Die Grüne Woche kehrt zurück

| Industrie Industrie

Aufgepasst, hier kommt das Walachenschaf: Feingliedrig, mittelgroß, «mit wachem Ausdruck», so beschreibt die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen die osteuropäische Schafart. Auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin, die erstmals nach zwei Jahren Corona-Pause vom 20. bis zum 29. Januar wieder ihre Tore öffnet, soll das Schaf als «Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2023» gekürt werden. Der große traditionelle Treff der Ernährungsbranche soll aber auch wieder viele Neugierige zum Probieren und Informieren anlocken - auch in schwierigen Zeiten.

«Auf der Grünen Woche kann man Lebensmittel riechen, sehen, fühlen, schmecken, genießen», sagt Bauernpräsident Joachim Rukwied. Die Messe zeige die Vielfalt der landwirtschaftlichen Erzeugung. Das Motto des Bauernverbands: «Klima schützen, Artenvielfalt erhalten, Ernährung sichern». Rund 400.000 Besucher und 1400 Aussteller zählten die Veranstalter in den Vor-Corona-Jahren. In diesem Jahr dürften aus beiden Gruppen weniger kommen.

Für Kinder und das Fachpublikum aus der Agrarwirtschaft ist die wichtigste Leistungsschau der Branche dennoch wohl gleichermaßen spannend. Während sich die Jüngeren auf Kühe, Pferde und einen Streichelzoo freuen, können sich die Eltern mit Weizenbier und Schweinshaxe an einem der zahlreichen Essensstände stärken.

Den Fachbesuchern geht es hingegen vor allem um einen Austausch über akute Themen der Branche. Nach zwei Jahren ohne Grüne Woche, dem russischen Angriff auf die Ukraine und überall höheren Preisen gibt es viel zu besprechen. Bei den Geschäftserwartungen für 2023 bleiben die Landwirte, die ohnehin nicht zu euphorischen Prognosen neigen, lieber zurückhaltend. «Die Unsicherheiten sind groß», sagt Rukwied.

Energie und Dünger wurden seit dem Ukraine-Krieg deutlich teurer. Und die Kosten können auch noch stark schwanken, ebenso wie die zu erzielenden Preise für Weizen und Co. «Da braucht man am Ende natürlich ein Stück weit eine glückliche Hand, um im richtigen Moment einzukaufen und im richtigen Moment zu verkaufen», erläutert Rukwied.

Immerhin konnten sich viele Höfe angesichts der Preissteigerungen in den Supermärkten finanziell stabilisieren. Im Ende Juni abgelaufenen vergangenen Wirtschaftsjahr 2021/22 stiegen die Gewinne im Schnitt auf 79 700 Euro, wie der Bauernverband bilanzierte. Das waren 49 Prozent mehr als der schlechte Vorjahreswert, und die seien auch «dringend notwendig», damit die Betriebe gestiegene Risiken bewältigen könnten.

Sorgenkinder der Branche bleiben die Schweinehalter. Für sie kommt noch Unklarheit auf dem politischen Feld dazu, wenn es um die Bedingungen beim angestrebten Umbau zu mehr Tierschutz im Stall geht.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist erstmal keine Entspannung bei den stark gestiegenen Lebensmittelpreisen in Sicht. Die Branche beobachtet, dass inzwischen vor allem günstigste Produkte gefragt sind. Bei lange erfolgreichen Bioprodukten, die oft mehr kosten, gab es 2022 wohl einen Dämpfer, wie der Bauernverband ermittelte. Die lange relativ niedrigen Lebensmittelausgaben der Haushalte könnten noch ein bisschen zulegen, machte Rukwied deutlich. «Aber nach wie vor sind Lebensmittel in Deutschland günstig einzukaufen.»

Doch auf der Grünen Woche soll es noch um mehr gehen. Die Entwicklung ländlicher Regionen, Biokraftstoffe oder die Rolle Osteuropas und Zentralasiens für die globale Ernährungssicherheit stehen auf Fachkongressen im Mittelpunkt. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) lädt Amtskolleginnen und -kollegen aus aller Welt zu einer Konferenz.

Schon lange ist die Messe auch ein Ansatzpunkt für diejenigen, denen Zustände in der konventionellen Landwirtschaft große Sorgen bereiten. Nach zwei Jahren Pause sollen am 21. Januar wieder Hunderte Traktoren des Bündnisses «Wir haben es satt» durch die Hauptstadt rollen. Der Zusammenschluss aus Landwirten und Verbrauchern setzt sich für den Erhalt von Höfen sowie für «konsequenten Klima- und Tierschutz» ein. Tausende Menschen erwartet die Initiative zur Abschlusskundgebung vor dem Brandenburger Tor.

Nachhaltigkeit soll auch einer Messesprecherin zufolge auf der Publikumsmesse ein Schwerpunktthema werden: Für die Tiere sind mehr Platz und wiederverwendbare Gehege aus Holz vorgesehen. Besucherinnen und Besucher können sich demnach in verschiedenen Workshops auf der Messe mit dem Thema auseinandersetzen. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die bayerischen Brauereien haben ihren Beschäftigten in der ersten Tarifrunde eine Lohnerhöhung von rund 10 Prozent bei zweijähriger Vertragslaufzeit angeboten. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten verlangt 12 Prozent.

In den Weinbergen finden sich neben den traditionell auf einen Trieb gekürzten Stöcken zunehmend buschartig wuchernde Reben. Dahinter steckt Methode.

Mit Sorgen starten Deutschlands Spargelbauern nach einem schlechten Jahr 2022 in die neue Saison. Der Deutsche Bauernverband warnt, dass wegen billigerer ausländischer Importware Spargel und Erdbeeren eines Tages von den heimischen Feldern verschwinden könnten.

Die Winzer in Deutschland haben im vergangenen Jahr trotz langer Dürre deutlich mehr Wein erzeugt. Mit 8,94 Millionen Hektoliter Wein und Most lag die Menge sechs Prozent oder 491.800 Hektoliter über dem Vorjahresniveau.

Der Getränkehersteller Berentzen hat im vergangenen Jahr eine deutlich gestiegene Nachfrage gespürt. Vor allem bei alkoholfreien Getränken habe der Umsatz zugelegt. Er sei um 26,3 Prozent auf 44,6 Millionen Euro gestiegen, teilte das Unternehmen im emsländischen Haselünne mit.

 

Alkoholfreier Wein kann eine Enttäuschung sein, selbst wenn er nicht wie Traubensaft schmeckt. Nach Bier und Sekt ohne Prozente ist der entalkoholisierte Rebensaft aber immer stärker gefragt - und auf dem Markt tut sich viel.

Cocktails to go oder wie kommt das Eis in die Flasche? Mit kukki Cocktail haben die Gründer Josef Klemm und Saif Hamed eine kleine Revolution im Getränkemarkt gestartet: frische Cocktails mit Eis und puren Früchten in der Flasche.

Die allermeisten Weinflaschen landen in Altglascontainern. Mehrweg spielt bisher kaum eine Rolle in der Branche. Mit der Klima- und der Energiekrise kommt Bewegung in das Thema Wein in Mehrwegflaschen. Bier könnte da ein Vorbild sein.

Die rund 2000 Beschäftigten in mehr als ein Dutzend größeren Brauereien in NRW bekommen mehr Geld. Der Tarifabschluss sieht eine stufenweise Anhebung der Löhne um insgesamt 430 Euro pro Monat und die volle Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro vor.

Die allermeisten Weinflaschen landen in Altglascontainern. Mehrweg spielt bisher kaum eine Rolle in der Branche. Mit der Klima- und der Energiekrise kommt Bewegung in das Thema Wein in Mehrwegflaschen. Bier könnte da ein Vorbild sein.