Das Oktoberfest ist abgesagt - trotzdem heißt es in München am 19. September: «O'zapft is». In vielen Wirtshäusern werden zum ursprünglich geplanten Wiesnstart Bierfässer angestochen - «WirthausWiesn» heißt die Alternative zum coronabedingt geplatzten weltgrößten Volksfest, mit dem Wiesn- und Innenstadtwirte bis zum 4. Oktober Wiesnstimmung schaffen wollen.
«Für uns ist die Wiesn kein Ort und keine Veranstaltung. Die Wiesn ist ein tiefes, in uns verankertes Lebensgefühl», sagte der Sprecher der Innenstadtwirte, Gregor Lemke, am Montag. «Wir wollen ein positives Signal setzen.» Die Botschaft: «Habt's wieder Vertrauen, zieht's die Tracht an - dann werden wir alle zusammen Spaß haben.»
Mehr als 50 Wirtshäuser wollen sich beteiligen - Hendl, Haxn, originales Wiesnbier und teils Livemusik traditioneller Wiesnkapellen sollen für «16 schöne Tage» sorgen. «Wir wollen, dass die Menschen Freude entwickeln an dieser Zeit und zum Feiern in die Stadt kommen», sagte der Sprecher der Wiesnwirte, Peter Inselkammer. Rund sechs Millionen Gäste kommen sonst zur Wiesn, zwei Drittel aus Bayern.
Originales Wiesnbier wird fließen. Die Münchner Brauereien haben es trotz der Absage gebraut - die Menge wird reichen, wie der Vize-Vorsitzende des Vereins der Münchner Brauereien, Bernhard Klier, versichert. Auch den traditionellen Oktoberfest-Maßkrug gibt es - situationsbedingt als «Koa Wiesn»-Krug beworben.
Die «WirtshausWiesn» knüpfe an den Ursprünge der Wiesn an, erläutert Lemke. Ganz München feierte, als 1810 Kronprinz Ludwig, der spätere König Ludwig I., Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen heiratete. Aus Platzgründen zog man auf die Theresienwiese. Aber: «Dort gab es keine Infrastruktur, keine Verköstigung.» Deshalb habe der König seine Untertanen fünf Tage lang in die Wirtshäuser der Stadt eingeladen - vielleicht auch eine Idee für «König Markus».
Schon seit Ende Juli kreisen Auf mehreren Plätzen Karussells. Es gibt Schießbuden, Trachtenstände, Zuckerwatte und Lebkuchenherzen, Kultur und Sport, Konzerte, Kabarett. Ein Riesenrad steht am Königsplatz, ein 90 Meter hohes Kettenkarussell am Olympiagelände. Dieser «Sommer in der Stadt» soll Schausteller, Marktkaufleute und Kulturschaffende in der Krise unterstützen und Daheimgebliebenen Abwechslung bieten.
Auf der Theresienwiese, wo sonst um die Zeit Zelte und Fahrgeschäfte aufgebaut werden, stehen keine Karussells, nur ein paar Buden. «Wir wollen dort keine Wiesn durch die Hintertür», sagt Wiesnchef und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). Die Sorge vor unkontrollierten Partys als Infektionsquellen ist groß. Auch wenn auf öffentlichen Plätzen ein Alkoholverbot debattiert wird, gebe es aber bei der «WirthausWiesn» keine Sorgen. «In den Gaststätten haften die Wirte dafür, dass die Sicherheitsregeln beachtet werden.»
Wiesnwirte-Vize Christian Schottenhamel betont: «Wir wollen kein Remmidemmi.» Kapellen werden in kleinerer Besetzung ruhigere Musik spielen. Trotz allem: «Ich werde die Wiesn ganz schrecklich vermissen.» Baumgärtner setzt auf das nächste Jahr. Vorausgesetzt es gebe einen Impfstoff, sagt er voraus: «Die Wiesn 2021 wird stattfinden.»
Alle großen Wiesnwirte beteiligen sich mit insgesamt 18 ihrer Wirtshäuser und Biergärten. Mit dabei ist z.B. der Ayinger in der Au (Familie Inselkammer), Biergarten am Chinesischen Turm (Haberl Gastronomie), der Giesinger Garten und das Gasthaus Jagdschlössl, das Lindwurmstüberl, das Sappralott, der Schweizer Hof (der Fischer-Vroni Wiesnwirte Stadtmüller & Kustatscher), die Grünwalder Einkehr (Familie Schörghuber, Paulaner Festzelt), der Haxnbauer (Familie Kuffler, Weinzelt), die Hirschau und die Kugler Alm (Famile Hagn, Löwenbräu Festzelt), der Hofbräu-Keller am Wiener Platz (Familie Steinberg, Hofbräuzelt), die Käfer Alm in der Riemer Graf-Lehndorff Str. sowie das Restaurant Käfer-Schänke in der Prinzregentenstraße (Familie Käfer, Käfer), der Paulaner am Nockherberg (Familie Schottenhamel, Schottenhamwel Festzelt), der Löwenbräukeller (Fam. Reinbold, "Schützen Fersthalle"), das Seehaus im Englischen Garten (Familie Kuffler, Weinzelt), der Gasthof Zum Wildpark (Familie Roiderer, Hacker Festzelt), der Augustiner am Dom (Familie Vollmer, Augustinerzelt)
Insgesamt nehmen also 54 Gastronomie-Betriebe an der Aktion teil, welche die einzige in der Stadt ist, die während des gesamten Wiesn-Zeitraums stattfindet. Manche sind auch zugleich Wirtshäuser von Wiesnwirten, wie das Zum Fanziskaner (Fam. Reinbold, Schützen Fersthalle"), der Augustiner am Platzl oder das Augustiner Stammhaus, das Hofbräuhaus am Platzl, Hochreiter's Steierer am Markt (Dieter Hochreiter, Zur Bratwurst), Kilians Irish Pub, Landersdorfer & Innerhofer, das Leger am Dom (Fam. Able, Marstall), Der Pschorr, Donisl, das Hackerhaus und das Zum Spöckmeier bzw. Zum Stiftl - Mein Wirtshaus (Fam. Stiftl, Zum Stiftl), das Brenner Restaurant, das Bratwurstherzl am Viktualienmarkt, Little London, das Café Luitpold, das Museumsstüberl im Bier und Oktoberfestmuseum, das Nürnberger Bratwurst Glöckl am Dom, der Palais Keller im Bayerischen Hof, die Pfälzer Resident Weinstube, der Ratskeller und die Fränkisch-Badische Weinstube, das Café Rischart am Marienplatz (Familie Rischart, "Café Kaiserschmarrn" auf dem Oktoberfest), das Schneider Bräuhaus, der Schnitzelwirt im Spatenhof, das Spatenhaus an der Oper (Familie Kuffler, "Weinzelt"), Schuhbecks Orlando, Wildmosers Restaurant-Cafe am Marienplatz, Wirtshaus im Braunauer Hof, Woerner's Café am Dom, Restaurant Zum Alten Markt.