Moskau feiert trotz Corona-Pandemie und Markenschutz Oktoberfest

| Gastronomie Gastronomie

Schräg gegenüber der Geheimdienstzentrale in Moskau läuft der Countdown für ein «Oktoberfest» in Miniaturausgabe. Weil das bei den Russen extrem beliebte Original in München wegen der Corona-Pandemie wieder ausgefallen ist, wird hier trotzdem gefeiert. «Wir holen uns die Stimmung hierher», sagt der deutsche Koch David Kikillus in dem neuen Bierrestaurant im Zentrum. Bier aus München, Schweinshaxe, Hüttengaudi mit einer Partyband aus Deutschland und bayerische Deko sollen Russen und Touristen in der russischen Hauptstadt einen Ersatz bieten.

Die Marke «Oktoberfest» – fast jeder Russe kennt das Wort – ist vielerorts mit weiß-blauer Optik präsent als Werbung – in Supermärkten etwa. Auch das russisch-deutsche Haus in der sibirischen Metropole Nowosibirsk feierte gerade sein jährliches «Oktoberfest». «Deutschland besuchen, ohne Moskau zu verlassen», wirbt etwa das neue Wirtshaus Spaten Haus Grand, in dem der gebürtige Dortmunder Kikillus gerade den Hähnchengrill aus Deutschland hat installieren lassen.

Mit einem «Oktoberfest» in bayerischer Tradition eröffnet der 39-Jährige am 15. Oktober das Bierrestaurant. «Wir wollen hier traditionelle Elemente der deutschen Kultur mit einem modernen Ansatz verbinden», sagt er. In dem Moskauer Ausgehviertel Kusnezki Most – an der Lubjanka-Platz, wo die berüchtigte Geheimdienstzentrale steht – ist von Pandemie gar nichts zu spüren. Kaum jemand trägt Maske. Die Lokale sind rappelvoll.

Im Spaten Haus Grand sind die Fenster noch abgedeckt, die letzten Arbeiten laufen. Kikillus hofft, dass trotz der in Russland extrem schlimmen Corona-Pandemie kein Lockdown kommt. Zumindest ist er laut Kreml nicht in Sicht – auch wenn das Land im internationalen Vergleich mit rund 900 Toten pro Tag so schlecht dasteht wie kaum ein anderes. Auch Touristenreisen aus Deutschland sind wieder möglich.

Während das größte Volksfest der Welt in München wegen der Pandemie ausfällt, will die Stadtverwaltung dort größeren Oktoberfest-Kopien einen rechtlichen Riegel vorschieben. Bierfeste nach bayerischer Tradition haben sich auch außerhalb Deutschlands längst etabliert – etwa in Brasilien in den Städten Pomerode und Blumenau.

Doch die Stadt München verweist darauf, dass das Oktoberfest nach einem Beschluss der EU-Behörde für geistiges Eigentum als Marke geschützt ist (Tageskarte berichtete). So will sie Oktoberfest-Profiteuren vorbeugen. Ärger ausgelöst hatte in München unlängst der Plan einiger Geschäftsleute, in Dubai ein Ersatz-Oktoberfest in großem Maßstab aufzuziehen.

Der Münchner Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner, der auch Wiesnchef ist, machte dabei deutlich, dass für ihn die große Linie wichtig sei. Anders gelagert sind für den CSU-Politiker die vielen kleinen «Oktoberfeste» rund um den Globus, von denen München aus Sicht Baumgärtners sogar profitiert. Als Beispiel nannte er die USA: «Das Oktoberfest in Cincinnati hat niemals versucht, München zu kopieren, das ist eher unter der Kategorie Werbung zu sehen.»

Auch in Moskau muss Restaurantchef Kikillus keinen Ärger befürchten. Aber ein Neustart in diesen Zeiten ist auch so nicht einfach, weil Russland etwa Lebensmittel aus der EU boykottiert. Präsident Wladimir Putin hat gerade erst wieder als Reaktion auf Wirtschaftssanktionen der EU und der USA das Embargo etwa auf Fleisch, Milchprodukte, Obst und Gemüse aus dem Westen verlängert – bis Ende 2022.

«Das Käse-Thema war mir gar nicht so bewusst, dass es schwierig ist, hochwertigen Käse zu bekommen», sagt Kikillus. Inzwischen habe er gute kleine Lieferanten gefunden. Eine deutsche Fleischerei in Moskau produziere auch Weißwürste nach seinem Rezept. Wo es bei der Qualität hapert, sei er als Koch gefragt, «das Produkt in Szene zu setzen».

Alkohol ist von dem Importverbot aber nicht betroffen. Im Wodka-Reich Russland ist Bier längst das beliebteste alkoholische Getränk. Auch nach dem bis Ende des Monats angesetzten «Oktoberfest», für das Gäste auf der Internetseite des Lokals Eintrittskarten buchen können, bleibt urige bayerische Atmosphäre das Thema im Spaten Haus Grand.

Kikillus hat schon in Shanghai, Dubai, Berlin, Mallorca und Kiew gearbeitet - und sieht Moskau – das «New York des Ostens» – und St. Petersburg als Metropolen mit viel Potenzial für Spitzengastronomie. Zum ersten Mal werden in Moskau – der größten Stadt Europas - in der kommenden Woche auch Sterne der Gourmet-Klasse von dem Restaurantführer Michelin verliehen. Russland wird damit das 33. Land, in dem der «Michelin Guide» erscheint.

«Wir machen hier aber Soulfood, gutes Essen, für die Seele gekocht, um Leute glücklich zu machen», sagt Kikillus, der sich selbst auch einen Michelin-Stern erkochte. In Moskau setzt er nun mit seinem Team auf gut ein Dutzend Köche, darunter auch aus Deutschland, um «Oktoberfest»-Stimmung zu erzeugen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Viele englische und schottische Fußball-Fans werden ihre Teams bei der EM in Deutschland aus der Ferne verfolgen. Kommt eins davon ins Halbfinale, haben sie die Erlaubnis, «sich die Kante zu geben».

Die wineBANK Heidelberg in der Alten Weinfabrik liegt direkt am Bismarckplatz. Das Herzstück des Clubs ist ein 40 Meter langes Kellergewölbe, das Raum für insgesamt 26.712 Flaschen in zwölf Tresoren mit 300 Fächern bietet.

Fleisch steht nach wie vor hoch im Kurs. Doch viele haben den Anspruch, sich nachhaltiger zu ernähren und verzichten zum Wohle des Klimas bereits auf Tier- und Milchprodukte. Zu sehen ist diese Entwicklung auch in Betriebsrestaurants, wie eine aktuelle Befragung von Sodexo zeigt.

Neun Sorten der Eismarke Mälzer&Fu Ice C.R.E.A.M. Creations und eine Location im Glockenbachviertel mit DJ-Pult und Street Art an den Wänden – das ist das Rezept für die erste Eisdiele von Mälzer&Fu Eis, die am 24. Mai 2024 in München eröffnet hat.

Eigentlich sollte das Gastro-Konzept Tastyy richtig durchstarten. In Deutschland waren bis zu 50 Standorte geplant, dazu die Expansion in ganz Europa. Daraus wird nun vorerst nichts.

Tillmann Hahn, Spitzenkoch und kulinarischer Gastgeber des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm, schließt nach elf Jahren sein Restaurant im Ostseebad Kühlungsborn. Nicht ganz freiwillig, wie der 55-Jährige sagt.

Mit einem feierlichen Opening öffnete die Scirocco Brasserie in dieser Woche offiziell ihre Pforten. In den Räumlichkeiten des ehemaligen Restaurantklassikers Reinhard’s im historischen Hotel Bristol, feierte das Scirocco-Team mit Promis, Influencern, Freunden und Familie.

Des Deutschen liebste Partymeile wurde binnen Sekunden zum Ort des Schreckens: Beim Einsturz eines Restaurants am Ballermann gab es Tote - gebangt wird um das Leben von vielen Verletzten.

Die apetito AG hat im Rahmen ihrer Bilanzpressekonferenz die Menü-Charts 2023 vorgestellt. Hierzu wertet das Familienunternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Rheine jährlich die Menübestellungen des deutschen Systemgeschäfts aus.

Ab sofort übernimmt Klüh Catering die gastronomische Versorgung bei der Siemens AG an zwei Standorten in Bad Neustadt a.d. Saale. Zuvor konnte sich das Unternehmen im Rahmen einer öffentlichen Neuausschreibung behaupten.