Simits: Türkische Sesamringe in Deutschland angekommen

| Gastronomie Gastronomie

Durch das Glas des Ofens ist die goldbraune Kruste der Simitringe zu sehen. Als Cuma Çevik den Backofen öffnet, kommt ihm ein Schwall mit Dampf entgegen. Mit geübten Handgriffen nimmt er das Blech mit frisch gebackenen Simits aus dem Ofen der Çevik-Bäckerei in Berlin-Wedding.

Die türkischen Sesamkringel sind im Sortiment von hiesigen Bäckereien kein Exot mehr. Sie sind mehr als ein Gebäck. Sie erzählen auch davon, wie die türkische Community seit den ersten Gastarbeiter-Zeiten über die Jahrzehnte angekommen ist. Doch dazu später.

In der Berliner Bäckerei ist der Trend zum Kringel an den Zahlen zu erkennen: «Am Tresen gingen früher am Tag zwischen 50 und 100 weg. Mittlerweile sind es über 200», erklärt Inhaber Mehmet Çevik (51). Insgesamt werden in seiner Bäckerei am Tag 400 bis 500 Stück der Sesamkringel produziert. «Wie bei Deutschen die Schrippe, das ist bei uns Simit.»

Das Gebäck sei nicht nur bei der türkeistämmigen Community in Berlin beliebt, sagt Ayşe Demir, Vorstandssprecherin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg. Das merkt man auch daran, dass die Backware mittlerweile häufig unter ihrem türkischen Namen bekannt ist. «Auch Menschen, die nicht aus der Türkei kommen, sagen Simit», sagt Demir. «Man nennt es beim Namen - wie Pide oder Döner.»

«Für uns ist das wichtig», sagt Orhan Tançgil, Gründer und Inhaber des Blogs «KochDichTürkisch» (Düsseldorf). Die Dinge beim richtigen Namen zu nennen, helfe dabei, Identität zu schaffen. Mit seiner Frau Orkide betreibt Tançgil seit 2006 den Blog über türkisches Essen. Das Hobby entwickelte sich weiter: Mittlerweile hat das Team auch einen Online-Shop für türkische Delikatessen, bietet Kochkurse an und hat fünf Kochbücher veröffentlicht. Die türkische Küche nennt Tançgil «die Vielfältigste» der Welt.

Ein Gebäck und seine Geschichte

Ein Vorläufer des traditionell türkischen Simit sei bereits bei den Kosaken verwendet worden, erklärt er. Ursprünglich kommt das Gebäck Simit ihm zufolge aber aus der Seldschukischen Küche, die mit einer alten muslimischen Herrscherdynastie verbunden ist.

Bei der Herstellung werden zwei Teigschlangen zusammengedreht und zu einem Ring geformt. Dadurch entsteht die Kringelform. «Das ist das typische Kennzeichen», erklärt Tançgil. Die klassische Ringform habe sich mit der Zeit entwickelt. Das Gebäck wurde häufig als Wegzehrung für Reisende verwendet und war in Ringform, gestapelt auf Holzstäben, einfacher zu transportieren.

«Morgens, mittags, abends» - Simit könne man immer essen, findet der Berliner Unternehmer Mehmet Çevik. Hauptsächlich isst man die türkischen Sesamringe zum Frühstück oder als Snack. «So wie der Bagel in England und in Amerika, ist in der Türkei Simit das Frühstück», sagt Orhan Tançgil. «Ähnlich wie eine Brezel», erklärt es Ayşe Demir. Traditionell isst man Simit häufig mit Schafskäse, Tomate, Oliven oder auch süß mit Wassermelone.

Ein Simit ist ein Stück Kindheit

In der Türkei werden Simits bis heute auf der Straße verkauft. Vorstandssprecherin Demir vom Türkischen Bund kennt das noch aus ihrer Kindheit. Die ersten Versionen des Gebäcks, die in Berlin verkauft wurden, habe sie nicht gemocht. «Das war eigentlich einfach nur Brot mit Sesam.» Mittlerweile schmeckt für sie der Simit in Berlin aber so wie in der Türkei.

«Berlin ist halt multikulti geworden», sagt Bäckerei-Inhaber Çevik zur steigenden Beliebtheit der Kringel. In den hinteren Räumen der Çevik-Bäckerei stehen Wagen voll mit türkischen Backwaren. Neben Pide, Lahmacun und Börek werden hier auch Simits hergestellt.

Für traditionelle Simits braucht es nach seinen Worten Mehl, Hefe, Wasser, Backmittel, Zucker, Traubensirup, Sesam und ein bisschen Margarine. Mehmet Çevik erzählt, sein Vater sei Anfang der 70er Jahre einer der Ersten gewesen, die das türkische Bäckerei-Handwerk nach Berlin brachten. Die Tradition wird weitergeführt. Heute sind insgesamt acht Bäckereien in Berlin im Besitz der Familie.

Das Wort Simit bezeichnet im Türkischen eigentlich eine feine Bulgurart. Die Bezeichnung für das Gebäck sei durch die Ähnlichkeit der Sesamkörner mit den kleinen Bulgurkörnern entstanden, erklärt Blogger Tançgil. «Die Menschen haben das dann beschreibend genannt nach dem Motto "schau mal, das sieht aus wie kleine Bulgurkörnchen".» In der Region um Izmir in der Türkei ist Simit auch als «gevrek» bekannt. «Gevrek bedeutet knusprig», sagt Tançgil. Und so sollte aus seiner Sicht ein guter Simit auch sein: «Außen knusprig, innen fluffig. Wie eine gute Brezel.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Restaurant «Villa Kellermann» in Potsdam wird in wenigen Monaten seine Pforten schließen. Auf der Homepage heißt es, dass Reservierungen noch bis zum 21. Juni 2024 entgegengenommen werden. Danach werde die Villa aus betrieblichen Gründen geschlossen.

Die Kandidatenteams für das Deutschlandfinale des internationalen Gastronomiewettbewerbs “Copa Jerez” stehen fest. Sie werden am 5. Mai in der Allianz Arena gegeneinander antreten und ihre Drei-Gänge Menüs mit passendem Sherry-Pairing präsentieren.

In der zweiten Aprilhälfte fand zum 24sten Mal der Sterne-Cup der Köche statt - ein Event, das bekannte Köche aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol auf die Skipisten in Ischgl bringt. In diesem Jahr war der Kreis kleiner als üblich.

Jahrelang war er ganz oben, dann kam der tiefe Fall: Alfons Schuhbeck verlor sein Gastro-Imperium und landete im Gefängnis. Jetzt wird der Star-Koch 75. Rückblick auf eine glamouröse Karriere, die vorerst hinter Gittern endete.

Kürzlich hatte Tageskarte darüber berichtet, dass Gerd Windhösel vom Romantik Hotel Hirsch auf der Schwäbischen Alb seit 30 Jahren durchweg mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde. Jetzt steht fest, die rekordverdächte Auszeichnung teilt der Koch mit Lutz Niemann, aus der „Orangerie“ im Maritim Seehotel Timmendorfer Strand.

Hellofresh hat zum Jahresbeginn die verhaltene Nachfrage nach Kochboxen mit seinem Angebot an Fertigmahlzeiten ausgeglichen. Im laufenden Jahr soll der Umsatz mit Fertiggerichten um rund 50 Prozent zulegen.

Auf der Baustelle im Deutschlandhaus in Hamburg wird zurzeit mit Hochdruck gearbeitet, damit sich die Türen des neuen Block House im Mai öffnen können. Es ist das vierzehnte Block House-Restaurant, das in Hamburg an den Start geht.

Erbrechen, Durchfall, Übelkeit: Ein Besuch des Stuttgarter Frühlingsfests sorgt bei vielen Gästen für Magen-Darm-Beschwerden. Alle gingen in dasselbe Festzelt.

Inflation und hohe Preise haben die Konsumstimmung zuletzt stark beeinträchtigt. Eine Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass es eine Trendwende geben könnte. Bei Gaststätten- und Restaurantbesuchen falle der Anstieg hingegen geringer aus, als in anderen Bereichen.

Einweg-Kaffeebecher, Pommesschalen, Wegwerfbesteck - viele Städte im Land klagen über Verpackungsmüll. Nach Tübingen will nun auch Freiburg eine Steuer erheben. Der Gemeinderat hat die Verwaltung beauftragt, die Einführung der kommunalen Steuer zum 1. Juli 2025 vorzubereiten.