OpenTable-Interview mit zwei Powerfrauen aus der Frankfurter Restaurantszene

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Die Toleranz für Ungleichheit aufgrund des Geschlechts sinkt. Insbesondere jüngere Generationen wie die Millennials wachsen in dem Bewusstsein auf, dass es keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen geben sollte – ob beruflich oder in anderen Lebensbereichen. Nichtsdestotrotz gibt es, vor allem in der Arbeitswelt, Domänen, in denen ein Geschlecht dominiert – so auch in der Gastronomie. Über Jahrhunderte hinweg war die Spitzengastronomie schlichtweg Männersache!

Auch wenn der Hotellerie- und Gastronomiebereich auf den ersten Blick mit einen Frauenanteil von knapp 54 Prozent im Jahr 2016 vorbildlich scheint, so waren doch nur drei Prozent der 300 Küchenchefs weiblich. „Spitzenköchinnen oder Spitzengastronominnen sind immer noch eine Rarität. Aber: Immer mehr weibliche Unternehmerinnen schaffen den Durchbruch in der Gastro-Welt“, so Vivienne Witschi, Betriebsleiterin des Restaurants LaubeLiebeHoffnung in Frankfurt.

Den Internationalen Frauentag am 8. März nimmt OpenTable zum Anlass, um mit zwei Powerfrauen aus der Frankfurter Restaurantszene in fünf Fragen über Vorbilder, Herausforderungen und ihr persönliches Erfolgsrezept zu sprechen. Unter dem Motto #BalanceforBetter liegt der Fokus des diesjährigen Internationalen Frauentags auf der Gleichberechtigung in der Arbeitswelt.

Raffaela Schöbel, Geschäftsführerin der Margarete in Frankfurt
 

OpenTable: Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Welche Bedeutung hat dieser Tag für Sie?

Schöbel: Der 8. März wurde ursprünglich ins Leben gerufen, um das Frauenwahlrecht zu initiieren. Eine Sache, die damals für die meisten unvorstellbar und heute für viele (fast zu) selbstverständlich ist. Der Tag bedeutet für mich, dass es sich lohnt Ziele zu haben und zu verfolgen. Und wenn es hilft, bestimmte Themen an einem Tag im Jahr gesondert in den Fokus zu stellen, damit sie Aufmerksamkeit bekommen und sich damit beschäftigt - dann finde ich das positiv.

OpenTable: Was braucht Frau in der Gastronomiebranche, um erfolgreich zu sein?

Schöbel: Die Frage sollte lauten: Was wird gebraucht. Meiner Meinung nach sind es keine geschlechtsspezifischen Eigenschaften, auf die es ankommt. Um in der Gastronomie erfolgreich zu sein, braucht man ein hohes Maß an Flexibilität, Lösungskompetenz und Intuition. Und auch: Durchsetzungsfähigkeit und Ausdauer. Und man muss gut mit Menschen können, in der Gastronomie ist kein Platz sich vor Ihnen zu verstecken. Weder vor den Gästen noch vor den Mitarbeitern.

OpenTable: Was empfinden Sie als die größte Challenge in Ihrem beruflichen Alltag?

Schöbel: Mein Arbeitsalltag ist nie linear und immer im Fluss. Das ist die Challenge. Ein "fertig" ist gleichzeitig auch immer der Start in die nächste Runde. Das macht es aber auch reizvoll.

OpenTable: Was sind Ihrer Meinung nach Vorteile von Frauen in einer Spitzenposition in der Gastronomie?

Schöbel: Ich glaube nicht an männliche oder weibliche Qualitäten per se. Menschen sind unterschiedlich, das lässt sich nicht verallgemeinern. Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich allerdings sagen: Nur weil sich jemand selbstsicher und gut verkaufen kann, ist die Person nicht automatisch die beste Besetzung.

OpenTable: Zu guter Letzt: Wenn Sie in der Zeit zurückreisen könnten, welchen Tipp würden Sie Ihrem jüngeren Ich geben?

Schöbel: Regelmäßig einen Schritt zurücktreten und aus der Vogelperspektive auf Situationen schauen, um das große Ganze und die Ziele zu fokussieren und sich nicht in Geschäftigkeit zu verlieren.


Vivienne Witschi, Betriebsleiterin des Frankfurter Restaurants LaubeLiebeHoffnung

OpenTable: Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Welche Bedeutung hat dieser Tag für Sie?

Witschi: Der 8. März ist Feiertag, und Ja, wir haben etwas zum Feiern: dieser Tag ist allen weiblichen Superhelden und Weltverbesserern gewidmet. Die Welt in Themen wie Gleichberechtigung und Frauenrechte macht seit 1911 Tag für Tag große Fortschritte – dennoch werden immer noch Frauen in vielen Ländern und Gesellschaftsschichten benachteiligt. Für mich war immer selbstverständlich mich frei bewegen, studieren, meinen Beruf selbst auswählen, über mich und über meine Taten selbst bestimmen zu können. Deshalb habe ich zum Beispiel mein Wahlrecht sehr ernst genommen. Die Gleichstellung der Geschlechter ist enorm wichtig – heute wie in der Zukunft – eigentlich ist die wichtigste Voraussetzung für die Verwirklichung der Menschenrechte. Ich bin keine Frau, die am 8. März auf Veranstaltungen eine Rede hält oder in Demonstrationen mitläuft. Für mich persönlich ist wichtig sagen zu können bzw. jeden Tag vorleben zu dürfen: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“

OpenTable: Welche Persönlichkeit (in der Gastronomiebranche) beeinflusst Sie bzw. ist Ihr Vorbild?

Witschi: Ich habe kein Vorbild im Berufsleben, weil ich glaube, dass man als eigenständige und denkende Persönlichkeit niemanden braucht, den man kopiert. Es gibt aber im Grunde niemanden, der absolut kein Vorbild hat. Für mich persönlich sind Vorbilder die Menschen, die mich inspirieren oder zum Nachdenken bewegen, die mir „etwas zu sagen“ haben. So eine Frau zum Beispiel ist Sarah Wiener. Ihr Lebenslauf ist sehr spannend. Sie besitzt weder einen Schulabschluss noch eine Berufsausbildung, dennoch leitet Sie ihre Firma mit 200 Mitarbeitern, ihr Engagement als Schirmherrin für artgemäße Tierzucht oder „Haushalt ohne Genfood“ ist sehr beachtenswert und ihr Stiftung „Für gesunde Kinder und was vernünftiges zu essen“ ist absolut lobenswert. Sie hat mehr als 10 Bücher geschrieben, hat Auszeichnungen im höchsten Niveau – absolut verdient – und was sehr wichtig ist: selbst erarbeitet. Sie ist herrlich „Einfach“: bei Ihr steht der Geschmack an erster Stelle, mit Vernunft und Wohlbefinden. 

OpenTable: Was braucht Frau in der Gastronomiebranche, um erfolgreich zu sein?

Witschi: Um erfolgreich zu sein braucht man Disziplin und davon eine Menge. Man muss die eigene Strategie definieren. Hart Arbeiten, die Zähne zusammenbeißen. Sich selbst treu bleiben. Feedback einholen, auf Kritik reagieren, sensibel aber kein Mauerblümchen sein. Verantwortung übernehmen für sich selbst und für die Mitarbeiter. Nicht vergessen ein netter Mensch zu sein, freundlich und zuvorkommend. Glücklich zu sein, da mit Glück der Erfolg kommt. Friedlich Lichtenstein formulierte perfekt: „Erfolg kommt über Nacht, wenn man davor 20 Jahre lang dafür gearbeitet hat.“

OpenTable: Was sind Ihrer Meinung nach Vorteile von Frauen in einer Spitzenposition in der Gastronomie?

Witschi: Spitzenköchinnen oder Spitzengastronominnen sind immer noch eine Rarität. Aber: immer mehr weibliche Unternehmerinnen schaffen den Durchbruch in der Gastro-Welt. Frauen haben einen guten Geschmack, ein feines Gespür für das Genusshandwerk und Liebe zum Detail. Frauen wirbeln in den Küchen der feinen Restaurants herum, schreiben Blogs oder betreiben Streetfood Stände. Bringen immer wieder neue Ideen, inspirieren, sind sehr offen für „Neues“, haben genaue Vorstellung über „wie und was“, kochen und führen emotional aber mit Verstand und Empathie.

OpenTable: Wie sehen Sie die Vereinbarkeit von Karriere und Familie im gastronomischen Alltag?

Witschi: In der heutigen Zeit sind die Frauen so gut ausgebildet wie nie zuvor. Solches Potenzial sollte nicht ungenutzt bleiben aber der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist immer noch gering. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass die Frauen Bedenken haben, in einer gehobenen Stellung nicht mehr ausreichend Zeit für die Familie zu haben.  Ohne die Unterstützung meines Mannes könnte ich bestimmt nicht am Abend die Gäste begrüßen oder am Wochenende „schnell mal reinschauen“, um wichtige Dinge mit unserem Küchenchef zu besprechen. Für mich ist die familiäre Unterstützung die wichtigste Voraussetzung mich in meinem Job entfalten zu dürfen und zu können.


 

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