Der durch die Corona-Krise bedingte Rückgang von Übernachtungen in Hotels und Pensionen stellt auch Jugendherbergen vor erhebliche Probleme. Das Deutsche Jugendherbergswerks (DJH) geht für das Jahr 2020 von einem Rückgang bei Umsatz und Übernachtungen von etwa 80 bis 90 Prozent aus, wie Justin Blum, Sprecher des Verbandes, der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Insbesondere der Wegfall eines Großteils des Klassenfahrtgeschäftes mache den etwa 450 im DJH organisierten Betrieben zu schaffen, sagte Blum. Viele Herbergen würden deshalb ihren Betrieb nach dem Sommergeschäft wieder einstellen. Aktuell nehme nur rund die Hälfte der Unterkünfte Buchungen an. «Diese Zahl ändert sich aber quasi täglich, da viele Häuser zum Beispiel in den Sommermonaten für die Ferienzeit geöffnet hatten, jetzt aber aufgrund der fehlenden Gäste wieder schließen», sagte Blum. Einige Betriebe hätten bereits dauerhafte Schließungen angekündigt.
«Es geht um nicht weniger als die Zukunft der deutschen Jugendherbergen», hatte Julian Schmitz, der Hauptgeschäftsführer des DJH mit Sitz in Detmold, kürzlich gesagt. Zwar konnten 288 der bundesweit rund 450 Häuser nach der wochenlangen Corona-Zwangspause wieder öffnen, doch das traditionelle Kerngeschäft der Herbergen mit Klassenfahrten und Gruppenreisen sei nahezu vollständig weggebrochen. Allein die Schul- und Klassenreisen machten etwa 40 Prozent des Umsatzes aus. In manchen Häusern liege der Anteil deutlich höher.
«Seit dem 15. März erlebten wir eine Stornierungswelle von bereits fest gebuchten Klassenfahrten und Jugendreisen für das gesamte Jahr 2020», sagte Miriam Gedrose, Sprecherin des DJH-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Von Mitte März bis Anfang August sei ein Stornierungsvolumen von 7,1 Millionen Euro aufgelaufen, etwa 68,5 Prozent des geplanten Jahresumsatzes. Rund 80 Prozent der Stornierungen entfielen auf das Segment Jugend- und Schulreisen.
In einigen Häuser reiße der Betrieb deutlich größere Lücken als Einnahmen generiert würden, sagte der DJH-Geschäftsführer Schmitz im Juni. Andere müssten dicht bleiben, weil die baulichen Voraussetzungen Infektionsschutz schwierig machten. Von gemeinnützigen Landesverbänden getragen, haben die Herbergen keine nennenswerten Rücklagen - was notwendige Instandhaltungen und Renovierungen erschwert. «Wenn wir nicht in die Attraktivität der Häuser investieren können, bricht die Nachfrage ein. Da kann sich schnell eine Abwärtsspirale entwickeln», betonte Schmitz.
Wie stark die Branche von Schließungen bedroht sei, könne man erst zum Jahresende abschätzen, sagte Blum. Man müsse nun sehen, wie sich die Auslastungen entwickelten und wie staatlichen Hilfen wirkten. Immerhin habe die Politik die gemeinnützigen Unternehmen, zu denen auch das Deutsche Jugendherbergswerk zählt, mittlerweile auf dem Schirm und entsprechende Hilfsprogramme aufgesetzt. Hier sei das kürzlich in Kraft getretene, 100 Millionen Euro schwere Sonderprogramm zu nennen, mit dem kurzfristig gemeinnützige Einrichtungen finanziell unterstützt werden. Es bedürfe aber noch eines finalen Antrags, bis die Mittel ausgeschüttet werden.
Auch die Aussicht auf den Herbst, der normalerweise die Hochzeit der Klassenfahrten ist, lässt die Betreiber nicht ruhiger schlafen. Weiter geltende Restriktionen für Klassenfahrten in einigen Bundesländern führten dazu, dass viele Häuser auch weiterhin auf die jungen Gäste verzichten müssten. Deshalb bräuchten die Herbergen «eine Perspektive durch die Politik, wann bundesweit wieder Klassenfahrten durchgeführt werden können», sagte Blum. Das DJH habe hier mit einem Hygienekonzept und Angeboten für Schulklassen bereits vor Wochen entsprechende Voraussetzungen geschaffen. (dpa)