Erste Wiesn war Hochzeit - Bier für drei Kreuzer und drei Pfennige

| Gastronomie Gastronomie

Das erste Oktoberfest war eine königliche Hochzeitsparty: Ganz München feierte mit, als im Oktober 1810 Kronprinz Ludwig - der spätere König Ludwig I. - Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen heiratete. Ein Pferderennen war am 17. Oktober auf dem Gelände der heutigen Wiesn Höhepunkt und Abschluss der fünftägigen Feiern.

Ob der Bierpreis damals schon die Münchner bekümmerte, ist nicht überliefert - wohl aber, dass die Maß braunes Kellerbier damals drei Kreuzer und drei Pfennige kostete.

Das Fest wurde dann alljährlich wiederholt. Es sollte nicht zuletzt nach der Proklamation des Königreichs, dem nun große Teile Frankens und Schwabens angehörten, das Gemeinschaftsgefühl der Neubayern fördern und die Ausrichtung auf die Residenzstadt München sowie die Wittelsbacher unterstreichen.

Findige Wirte stellten ab 1896 erste Bierburgen auf, bereits 1818 gab es das erste Karussell und zwei Schaukeln. Außerdem kamen Kegelbuden
und diverse Spielangebote auf, vom Sacklaufen bis zum Wagenradlaufen, bei dem Gesellen ein Rad über eine bestimmte Strecke trieben. Es folgten Schaubuden und Varieté mit entsprechenden Sensationen. Die Pferderennen als ältester Bestandteil des Volksfestes.

Einen Tag vor dem Anzapfen stehen die Bierzelte, Fahrgeschäfte drehen Proberunden, für die Sicherheit ist alles getan - und die Wetterprognose zum Wiesnstart in München an diesem Samstag ist perfekt: Oberbürgermeister, Festleitung, Wirte und Schausteller sehen dem größten Volksfest der Welt entspannt entgegen. Gut sechs Millionen Gäste aus aller Welt werden bis zum 6. Oktober auf der Theresienwiese erwartet.

Das Wichtigste sei eine friedliche Wiesn, sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Donnerstag beim traditionellen Rundgang zwei Tage vor dem Feststart. «Ich habe ein gutes Gefühl.» Weniger Bürger als in den Vorjahren hätten sich im Vorfeld der Wiesn an ihn gewandt. «Das ist ein gutes Omen für die Wiesn.»

Möglicherweise könnten in diesem Jahr noch mehr Menschen kommen als im Vorjahr. Die Wiesn 2018 kam nach eher schwächer besuchten Jahren mit 6,3 Millionen Gästen wieder etwa auf die gewohnte Besucherzahl.

Die Zelte seien für dieses Jahr ausreserviert, heißt es bei den Wirten. Dennoch streben weder sie noch die Festleitung neue Rekorde an. «Das muss keine Rekordwiesn werden», sagte der neue Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU). Es gehe vielmehr um eine «Qualitätswiesn». Als neuer Festleiter wolle er dafür sorgen, dass das Fest «das Gesamtkunstwerk wird, das es tatsächlich ist». Nicht zuletzt müssen Standbetreiber, Schausteller und Wirte hohe Anforderungen erfüllen, um einen Platz auf dem größten Volksfest der Welt zu bekommen.

Dabei zählen auch Öko-Standards. Der Wiesnchef zeichnete am Donnerstag den Wirt des Weinzeltes, Stephan Kuffler, für seinen klimaneutralen Betrieb aus. Alle nicht vermeidbaren CO2-Emissionen gleicht Kuffler über Klimaschutzprojekte aus, ein Aufforstungsprojekt im Allgäu und ein Projekt für saubere Öfen in Peru. «Wer in diesen Zeiten vor dem Klimawandel die Augen zumacht, muss sich sehr anstrengen», sagte Kuffler. Die Kosten für den Klimaausgleich habe er nicht auf die Gäste umgelegt. «Das haben wir selber geschluckt.»

Bei den Fahrgeschäften gibt es eine ganze Reihe Neuheiten, darunter ein 90 Meter hohes Kettenkarussell im Maibaum-Stil. Erstmals können Wiesngäste auch in virtuelle Realitäten eintauchen. Bei der VR-Abenteuerbahn «Dr. Archibald» gehen sie auf eine Zeitreise, sie fahren durch Landschaften mit Sauriern, mittelalterliche Gefilde, Märchenwälder mit Riesenpilzen - und schweben durch Städte der Zukunft.

Im Südteil des Festgeländes lockt erneut die Oidn Wiesn mit historischen Fahrgeschäften. Tradition ist auch beim Outfit angesagt. Selbst auf dem Weg zum Festgelände können Besucher sich schnell noch umdekorieren und in Dirndl und Lederhose schlüpfen. Dem Trend entspricht die billige, oft schrille Last-Minute-Klamotte aber nicht: «Der Trend geht zu gedeckten Farben und hochwertigen Stoffen», sagte Yvonne Heckl von der Veranstaltungsgesellschaft der Münchner Schausteller. Perlen, Rüschen und Glitzer - kurz: das Christbaumdirndl - sind out.

Auch der Trachtenexperte Alexander Wandinger vom Trachten-Informationszentrum des Bezirks Oberbayern in Benediktbeuern macht einen Trend zu erdigen Tönen aus. «Das passt übrigens zur großen Modewelt, denn da beginnt gerade die Ära „Braun“.» Er sieht bei den Kunden in Sachen Qualität noch Luft nach oben: «Das Qualitätsbewusstsein bezüglich Verarbeitung, Schnitt und Stoff lässt allerdings nach wie vor oft zu wünschen übrig.»

Während zwei Tage vor dem Fest Gabelstapler unterwegs sind, schallt bereits «Cordula Grün» über die Theresienwiese. Die Ballade des Wiener Musikers Josh. war der Wiesn-Hit des Vorjahres. Für dieses Jahr: noch keine Prognose. (dpa)

Zurück

Vielleicht auch interessant

Landesweit streiken Beschäftigte der Kaffeehauskette in den USA. Nach Vorwürfen zu Verstößen gegen Arbeitszeitgesetze einigt sich der Konzern nun auf eine Entschädigung in New York.

Die IHG-Marke Kimpton hat ihren jährlichen "Culinary + Cocktail Trend Forecast" für 2026 veröffentlicht. Darin skizzieren kulinarische Experten und Mixologen die wichtigsten Entwicklungen, die die Gastronomieszene im kommenden Jahr prägen sollen.

Am 24. November 2025 nahmen die Technische Universität Dresden und die SLUB Dresden fünf weitere herausragende Kreationen der Kochkunst in das Deutsche Archiv der Kulinarik auf. Die umfassenden Dokumentationen dieser Gerichte wurden von dem Gourmetkritiker Jürgen Dollase erstellt und übergeben.

Die Gastronomie steht vor einer große Transformation. Anpassung an den Klimawandel, Fachkräfteknappheit, Digitalisierung und Automatisierung sorgen dafür, dass neue Technologien in die Küchen einziehen, Ressourcen geschont und weniger Menschen benötigt werden. Fünf Planer des FCSI sprechen über ihre Visionen und Erwartungen für die Küche der Zukunft. 

Wegen seiner vielen Altstadt-Kneipen rühmt sich Düsseldorf als «längste Theke der Welt». Statistisch belegt ist zumindest ein Spitzenplatz in der NRW-Gastronomie. Wie schneidet der Rivale in Köln ab?

Die Gewinner des Deutschen Kochbuchpreises 2025 stehen fest. Bei der fünften Verleihung in Hamburg wurden am 26. November die besten Kochbücher in 35 Kategorien ausgezeichnet. Dabei dominierten mehrere Sterneköche die Fachjurys, während eine Content Creatorin als beste Newcomerin geehrt wurde.

Die Jubiläumssaison des WinterVarieté by Tristan Brandt in Heidelberg startete mit Standing Ovations. Die Spielzeit wurde bis Januar 2026 verlängert. Das Format kombiniert internationale Akrobatik-Darbietungen mit einem 3-Gänge-Menü.

Kochroboter halten in Supermärkten, Krankenhäusern und Kasernen Einzug. Was die Start-ups Circus Group und Goodbytz antreibt - und wie Verbände und Arbeitnehmervertreter reagieren.

​​​​​​​Das Restaurant Sühring, mit seiner Fine-Dining-Interpretation der deutschen Küche, erhält drei Michelin-Sterne. Das Lokal der Berliner Zwillingsköche Thomas und Mathias Sühring ist damit nach dem Sorn das zweite Restaurant in Thailand, das diese Top-Auszeichnung führen kann.

Das Fast-Casual-Konzept Ciao Bella erweitert seine Präsenz in München. Am 12. Dezember 2025 eröffnet der italienische Anbieter einen neuen Flagship-Standort im Tal 16. Das Restaurant soll nach Angaben des Unternehmens das weiterentwickelte Markenerlebnis der kommenden Jahre erstmals in dieser prägnanten Form präsentieren.