66 Neuinfektionen: Corona-Ausbruch in Schlachthof von Wiesenhof

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Wieder gibt es einen Corona-Ausbruch in einem Schlachthof: Im niedersächsischen Lohne sind 66 Menschen in einem Schlachthof von Wiesenhof positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das teilte der Landkreis Vechta am Samstagabend mit. Das Unternehmen PHW - mit der Marke Wiesenhof - war am Sonntag zunächst nicht zu erreichen.

Bei einer Reihentestung wurden insgesamt 1046 Abstriche genommen. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz liegt damit in dem Landkreis bei 41,13 pro 100 000 Einwohner. Als Grenzwert für Einschränkungen des öffentlichen Lebens gilt der Wert 50. Von den neuinfizierten Menschen wohnen 35 im Landkreis Vechta, 27 im Landkreis Diepholz, zwei im Landkreis Osnabrück und jeweils einer im Landkreis Cloppenburg und in der Stadt Delmenhorst.

Corona-Infektionen in Schlachthöfen hatten zuletzt zu einer bundesweiten Debatte über die Zustände in der Fleischindustrie geführt. Der Tönnies-Standort Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen hatte Schlagzeilen gemacht, weil sich rund 1400 Mitarbeiter, darunter viele Werkarbeiter, mit dem Virus Sars-Cov-2 infiziert hatten. Während im restlichen Bundesgebiet die Corona-Maßnahmen deutlich gelockert wurden, hatte die Bevölkerung in den Kreisen Gütersloh und Warendorf deshalb erneut weitgehende Einschränkungen des Alltags hinnehmen müssen. Betroffen waren zeitweise rund 640 000 Einwohner.

Der Ausbruch in Lohne ist bislang deutlich kleiner. In der Vergangenheit war es bereits im nahe gelegenen Wildeshausen (Kreis Oldenburg) zu Ansteckungen in einem Wiesenhof-Unternehmen gekommen. Dort wurden bei «Geestland Putenspezialitäten» unter 1183 vorliegenden Ergebnissen 46 Corona-Fälle registriert. Der Betrieb wurde komplett heruntergefahren, nachdem für die rund 1100 Mitarbeiter und deren direkte Kontaktpersonen vom Landkreis Oldenburg Quarantäne angeordnet wurde. Auch bei dem Zerlegebetrieb von Westcrown in Dissen (Landkreis Osnabrück), einem Gemeinschaftsunternehmen von Westfleisch und Danish Crown, waren im Mai insgesamt 146 Mitarbeiter positiv auf das Virus Sars-Cov-2 getestet worden. Der Betrieb wurde dort für zwei Wochen eingestellt.

Die PHW-Gruppe mit Sitz im Kreis Vechta, zu der Wiesenhof gehört, erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr (30. Juni) einen Umsatz von 2,68 Milliarden Euro, die Mitarbeiterzahl lag bei 7032. Der Anteil der Werkarbeiter an den Beschäftigten beträgt dem Unternehmen zufolge derzeit 20 Prozent.

In den vergangenen Jahren war die PHW-Gruppe immer wieder Ziel der Kritik von Tierschützern. Nach dem Generationswechsel in der Geschäftsführung des Familienunternehmens auf Peter Wesjohann suchte das Unternehmen in den vergangenen Jahren aber auch den Dialog mit Tierschützern, etwa der Organisation Peta. Im vergangenen Jahr sind nach Unternehmensangaben 80 Prozent der Produkte unter Tierwohl-Bedingungen produziert worden. Das Unternehmen investiert auch in alternative Proteinquellen wie vegane Produkte oder künstlich erzeugtes Fleisch.

Corona-Ausbruch in Schlachthof: Unternehmen sagt mehr Tests zu

Nach dem erneuten Corona-Ausbruch in einem Schlachthof hat das Unternehmen Oldenburger Geflügelspezialitäten GmbH (OGS) zugesagt, die Mitarbeiter verstärkt auf Infektionen zu testen. Eine Komplettdesinfektion des Wiesenhof-Standorts sei geplant, das Aufsichtspersonal im Kartonlager und in Pausenräumen solle verstärkt werden, kündigte das Unternehmen am Sonntag an. Die bei der Reihentestung positiv Getesteten arbeiteten nicht im vollautomatisierten Schlacht- und Zerlegebetrieb. Eine Häufung an Infektionen sei im - normal temperierten - Kartonlager festgestellt worden. Bei früheren Tests habe es bis auf zwei Nachweise keine bekannten Infektionen unter Mitarbeitern gegeben.

Im Lohne im Kreis Vechta sind 66 Menschen in dem Wiesenhof-Hähnchenschlachthof positiv auf das Coronavirus getestet worden. Dabei handelt es sich nach Unternehmensangaben um 12 eigene Mitarbeiter, 48 Werkvertragsbeschäftigte, fünf Mitarbeiter aus Arbeitnehmerüberlassung und um einen externen Beschäftigten einer Reinigungsfirma.

In Absprache mit den Behörden sollten 95 weitere Beschäftigte in Quarantäne. Künftig sollten die Beschäftigten mit Blick auf das Hygienekonzept geschult werden, zusätzliche Pausenräume sollten entstehen und die verschiedenen Arbeitsschichten voneinander getrennt werden. Rückkehrer aus Risikogebieten müssten für 14 Tage vorsorglich in Quarantäne. Urlaubsrückkehrer und neu Eingestellte müssten sich auf das Coronavirus testen lassen. Auch nach einer Quarantäne seien künftig Tests nötig. Schutzkleidung und Desinfektionsmittel sollten zur Verfügung gestellt werden.

Pfarrer Kossen warnt vor «Sklaverei»

Nach dem erneuten Corona-Ausbruch in einem Wiesenhof-Schlachthof hat der katholische Pfarrer Peter Kossen vor «moderner Sklaverei» in den Fleischfabriken gewarnt. Von Ankündigungen großer Fleischkonzerne, Werkarbeiter fest anstellen zu wollen, dürfe sich der Gesetzgeber nicht täuschen lassen, sagte der Pfarrer aus Lengerich im nordrhein-westfälischen Kreis Steinfurt am Sonntag. Er rief dazu auf, die «moderne Sklaverei» zu beenden. Nur: «Solange die Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeitsmigranten nicht substanziell verbessert werden, ist kein Ende in Sicht.»

Wenn jetzt zu hören sei, «die Werkvertragsarbeiter würden demnächst von Tochtergesellschaften angestellt, dann ist das doch die gleiche Masche, mit der die Fleischindustrie schon lange Arbeitsmigranten ausgebeutet hat, indem sie nämlich als eigener Subunternehmer auftritt und genau damit Löhne und Sozialstandards drückt», mahnte Kossen. Der Pfarrer setzt sich seit Jahren für die Interessen der Werkarbeiter in der Fleischindustrie ein.

Die Konzerne Tönnies, Westfleisch und PHW (Wiesenhof) hatten angekündigt, ab 2021 auf Werkarbeiter weitgehend verzichten zu wollen. Die Bundesregierung plant zum 1. Januar zudem ein Verbot der Werkarbeit in der jetzigen Form. In Lohne sind nach Angaben des Landkreises Vechta unterdessen 66 Menschen in einem Wiesenhof-Hähnchenschlachthof positiv auf das Coronavirus getestet worden.

Kossen beklagte: «Die Immobilienfirma in Konzernhand, die Matratzen in Schrottimmobilien zu Wucherpreisen an Arbeitsmigranten vermietet, macht die Abzocke komplett.» Der Gesetzgeber müsse «diesen kriminellen Sumpf vollständig trockenlegen». Das System einer Wertschöpfung, die weitgehend auf der Ausbeutung von Menschen, Tieren und Natur aufgebaut sei, sei krank und mache krank. (dpa)


 

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