Apaleo-Chef Uli Pillau: „Wie Hotels mit 40 Prozent Auslastung profitabel betrieben werden“

| Hotellerie Hotellerie

Apaleo-Chef Uli Pillau: „Wie Hotels mit 40 Prozent Auslastung profitabel betrieben werden „

Herr Pillau, es gibt aktuell täglich neue Entwicklungen in der Corona-Krise und Änderungen, nach denen sich Hotel und Gastronomie richten müssen. Wie sehen Sie die momentane Lage?

Uli Pillau: Die Unsicherheit für die Hoteliers in Deutschland, in Europa und auch weltweit ist sicherlich gerade das Schlimmste. Dass zum Beispiel TUI auf Grund der Reisewarnung der deutschen Bundesregierung kurzfristig alle Mallorca und Spanienreisen umbuchen oder absagen musste, solche Ereignissen kommen plötzlich und unerwartet. Niemand ist dagegen gefeit in der momentanen Situation. 

Welche Veränderungen sehen Sie mittel- und langfristig bei der Buchungsnachfrage?

Uli Pillau: Viele Märkte werden lange brauchen, um wieder zu dem Status von vor der Krise zu kommen. Und manche Segmente werden das wahrscheinlich nie wieder erreichen. Hoteliers bleibt nichts anderes übrig, als jetzt radikal neue Wege gehen. Der gesamte Event- und Konferenzmarkt, auf den sich viele Hotels vor allem in den Städten konzentrieren, wird in der Zukunft sicher anders aussehen. Sehr viele Messe- und Veranstaltungsfirmen erfinden sich gerade neu. Großveranstaltungen wie Konzerte oder Sportevents werden aus Sicherheitserwägungen auf einige Zeit nicht mehr so stattfinden können wie wir es kannten, die meisten fallen einfach weg. Auch Geschäftsreisen werden zukünftig sicherlich nicht mehr im gleichen Rahmen stattfinden, da viele Firmen vermehrt auf Online-Meetings setzen. In anderen Marktbereichen gibt es ähnliche Entwicklungen.

Und wie wirkt sich das auf den gesamten Markt aus?

Uli Pillau: Es gibt sicher einige Hotels, die auf Grund ihres Produktes oder ihrer Lage gut aufgestellt sind. Auch in den großen Weltstädten wird die Belegung irgendwann wieder akzeptable Höhen erreichen. Doch die überwiegende Anzahl von Hotels wird kämpfen müssen. Vielen bleibt nur, ihr Geschäftsmodell wirklich drastisch zu verändern. Die Alternative ist die Schließung des Betriebs oder der Verkauf. In den Nachrichten liest man fast täglich über Insolvenzen in der Hotel- und Gastronomiebranche.
 

Kann man hier generalisierte Aussagen treffen?

Uli Pillau: Das ist so natürlich nicht möglich. 5-Sterne-Häuser haben andere Voraussetzungen als Budget Hotels. Motel One wird in 2020 voraussichtlich einen Verlust von 80 Millionen Euro machen. Laut dem Gründer Dieter Müller erlebt die Gruppe so etwas zum ersten Mal. Doch es gibt etwas, das allen gemein ist: Ingo Peters, Direktor des Vier Jahreszeiten Hotels in Hamburg, sagte kürzlich in einem Interview, dass die deutlich niedrigere Belegung, sie dazu zwingt, komplett umzudenken. Eine Belegung wie in diesem Jahr ist für die meisten Häuser einfach nicht mehr kostendeckend. Allgemein sagt man, dass je nach Hotelart ein Minimum von ungefähr 60-65% Belegung nötig ist, um zumindest die Kosten zu erwirtschaften. Erst danach macht man Gewinne. Die größten Kostentreiber sind die Pacht und natürlich die Personalkosten.

Wie lange wird dieser Trend voraussichtlich anhalten?

Uli Pillau: Das ist sehr schwer vorauszusagen. Viele auf den Hotelmarkt spezialisierte Analysefirmen prognostizieren aber, dass für 2020 und die Folgejahre an den meisten Orten und Städten noch mit Belegungen deutlich unter 50% gerechnet werden muss, oft sogar eher in die Richtung 30-40%. Dass viele Betriebe dadurch gezwungen sein werden zu schließen, das tut mir in der Seele weh. Ich bin seit weit über 30 Jahren in der Hotelbranche, habe eine Ausbildung und die Hotelschule absolviert, arbeite seit langer Zeit eng auf der Softwareseite weltweit mit Ketten und Hotels zusammen und zähle etliche Hoteliers zu meinen Freunden. Was gerade passiert, ist mit nichts zu vergleichen, was wir bisher kannten.

Welche Alternative empfehlen Sie, wenn man eine Schließung noch umgehen kann?

Uli Pillau: Es gibt in einer Reihe von Ländern innovative Vorreiter für neue Hotelmodelle, die andere Wege gehen, oft durch Leute und Konzepte getrieben, die bereits in anderen Industrien erfolgreich waren. Sie setzen zum Beispiel auf voll automatisierte Hotels, die mit wenigen oder keinen Mitarbeitern vor Ort auskommen können. Solche Hotels arbeiten bereits mit Belegungen von 20, 30 oder 40% durchaus profitabel und produzieren deutliche Gewinne.

Gibt es Hotelketten in Deutschland, die das bereits für sich nutzen?

Uli Pillau: Hier kennen wir Limehome, Stayery oder Cosy, die auch unsere Kunden sind. Sie haben bereits bei ihrem Aufbau die komplette Riege an veralteten Legacy-Technologien ignoriert und setzen auf moderne Cloud-Plattformen, die ihre Konzepte auch wirklich unterstützen.

Für neue Hotelgruppen und Hotels scheint das schlüssig. Aber was hilft den bestehenden Hotelbetrieben, die aktuell in Schwierigkeiten sind?

Uli Pillau: Je länger man mit seinem Betrieb erfolgreich gearbeitet hat, desto schwieriger ist es, seine Arbeitsweise zu ändern. Für ein traditionelles Hotel ist ein komplettes Umdenken sicher ein schmerzhafter Prozess. Doch als Alternative zur Schließung oder zum Verkauf für die meisten der einzige Weg.

Was genau schlagen Sie vor?

Uli Pillau: Ein erster Schritt könnte sein, sämtliche F&B-Outlets und Restaurants zu schließen oder an dritte Betreiber zu geben. Außerdem alle alten Technologie-Systeme mit hohen Wartungs- oder Vertragskosten sofort zu kündigen und abzuschalten. Das alles jedoch nicht willkürlich und aktionistisch, sondern mit einem Plan, ein neues Produkt für einen veränderten Markt zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen. Freigewordene, vorhandene Räumlichkeiten kann man neu definieren und wichtige Bausteine, die man für den Betrieb noch benötigt - wie das Housekeeping - outsourcen. 

Das alles mit dem Ziel im Kopf: Wie kann ich mein Hotel mit einer fortlaufenden Belegung von unter 40% mit Gewinn betreiben? Aus meiner Erfahrung heraus besteht der einzig mögliche Schlüssel in der Automatisierung über Technologie. Das erfolgreiche Hotel der Zukunft wird ein von Technologie getriebenes Hotel sein. Es wird nicht jedem leicht fallen, sein Hotelkonzept, das über Jahrzehnte hinweg so gut funktioniert hat, hinter sich zu lassen in allen Bereichen komplett neu zu denken. Doch dieser Weg kann den ganzen Betrieb retten.

Welchen positiven Ausblick können Sie uns bieten?

Uli Pillau: Da ich selbst als Hotelier gearbeitet habe, fühle ich mit der ganzen Industrie. Ich bin aber auch ein großer Optimist und sehe positiv in die Zukunft. Eine solche riesige Krise birgt immer auch große Chancen, wenn man sich auf die neuen Gegebenheiten einlässt. Um uns herum verändert sich gerade alles in einer viel höheren Geschwindigkeit als bisher gewohnt. Die Schwachstellen in den Industrien sind so sichtbar wie nie. Mit neuen Situationen, schnell lernen umzugehen, das kennen wir aus der Software-Entwicklung sehr gut. Wir erfinden uns in unseren Start-up Firmen tagtäglich neu. Deshalb kennen wir auch die Wege, die die Hotellerie in die Zukunft bringen kann.

Über Uli Pillau:

Uli Pillau ist Unternehmer und Angel Investor. Er ist Gründer von apaleo, einem in München ansässigen Start-up-Unternehmen, das eine Cloud-Plattform der nächsten Generation für die Hotellerie entwickelt. Zuvor war Uli am Aufbau mehrerer sehr erfolgreicher Softwareunternehmen im Hotel- und Reisebereich beteiligt, u.a. Fidelio Software, heute das weltweit führende Property Management System für Hotelketten und Hotels. Anschließend leitete er IDeaS, ein Unternehmen, das die erste wissenschaftliche Revenue Management Software für die Hotellerie anbietet, die sich schnell zum Standard Yield & RMS System für Hotelketten und Hotels auf der ganzen Welt entwickelte.

Über apaleo GmbH

apaleo ist die offene Software-Plattform für die Hotellerie, die es jedem Betrieb ermöglicht, sich einen individuellen Technologie-Stack mit Property Management und integrierten Zahlungssystemen sowie kostenloser Integration von Drittanbieter-Applikationen und Inhouse-Lösungen zusammenzustellen. Basierend auf der Infrastruktur von apaleo kann jedes Hotel das ideale Gästeerlebnis und die optimale Mitarbeitererfahrung verwirklichen.

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Berliner Hostelgruppe a&o stockt seit Monaten ihr Angebot an Mehrbettzimmern für Frauen auf: vier bis sechs Betten in einem rund 26 Quadratmeter großen Raum, dazu ein speziell ausgestattetes Badezimmer mit Fön, Extra-Spiegel und -Beleuchtung.

Knapp drei Jahre nach Grundsteinlegung ist das „Essential by Dorint Interlaken“ mit 115 Zimmern und Apartments, Frühstücksrestaurant und Bar/Lounge eröffnet worden. Hoteldirektor Franz Buttgereit begrüßte seinen ersten Gast – den Schweizer Singer und Songwriter Nr. 1. Vincent Gross.

Für die Luftschiffbau Zeppelin GmbH errichtete i+R Industrie- und Gewerbebau ein Ferien- und Seminarhotel direkt am Bodenseeufer in Friedrichshafen. Das Projekt „Seegut Zeppelin“ besteht aus vier architektonisch außergewöhnlichen Gebäuden mit 62 Zimmern, Seminarräumen, Restaurant und einem Wellness- und Fitnessbereich.

Das Regent Hotel am Berliner Gendarmenmarkt schließt Ende des Jahres. Das bestätigten die Betreiber des Luxushotels, die Intercontinental Hotels Group (IHG), am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur über eine PR-Agentur. Der Pachtvertrag für das Regent Berlin laufe am 31. Dezember 2024 aus.

Die Wettervorhersage für Pfingsten ist eher durchwachsen. Im Thüringer Wald sind die Unterkünfte dennoch gut gebucht. Eng wird es in Eisenach, Meiningen oder auch in kleineren Orten wie Tambach-Dietharz. Es gibt aber ein paar letzte Optionen.

Pressemitteilung

​​​​​​​In einer Welt, die durch Veränderungen und zunehmende Herausforderungen gekennzeichnet ist, ist es für Hoteliers essenziell, den optimalen Weg zwischen innovativen digitalen Lösungen und dem persönlichen Kontakt zu den Gästen zu finden. Eine Veranstaltung, am 13. Juni 2024, am Blackfoot Beach in Köln, bietet Hoteliers die Möglichkeit zum unkonventionellen Austausch.

Hilton hat die Eröffnung seines neuesten europäischen Hauses, des Legacy Hotel Cascais, Curio Collection by Hilton, bekanntgegeben. Das 59-Zimmer-Hotel verbindet auf modernes Design mit Glamour, eine Anspielung auf die berühmte Vergangenheit und das königliche Erbe der Gegend.

Seit 2015 engagiert sich Arcotel Hotels für den Bienenschutz. Möglich ist das, weil das Unternehmen für alle Gäste, die ab der 2. Nacht auf die Zimmereinigung verzichten, aktuell 3,50 Euro in einen Spendentopf einzahlt. Im vergangenen Jahr kamen so mehr als 160.000 Euro zusammen.

Apartment-Anbieter limehome​​​​​​​ eröffnet in Wien seinen bisher größten österreichischen Standort mit insgesamt 120 Einheiten. Im Laufe des Jahres sind weitere Projekte in Krems und Bad Hall geplant.

Die Numa Group übernimmt im Rahmen eines vom Immobilienkonzern Soravia abgeschlossenen Renovierungsprojekts 47 Apartmenteinheiten in München. Als Investor ist Soravia an der europaweiten Expansion von Numa beteiligt.