Alte Tradition: Bierbrauen in Bernau

| Industrie Industrie

Am Anfang war es eine Schnapsidee: Zwölf Gleichgesinnte aus Bernau im Landkreis Barnim trafen sich vor fünf Jahren in einer Kneipe ihrer Heimatstadt und philosophierten darüber, warum es das einst berühmte Bernauer Bier nicht mehr gibt. «Selber machen, sagten wir damals und dachten dabei an so einen 50-Liter-Brau-Topf in der Hinterhof-Garage», erinnert sich Frank Dietrich schmunzelnd. Inzwischen ist der Elektromeister ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender der Ersten Bernauer Braugenossenschaft – mit eigener Brauerei in einer früheren Schnaps-Brennerei auf dem Gutshof im Ortsteil Börnicke.

Die Stadt Bernau als Eigentümerin des Gutshofgeländes suchte vergeblich seit Jahren einen Gaststättenbetreiber. Die Neu-Brauer um Dietrich kamen der Kommune gerade recht. «Ideen zur Wiederbelebung der Brennerei gab es schon seit der Jahrtausendwende», sagt Stadtsprecher André Ullmann. «Doch erst die Brauereigenossenschaft war letztlich passend, so dass wir gemeinsam ein Nutzungs- und Sanierungskonzept entwickelten.»

1,5 Millionen Euro investierte die Kommune in die Sanierung des historischen Gemäuers aus dem 19. Jahrhundert. Anfang 2016 gründeten Elektromeister Dietrich und seine Mitstreiter die Braugenossenschaft. «Wir wollten so viele Bernauer wie möglich beteiligen, um ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl zu etablieren. Jeder, der wollte, konnte Anteile ab 50 Euro aufwärts kaufen», erzählt Dietrich stolz. Er ist immer noch erstaunt angesichts der großen Resonanz. «Inzwischen sind wir 538 Genossenschafter.»

Rund eine halbe Million Euro investierte die Genossenschaft aus eigenem Etat in die computergestützte Brauausrüstung inklusive Schrotmühle, Sud- sowie Gärtanks, Lagerkeller und Abfüllanlage. Dazu kamen Fördermittel für kleine und mittelständische Unternehmen. «Alles musste unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes realisiert werden. Dann kam auch noch Corona dazwischen, aber wir wurden zum Sommer dieses Jahres fertig», erzählt der Vorstandsvorsitzende, der auch Interessierte durch die Brauerei führt.

Nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden gab es Ende 2019 in Deutschland 1548 Braustätten. Im Land Brandenburg sind 40 Brauereien angesiedelt. Die genaue Zahl von Brauereien, die als Genossenschaften betrieben werden, lässt sich den Statistikern zufolge nicht ermitteln.

Seit Anfang August wird in Börnicke Bier gebraut, bisher läuft alles noch ehrenamtlich. Zur Brauerei mit einer Jahreskapazität von 2000 Hektolitern gehören ein Gastraum sowie eine große Freiluftterrasse, freitags bis sonntags geöffnet und laut Dietrich stets rappelvoll. «Wir hätten nie geglaubt, dass wir Reserviert-Schilder kaufen müssen.» Auch der Laden der Braugenossenschaft in der Bernauer Innenstadt ist gut besucht. Drei Sorten hat Brauingenieur Ruslan Hofmann - der erste Festangestellte der Braugenossenschaft - für den Anfang konzipiert: «Ein helles Pils ist immer eine sichere Bank, dazu gibt es ein hippes, doppelt gehopftes Pale Ale sowie ein kräftiges Schwarzbier, für das Bernau einst berühmt war«, erläutert er.

Alte Rezepturen seien jedoch nicht überliefert worden, sagt Hofmann. Stadthistoriker Bernd Eccarius hat in alten Dokumenten gelesen, dass das Bernauer Bier früher «ein männerbezwingender Starktrunk» gewesen sei. «Es war dunkel, hatte eine Stammwürze von 24 Prozent und galt als Lebenselexier in Bernau», erzählt er. Dass damit 1432 die Hussiten betrunken gemacht und so an der Einnahme der Stadt gehindert worden seien, sei allerdings eine Legende. Die Stadt erinnert jedes Jahr mit den Hussitenfestspielen an das historische Ereignis aus dem Mittelalter, als Bernau die gefürchteten böhmischen Religionskrieger in die Flucht schlug.

Eccarius freut sich über die Wiederbelebung der alten Bernauer Brautradition. «Das Bier war in der Geschichte der Stadt bis zur Schließung des letzten Bürger-Brauhauses 1912 eine wichtige Sache. Für unsere Hussitenfestspiele suchten wir jahrelang vergeblich nach einer Brauerei», sagt der Historiker. «Künftig haben wir sie.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Firma Wunderdrinks darf ihr «Wunderbraeu» weder als Münchner Bier noch als klimaneutral bewerben. Mit diesem Urteil hat das Landgericht München am Freitag der Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs stattgegeben.

 

Das Deutsche Weininstitut hat typische Weine aus allen 13 Qualitätsweingebieten für die "Deutschland-Box" ausgewählt. An der Ausschreibung hatten sich 173 Weinerzeuger mit ihren Weinen beteiligt.

Pressemitteilung

Es wird ein besonderes Branchenereignis: Im Februar treffen sich Aussteller und Fachbesucher auf der Intergastra in Stuttgart. Winterhalter freut sich darauf, seine neueste Spültechnik in der Halle 5, Stand 5D31 zu präsentieren. Schwerpunktthemen: Transportspülmaschinen der MT-Serie, Trocknungsgerät DMX für Mehrweggeschirr und Gläserspülen.

Für die Deutsche Messe ist das Jahr 2023 erfolgreicher verlaufen als erwartet. Mit einem Umsatz von 350 Millionen Euro und einem Gewinn von fast 30 Millionen Euro seien die Planungen deutlich übertroffen worden.

Zum Schutz vor dem Eis werden gut eine Million Austern aus dem Watt vor List ins Winterlager in Meerwasserbecken an Land gebracht. Für weitere rund 3,5 Millionen Austern gibt es dort allerdings keinen Platz - und nun blicken die Austernzüchter mit Sorge auf das Wetter dieses Winters.

Im Frühjahr 2024 begrüßt Hamburg wieder die Branche: Vom 8. bis 12. März findet die Internorga statt. Auch 2024 wird Künstliche Intelligenz eine herausragende Rolle spielen. Das Thema Nachhaltigkeit und die damit verbundene Mehrwegpflicht bleiben ebenfalls aktuell.

Der Absatz von Bier in Deutschland sinkt seit Jahren, der Trend geht zu Alkoholfreiem und mehr Gesundheitsbewusstsein. Nun reagiert die Oettinger-Brauerei, die auch in Braunschweig braut, mit ihrem Fokus auf billige Getränke.

Der Verband der Veranstaltungsorganisatoren e. V. hat mit einer neu definierten Positionierung einen Schritt in die Zukunft unternommen. Der VDVO hat nicht nur sein Erscheinungsbild erneuert, sondern auch die strategische Ausrichtung grundlegend überarbeitet.

Metro Deutschland hat seinen Großmarkt in Hamburg-Altona modernisiert. Der neue Ansatz zielt darauf ab, den Anforderungen der Großhandelskundschaft gerecht zu werden: mit relevanten Sortimenten soll ein Einkaufserlebnis geschaffen werden, bei dem das Thema Lebensmittel im Fokus steht. Auch der Belieferungsservice wird erweitert.

Störe stehen unter strengem Schutz. Die Vorschriften scheinen aber oftmals noch hinter kommerziellen und kulinarischen Interessen zurückzustehen, wie eine Studie zeigt.