Erste Corona-Bilanz: Investitionen in Hotelimmobilien sinken deutlich

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Auf dem deutschen Hotelinvestmentmarkt konnte nach Angaben von Colliers International im ersten Halbjahr 2020 ein Transaktionsvolumen von rund 1,3 Milliarden Euro registriert werden. Das Ergebnis der ersten sechs Monate liegt 21 Prozent unter dem Vorjahr, jedoch mit sieben Prozent weiterhin über dem zehnjährigen Durchschnitt. Der Anteil der Assetklasse Hotel beträgt fünf Prozent am Gesamtmarkt. 

René Schappner, Head of Hotel bei Colliers International: „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren im zweiten Quartal deutlich zu spüren. Weniger als 270 Millionen Euro wurden investiert – der niedrigste Quartalswert seit Anfang 2014. Der Lockdown hat große Unsicherheiten im Hotelgeschäft ausgelöst, die bei allen Marktteilnehmern zu einer abwartenden Haltung geführt haben. Aufgrund geschlossener Betriebe und fehlender Gäste wurden im zweiten Quartal zahlreiche Transaktionen verschoben, bis sich die Lage stabilisiert hat. Die Abschlüsse, die registriert werden konnten, wurden daher in aller Regel schon vor Corona angestoßen.“

JLL sagt, dass der deutsche Hotelinvestmentmarkt durch Corona Einbußen in bis dato nicht gekannter Größenordnung hinnehmen müsse. Bei lediglich acht Transaktionen in den Monaten April bis Ende Juni haben Investoren 260 Mio. Euro in die Hand genommen, um Hotelobjekte zu kaufen. Drei Monate vorher konnten noch 1 Mrd. Euro und 27 Transaktionen bilanziert werden. Ein Trostpflästerchen für die Statistiker immerhin. Denn durch den starken Jahresauftakt mildert sich der Rückgang für das Halbjahr auf ein Minus von lediglich 15 Prozent, gleichbedeutend einem Transaktionsergebnis von 1,25 Mrd. Euro (H1 2019: 1,47 Mrd. Euro). Der 5-Jahresvergleich mit den in diesem Zeitraum stark zugenommenen Volumina liegt da schon eher im Argen: - 28 Prozent schlagen zu Buche.

„Wie befürchtet hat sich die Pandemie im zweiten Quartal den operativen Märkten folgend auch auf den Investmentmärkten bemerkbar gemacht“, so Heidi Schmidtke, Managing Director der JLL Hotels & Hospitality Group. Und weiter: „Auch ist nicht wegzudiskutieren, dass die wenigen Aktivitäten im zweiten Quartal ihre Anfänge bereits meist vor Corona genommen hatten.“

Unternehmensübernahmen steigern Portfolioanteil, nur wenige großvolumige Einzeltransaktionen

Die Halbjahresergebnisse werden daher deutlich vom starken ersten Quartal geprägt, in dem Unternehmensübernahmen das Marktgeschehen noch einmal unmittelbar vor Ausbruch der Corona-Pandemie befeuert haben. Rund 650 Millionen und damit exakt die Hälfte des Transaktionsvolumens floss in Portfoliotransaktionen, im Vorjahreszeitraum waren es nur rund 200 Millionen Euro.

Dahinter steht im Wesentlichen die Übernahme des TLG-Portfolios durch Aroundtown im ersten Quartal, die auch mehrere Hotels beinhaltete. Zudem verkaufte Aroundtown vier Business-Hotels an den französischen Investor Primonial. Einzige Portfoliotransaktion im zweiten Quartal war die Übernahme des niederländischen Ferienparkbetreibers Roompot, zu dem auch zwei Ferienparks in Deutschland gehören. Die französischen PAI Partners verkauften an die Private Equity-Firma KKR aus den USA. 

Nur wenige größere Einzeltransaktionen wurden im ersten Halbjahr abgeschlossen. Der größte Abschluss war der Verkauf des nhow Berlin. Das Objekt am Berliner Osthafen sicherte sich die Eastern Property Holdings aus der Schweiz vom Jesta Capital Trust. Neben dieser Großtransaktion dominierten insbesondere im zweiten Quartal kleinvolumige Privatverkäufe das Marktgeschehen. 

JLL sagt: Einzeltransaktionen kamen in den ersten sechs Monaten auf ein Volumen von knapp 632 Mio. Euro, verteilt auf 29 Transaktionen - mit deutlich schwächerem Ergebnis im zweiten Quartal. Im Halbjahresvergleich mit dem Vorjahr ist ein Rückgang von 34 Prozent zu notieren. Die durchschnittliche Größe in den ersten sechs Monaten von knapp 22 Mio. Euro bewegt sich rund 7 Mio. Euro unter der Größenordnung des Vorjahres, also hin zu kleinvolumigeren Transaktionen.
Projektentwicklungen machten bis Ende Juni 2020 bei einem Volumen von ca. 270 Mio. Euro 22 Prozent des Gesamtvolumens aus, im Vergleichszeitraum des letzten Jahres war es knapp die Hälfte (706 Mio. Euro) des Gesamtvolumens. „Es gibt Investoren, die gerade in diesen Zeiten vor dem erhöhten Risiko einer nicht zeitplangerechten Fertigstellung des Objekts zurückschrecken. Hinzu kommt, dass derzeit vielfach die Finanzierung von Projekten schwierig ist. Aber wir sprechen auch mit Investoren, die auf Basis eines zukünftigen Szenarios kalkulieren, bei dem also bis zur Fertigstellung eine Erholung der Märkte zu erwarten ist und kein Verzug der Pachtzahlungen berücksichtigt werden muss“, erklärt Heidi Schmidtke.
Zu den größten Einzeltransaktionen im zweiten Quartal gehörten unter anderem:

  • der Verkauf des nhow Berlin, bei dem Signing und Closing direkt am Anfang des zweiten Quartals stattgefunden hatten. Dabei hatte EPH European Property Holdings 89,9 Prozent der Anteile des Hotels von der kanadischen Jesta Group erworben.
  • der Erwerb der im Bau befindlichen Projektentwicklung the niu Cure in Erlangen als Teil der gemischt genutzten Immobilie Paul Carré durch Kingstone Investment Management. Verkäufer war der Entwickler S&P Commercial Development.
  • der Ankauf des im November neu eröffneten Holiday Inn Express Kaiserslautern durch eine Fondsgesellschaft aus Hamburg. Verkäufer war die Ten Brinke Group.
  • der Verkauf des Park Hotel Egerner Höfe am Tegernsee Ende April. Molkerei-Unternehmer Christian Ehrmann hatte das familiengeführte Traditionshaus von Klaus Dieter Graf von Moltke gekauft.

Lediglich eine Portfoliotransaktion wurde im zweiten Quartal 2020 mit dem Ankauf der Ferienpark Plattform Roompot durch KKR realisiert, beraten durch JLL. Verkäufer war Ende Juni der französische Investor PAI Partners. Der Transaktionswert betrug insgesamt 1 Mrd. Euro, auf Deutschland entfiel mit zwei Häusern lediglich ein geringer Anteil.
Das Gesamtvolumen für die sechs Portfoliotransaktionen im ersten Halbjahr 2020 beläuft sich damit auf über 610 Mio. Euro, knappe 18 Prozent über dem Vorjahresergebnis – maßgeblich bedingt durch die Mehrheitsübernahme an TLG durch Aroundtown.

„Dass auch in diesen schwierigen Zeiten eine so große Transaktion wie der Ankauf der Roompot Plattform möglich war, ist nicht nur ein erfreuliches Signal für den Hotelinvestmentmarkt insgesamt. Die Transaktion könnte auch als Indikator dafür gedeutet werden, dass sich der Fokus von Investoren verstärkt auf solche Investments richtet. Denn die Ferienhotellerie erholt sich aktuell mit am schnellsten. Hotels am Meer und in den Bergen erleben vor allem durch inländische Besucher einen veritablen Nachfrageboom“, so Heidi Schmidtke.

Internationale Investoren verhalten sich weiterhin zurückhaltend

Ausländische Investoren agierten weiterhin abwartend am Markt. Zwar konnten internationale Käufer mit fast 700 Millionen Euro und einem Anteil von 53 Prozent im ersten Halbjahr mehr Kapital am Markt platzieren, allerdings ist dies überwiegend auf die Portfoliotransaktionen von Aroundtown und Primonial zurückzuführen.

Auf Verkäuferseite war die Dominanz deutscher Investoren zum wiederholten Male deutlicher. Sie trennten sich von Hotels im Wert von über 1,1 Milliarden Euro, ihr Marktanteil belief sich auf 86 Prozent und damit noch einmal sieben Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Neben den deutschen Investoren waren Kanada und Frankreich die wichtigsten Herkunftsländer für Kapital.

Transaktionsvolumen gleichmäßig auf TOP 7 und B- und C-Standorte verteilt

Der Trend zu Investitionen in Standorte außerhalb der sieben Investmentzentren hielt im ersten Halbjahr vorläufig an. Auf der einen Seite floss mit 640 Millionen Euro fast die Hälfte des Kapitals in Städte außerhalb der TOP 7. Der größte Deal außerhalb der sieben Investmentzentren war das Hampton by Hilton in Kiel, das die BVK als Forward Deal kaufte. Auf der anderen Seite bewegte sich das Transaktionsvolumen in den TOP 7 mit rund 660 Millionen Euro und 51 Prozent auf dem gleichen Niveau. 

3- und 4-Sterne-Hotels dominieren die Einkaufslisten

Zum Halbjahr teilten 3- und 4-Sterne-Herbergen wiederholt das Gros des Marktgeschehens unter sich auf. 57 Prozent des Transaktionsvolumens sowie rund 740 Millionen Euro entfielen auf 4-Sterne-Häuser, 3-Sterne-Hotels folgten mit 34 Prozent und 440 Millionen Euro. Boarding Houses blieben mit rund 70 Millionen Euro konstant, ihr Marktanteil rutschte auf sechs Prozent. 2- Sterne und 5-Sterne-Anlagen runden mit jeweils unter 30 Millionen Euro das Bild ab. 

Immobilien AGs weiterhin aktivste Käufer

Die TLG-Übernahme bestimmte auch im ersten Halbjahr die Käuferstrukturen, weshalb der Marktanteil von Immobilien AGs auf 32 Prozent kletterte, nachdem er im Vorjahr bei elf Prozent lag. Asset- und Fondsmanager konnten im Vorjahresvergleich den zweiten Platz halten und kauften für rund 270 Millionen Euro ein, der Marktanteil beläuft sich auf 21 Prozent. Auffällig zurückhaltend zeigten sich die Offenen Immobilien- und Spezialfonds, die im ersten Halbjahr für rund 100 Millionen Euro Hotels einkauften, im Vorjahreszeitraum waren es noch fast 600 Millionen Euro. 

Projektentwickler platzieren kaum Objekte am Markt

Auf Verkäuferseite waren Projektentwickler mit 320 Millionen Euro und 25 Prozent Marktanteil am aktivsten. Allerdings liegen das Volumen und der Anteil deutlich unter den fast 900 Millionen Euro und 54 Prozent aus dem Vorjahreszeitraum. Im gleichen Zuge sank auch der Anteil an Forward Deals, wodurch die Zurückhaltung der Entwickler während des Lockdowns unterstrichen wird. Die weiteren Plätze belegten Immobilien AGs mit fast 300 Millionen Euro (23 Prozent Marktanteil) sowie Asset- und Fondsmanager mit über 220 Millionen Euro (17 Prozent Marktanteil).

Renditen stabil, Core-Produkt gefragt, Abschläge bei Value Add möglich

Trotz der wenigen Abschlüsse werden werthaltige Core-Produkte weiterhin sondiert, weshalb die Spitzenrenditen vorerst konstant blieben. Die Renditespanne reicht von 3,70 Prozent in München bis 4,40 Prozent in Berlin. „Wir erwarten bei Top-Produkten keine nennenswerten Änderungen. Bei Value Add-Produkten sind hingegen deutliche Abschläge möglich“, prognostiziert Schappner.

Ausblick: Risiken werden kontrollierbar, Marktgeschehen kommt langsam wieder ins Rollen

Obwohl die Bremsspuren der Corona-Pandemie im zweiten Quartal deutlich sichtbar wurden, zeigt sich der Hotelmarkt insgesamt in stabiler Verfassung. Nach Aufhebung der Reisebeschränkungen im Inland erfreuen sich vor allem deutsche Feriengebiete einer hohen Nachfrage und mit der Zunahme an Flugverbindungen werden auch wieder vermehrt internationale Gäste zu verzeichnen sein.

Die eingeschränkte Transaktionstätigkeit ist deshalb nicht auf fehlendes Interesse an der Assetklasse zurückzuführen: „Mit einer zunehmenden Normalisierung der Reisetätigkeit nehmen auch die Risiken für Hotelinvestments ab. Viele Investoren haben Hotels weiterhin auf ihren Einkaufslisten, bevorzugt auch als Beimischung in Mixed-Use-Objekten. Zudem haben einige Projektentwickler aufgrund des unsicheren Markt- und Finanzierungsumfeldes Verkäufe zurückgehalten, gehen aber nichtdestotrotz weiterhin neue Projekte gemeinsam mit expansionsfreudigen Betreibern an. Sobald die Unsicherheiten kontrollierbar werden, wird sich auch das aktuell schwierige Finanzierungsumfeld für Hoteltransaktionen sukzessive verbessern und das Marktgeschehen wieder in Schwung kommen, was wir bereits zum Ende des zweiten Quartals wahrnehmen konnten“, so Schappner abschließend.

Gibt es sie, die zarten grünen Triebe auf dem Hotelmarkt? „Ja, die gibt es“, ist sich Heidi Schmidtke von JLL sicher. „Allerdings muss das große Ganze gesehen werden. Vom versprochenen ‚Wumms‘ des deutschen Finanzministers bis zu einer Neuerfindung der gesamten Reisebranche reicht das Spektrum. Die staatliche Rettung einer Fluggesellschaft ist da nur ein Steinchen im Mosaik, genauso wie das individuelle Reiseverhalten der Geschäftsleute.“ Schmidtke abschließend: „2020 wird kein Glanzjahr in den Geschichtsbüchern des Hotelinvestmentmarktes. Die Krise ist nämlich noch lange nicht überstanden. Eine Rückkehr zu Leistungskennzahlen auf Vor-Corona-Level liegt noch in weiter Ferne, je nach Markt und Objekt kann dies zwei bis drei Jahre oder länger dauern. In jedem Fall befinden wir uns in einem Umbruch. Vielleicht sollte auch daran erinnert werden, dass Renditen im Hotelinvestmentmarkt zuletzt denen von Bürotransaktionen zu ähnlich wurden und nicht genügend reflektiert wurde, dass operatives Geschäft immer auch ein höheres Risiko beinhaltet. 2020 wird sich auf jeden Fall deutlich unter dem 5-Jahresdurchschnitt von 4,4 Mrd. Euro bewegen. Aber Kapital und Investoren stehen bereit. Und die Übernachtung außerhalb der eigenen vier Wände wird es auch zukünftig geben. Denn sie ist Teil unseres zivilisierten Lebens. Dessen Koordinaten brauchen eine Nachjustierung und eine tragfähige Vision künftigen Reisens.“

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