Das junge Berliner Start-up LAP Coffee, gegründet im Jahr 2023, setzt mit einem konsequenten Fokus auf niedrige Preise und effiziente Prozesse neue Maßstäbe im Außer-Haus-Kaffeemarkt. Während die Kaffeepreise in der Gastronomie, laut Statistischem Bundesamt im August im Vergleich zum Vorjahr um knapp ein Viertel gestiegen waren, bietet LAP Coffee einen Cappuccino für 2,50 Euro, einen Americano für 2,00 Euro und einen Espresso für 1,50 Euro an. Das von finanzkräftigen Investoren unterstützte Modell polarisiert die Fachwelt und ruft sowohl Kritiker als auch Befürworter auf den Plan. LAP Coffee selbst reklamiert für sich, eine Marktlücke zu schließen und positive Effekte auf die Kiez-Kultur zu haben.
Strategie: Niedriger Preis durch Effizienz
Das Unternehmen mit dem Namen LAP (steht für „Life among people“) betreibt inzwischen mehr als 20 Filialen in Berlin, Hamburg und München. Mitgründer Ralph Hage erklärt, dass das Ziel sei, „die Lücke dazwischen [zu] ausfüllen“ zwischen dem hochpreisigen Specialty Coffee und dem Massenmarkt. Man wolle „vielbeschäftigte, junge, urbane Menschen mit einem mobilen Lebensstil“ ansprechen.
Die niedrigen Preise werden laut Hage nicht durch Einsparungen am Produkt ermöglicht. Der Kaffee stammt von der Berliner Rösterei 19grams, die auch in der Specialty-Coffee-Szene für Qualität bekannt sei, und von einer Farm in Brasilien. Stattdessen setzt das Unternehmen auf reduzierte Betriebskosten durch kleine Verkaufsräume, die kaum zum Verweilen einladen, den Einsatz von Vollautomaten anstelle von teurem, spezialisiertem Personal für Siebträgermaschinen, sowie digitale Prozesse wie die Vorab-Bestellung per App zur schnellen Abholung am Tresen. Dieses Vorgehen ermögliche es dem Unternehmen, eigenen Angaben zufolge, trotz der niedrigen Preise profitabel zu wirtschaften.
Kritik an Originalität und Community-Gedanken
Das Konzept von LAP Coffee löst in der Gastronomie eine Debatte aus, insbesondere hinsichtlich seines Beitrags zur Kaffeekultur. Ansgar Oberholz, Mitgründer des bekannten St. Oberholz, positioniert sich kritisch zu dem Modell. Er bezeichnet das Start-up als „Abklatsch von Blank Street Coffee aus New York“, dem es an Innovationsfähigkeit mangele.
Oberholz argumentiert zudem, dass der Kiez-Supergau durch LAP Coffee ausbleibe, da die Kette aufgrund der kaum vorhandenen Sitzplätze weniger mit dem klassischen Kiezcafé als vielmehr mit großen Ketten wie Starbucks oder McCafé konkurriere und somit einer „anderen Logik“ folge. Den Anspruch der Community ("Life among people") reduziert er auf eine „performative Social-Media-Präsenz“. „Echte Gemeinschaft braucht Zeit und Räume“, so Oberholz.
Kontroverse um Ethik, Qualität und industrielle Logik
In den Reaktionen auf diesen Diskurs in sozialen Medien zeigen sich tief gespaltene Ansichten innerhalb der Fach-Zielgruppe:
Einige Kommentatoren sehen im Preismodell eine Demokratisierung des Kaffeegenusses und betonen, dass LAP Coffee zeige, dass man qualitativ hochwertigen Kaffee für weniger als 3 Euro anbieten könne. Dies stehe im Gegensatz zu vielen anderen Cafés in der Nachbarschaft, die oft fast das Doppelte verlangten. Sie sehen das Konzept als attraktive „Take Away Coffee“-Lösung.
Dem gegenüber stehen kritische Stimmen, die das Modell als „Industrialisierung in neuem Gewand“ bezeichnen. Hier wird argumentiert, dass der niedrige Preis an anderer Stelle bezahlt werde, etwa durch Verpackung, Tempo und Flächenverbrauch. Insbesondere wird die Verantwortung für Ressourcen und echte Begegnung in den kleinen, auf Coffee-to-go ausgerichteten Filialen hinterfragt. Ein Kommentator sieht in dem Geschäftsmodell eine moralische Entscheidung, da es nicht möglich sei, fair gehandelten Kaffee zu solch niedrigen Preisen anzubieten. Die Sorge wird geäußert, dass irgendwo in der Lieferkette, wahrscheinlich bei den Kaffeebauern, gespart werde. Auch das Problem der Einwegbecher wird als ein Hauptproblem genannt, dessen Entsorgung die Allgemeinheit bezahle.
Impulsgeber für die Kiez-Entwicklung
LAP Coffee selbst tritt der Kritik entgegen und betont, keinen Verdrängungswettbewerb auszulösen. Interne Analysen des Unternehmens stützen dies: Im 500-Meter-Umfeld der 21 Filialen haben seit Oktober 2024 mehr als zehn neue Cafés eröffnet; es habe in diesem Zeitraum keine Schließungen gegeben. Das Unternehmen sieht in dieser 100 Prozent-Survival-Rate einen Beleg dafür, dass „neue Cafés neben LAP entstehen – nicht an dessen Stelle“. LAP Coffee betrachtet Kaffeekultur als „Gemeinschaftsprojekt“, das durch höhere Frequenz und die Sichtbarkeit hochwertiger Angebote die Attraktivität eines Quartiers insgesamt steigere.
Ein Vertreter der Berliner Specialty-Coffee-Szene, Philipp Reichel, bestätigt den positiven Effekt, „die Menschen und Generationen, die sich für Kaffee begeistern, nicht [zu] verlieren“. Gleichzeitig sieht er die Notwendigkeit für etablierte Röstereien und Cafés, sich anzupassen. Er attestiert ein „großes Potenzial“, sich bei Themen wie digitale Prozesse oder Vorab-Bestellungen per App etwas von LAP Coffee abzuschauen, um effizienter zu wirtschaften, da die Kundschaft beim Thema Preis sensibler geworden sei.













