Perl-Nennig feierte jetzt ein außergewöhnliches Jubiläum: Seit dem 21. November 2005 ist das Gourmetrestaurant ununterbrochen mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Der Festakt versammelte alle saarländischen Ministerpräsidenten der vergangenen zwei Jahrzehnte.

Eine aktuelle Umfrage von Lightspeed zeigt: Weihnachtsfeiern in der Gastronomie bleiben in Deutschland beliebt. Doch angesichts eines engen Budgetgürtels und hoher Preissensibilität müssen sich Restaurants etwas einfallen lassen. Neben gutem Essen und Service wünschen sich die Gäste nämlich vor allem maximale Planbarkeit.

Kloster Eberbach startet ein neues Kapitel seiner Gastronomie. Die Stiftung hat die Bewirtung der Klosterschänke selbst übernommen und eröffnet das Lokal am 16. November 2025 mit einem neuen Konzept. Unter der Leitung von Rosa Roccaro, einer Gastronomin mit sizilianischen Wurzeln, soll ein Ort entstehen, der Kulinarik und Kultur verbindet.

In der Grand Hall Zollverein in Essen fand am 17. November 2025 das große Doppelfinale zur 10. Auflage des Live-Wettbewerbs "Koch des Jahres" statt. Dies stellte einen historischen Moment dar, da die Finalisten von "Koch des Jahres" und "Patissier des Jahres" erstmals gleichzeitig antraten. Die Wettbewerbe wurden vor 1.200 Fachbesuchern und Medienvertretern ausgetragen.

Das Hotel Louis C. Jacob an der Hamburger Elbchaussee veranstaltete erneut seine Big-Bottle-Küchenparty. Im Fokus standen in diesem Jahr die ehemaligen Wegbegleiter von Küchenchef Thomas Martin.

Die Hauptstadt hat ihre gastronomischen Aushängeschilder für das Jahr 2025 gekürt. Bei der Ehrung der Berliner Meisterköche 2025 wurden herausragende Persönlichkeiten und Konzepte ausgezeichnet. Der Hauptpreis, die Auszeichnung „Berliner Meisterkoch 2025“, ging an Nicholas Hahn vom Cookies Cream, dem ersten vegetarischen Sternerestaurant Berlins.

Nach fast 50 Jahren an der Spitze der Düsseldorfer Spitzengastronomie endet die Ära des Sterne-Restaurants „Im Schiffchen“. Küchenchef Jean-Claude Bourgueil (78) reduziert sein Engagement. Das Gasthaus wurde an einen Käufer übergeben, bei dem Bourgueil künftig angestellt sein wird. „Im Schiffchen“ soll zukünftig kein Sternerestaurant mehr sein“, so Bourgueil.

Am Samstag wurde in Konstanz der Leaders Club Award 2025 verliehen. Die Senns.Bar&Foodlounge aus Salzburg gewann die Goldene Palme, die Kneipe 80 und das Bergson Kunstkraftwerk, beide aus München, erhielten Silber beziehungsweise Bronze.

Die Non-Profit-Initiative Greentable e.V. hat einen neuen Leitfaden präsentiert, der Gastronomiebetrieben konkrete Hilfestellung bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit bietet. Die Publikation mit dem Titel „Genuss mit Verantwortung – 12 Ziele für eine nachhaltige Gastronomie“ zeigen, wie nachhaltiges Handeln im Betriebsalltag verankert werden kann.