Kleine Brauereien kämpfen sich durch die Krise

| Industrie Industrie

Sie brauen Krisen-Bier, lassen Bier-Brot backen, laden zu Online-Verkostungen ein oder setzen auf Crowdfunding. Die Corona-Pandemie trifft wegen der über Monate geschlossenen Gastronomie und der abgesagten Volksfeste auch die Brauereien hart. Das gilt ganz besonders für die kleineren.

Mit Kreativität versuchen sich einige, gegen die Krise zu stemmen - und weiter durchzuhalten. Denn die Öffnung der Biergärten ist zwar ein wichtiger Schritt, hilft ihnen nach Angaben des Verbandes der Privaten Brauereien Deutschland allein aber nicht aus der Misere.

Ein Beispiel ist die Nürnberger Brauerei Schanzenbräu. Normalweise sei von Ende Mai bis September jedes Wochenende ein Volksfest, für das die Brauerei Fassbier liefere, erläutert Geschäftsführer Stefan Stretz. Im vergangenen Jahr sei die Saison aber komplett ausgefallen, und in diesem sehe es auch nicht viel besser aus.

Aber natürlich habe das Drei-Mann-Unternehmen auch viel flexibler auf die Krise reagieren können, sagt Stieren. Die schwierige Zeit überbrückten die Gründer, indem sie Geld mit anderen Jobs verdienten.

25 bis 30 Prozent des verkauften Bieres kommt bei Schanzenbräu aus dem Fass. Seit der Corona-Krise versucht Stretz wie alle anderen Brauereien mehr Flaschenbier im Handel zu verkaufen. «Das ist jetzt purer Verdrängungswettbewerb», sagt Stretz.

Dadurch kam der Braumeister auf das «Zusammen Halbe» - quasi ein Krisen-Bier, das neun Nürnberger Brauereien zusammen entwickelt und gebraut haben. «Die Idee dabei war, in der Krise zusammenzustehen», sagt Stretz. 40 000 Flaschen füllten er und seine Kollegen ab. Innerhalb kurzer Zeit waren diese größtenteils verkauft.

Seine Umsatzausfälle - deren Höhe Stretz nicht nennen will - habe das natürlich nicht ausgleichen können, sagt er. Das Bier habe aber für Aufmerksamkeit gesorgt, was angesichts der großen Biervielfalt in den Supermarktregalen gerade jetzt wichtig sei.

Wie viele andere Brauer stand Christoph Kumpf noch vor einem anderen Problem: «Der andauernde Lockdown der Gastronomie hat bei uns dazu geführt, dass größere Mengen an Fassbier kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum standen», sagt der Geschäftsführer der Kaiser Brauerei im baden-württembergischen Geislingen. Um es nicht wegschütten zu müssen, stellte er daraus Gin her, veranstaltete vor der Brauerei einen Bier-Drive-In und verkaufte es schließlich an Bäcker.

Sechs Bäckereien aus der Region fertigen nun das «Bierretterbrot», bei dem sie statt Wasser eben Bier verwenden. 1500 Liter Fassbier sind nach Angaben von Kumpf schon für mehr als 3000 Laib Brot verwendet worden. Dadurch bekommt die Brauerei für ihr Fassbier zumindest die Herstellungskosten wieder rein. Auch andere Brauereien in Deutschland sind auf ähnliche Ideen gekommen. So entstand in Düsseldorf zum Beispiel Altbierbrot.

Kumpf freut sich über den Erfolg der Aktion, sagt aber auch ganz klar, dass seine Brauerei ohne den Verkauf in der Gastronomie und auf Vereinsfesten nicht überleben kann. «Die Staatshilfen sind eine echte Unterstützung, keine Frage, aber die Krise geht inzwischen einfach zu lange», betont er.

Problematisch ist auch, dass den Brauereien wegen der Krise das Geld fehlt, um in ihre Zukunft zu investieren. Die Gesellschaftsbrauerei Viechtach im bayerischen Wald hat deshalb eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. 500 000 Euro seien innerhalb von einer Woche zusammengekommen, sagt Geschäftsführer Markus Grüsser.

Der 56-Jährige aus der Nähe von Köln hatte die Bauerei Ende 2018 übernommen - mit einem Investitionsrückstand von 15 Jahren, wie er sagt. Mit dem Geld will er nun unter anderem neue Kälteanlagen anschaffen und die Brauerei in den sozialen Medien präsenter machen.

Solche medienwirksame Aktionen wie in Nürnberg oder Viechtach können nach Ansicht des Deutschen Brauerbundes den entstandenen Schaden für einzelne Betriebe etwas lindern. «Wir sprechen hier aber über wenige Einzelfälle, sagt Hauptgeschäftsführer Holger Eichele. Nach einer Umfrage des Brauerbundes sieht jeder vierte Betrieb seine Existenz gefährdet.

Die Brauerei Störtebeker in Stralsund ist dagegen bisher ganz gut durch die Krise gekommen. «Der Absatz im Handel ist gestiegen. Dadurch konnten wir die Verluste der geschlossenen Gastronomie etwas ausgleichen», sagt Sprecherin Elisa Raus. Dabei geholfen haben Online-Verkostungen, die die Brauerei seit dem ersten Lockdown regelmäßig anbietet - auch, um neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen.

Für die Munich Brew Mafia läuft es heute sogar besser als vor der Krise - unter anderem dank «Impfstoff». So heißt das Bier, das die kleine Craftbier-Brauerei in München als Reaktion auf Corona zusammen mit einem befreundeten Brauer entwickelt hat.

Dass sich das so gut verkauft, damit hatten diese nun nicht gerechnet. Nur 2000 Liter umfasste die erste Abfüllung. «Die war innerhalb von sechs Stunden ausverkauft», sagt Geschäftsführer Dario Stieren. Gerade ist die fünfte Abfüllung auf den Markt gekommen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die PALUX AG, Hersteller von Großküchentechnik, hat das im Dezember 2024 eingeleitete Eigenverwaltungsverfahren abgeschlossen. Mit der Beendigung des gerichtlichen Verfahrens lässt die Gruppe die Insolvenz hinter sich und kann wieder eigenständig agieren.

Statt Geld gibt es bei Walder-Bräu Bier für die «Bürgeraktionäre»: Während die Bierbranche ächzt, hat eine kleine Brauerei in Oberschwaben ihren ganz eigenen Weg gefunden. Wie die kleine Brauerei mit einem ganz eigenen Modell überlebt.

Zum Weltvegetariertag rückt eine umstrittene Alternative in den Fokus: Fleisch, das nicht von Tieren stammt, sondern im Labor gezüchtet wird. Forschende sehen darin die einzige echte Chance auf Steak und Co. ohne Tierleid – doch Akzeptanz und Zulassung sind noch offen.

Pressemitteilung

Die Vorfreude ist groß: Vom 7. bis 11. Februar 2026 öffnet die INTERGASTRA, Leitmesse für Hotellerie und Gastronomie, auf der Messe Stuttgart wieder ihre Tore. Schon jetzt ist die Stimmung in der Branche voller Erwartung. Die INTERGASTRA 2026 wird schneller, digitaler und kompakter – mit noch mehr Live-Erlebnissen und Networking-Möglichkeiten.“

Neue YouGov-Daten belegen eine anhaltende Verschiebung im deutschen Biermarkt für den Heimkonsum. Während der Konsum alkoholhaltiger Biere weiter schrumpft, gewinnen alkoholfreie Alternativen massiv an Bedeutung. Das Wachstum in diesen Segmenten kann den Negativtrend im Gesamtmarkt jedoch nicht vollständig ausgleichen.

Ungewöhnlich früh reife Trauben und dann langanhaltender Regen: Viele Winzer in den 13 deutschen Weinbaugebieten mussten sich in diesem Jahr beeilen. Das Deutsche Weininstitut rechnet dennoch mit einem «tollen Weinjahrgang».

Großinvestment im kanadischen Gemeinschaftsverpflegungsmarkt: Mit einer 12-Millionen-Euro-Investition baut Apetito seine Produktionsstätte in Ottawa aus. Das Unternehmen ist mittlerweile in neun Ländern aktiv.

Bereits sechs Monate vor dem Start verzeichnet die Internorga 2026 eine starke Buchungslage. Über 90 Prozent der Ausstellungsfläche sind bereits belegt. Die Veranstaltung findet vom 13. bis 17. März in Hamburg statt.

Die Prädikatsweingüter in Deutschland spüren die Weinkrise weniger stark als viele anderen Winzer. Warum, erklärt VDP-Präsident Christmann.

Pressemitteilung

​​​​​​​Auf der Host präsentiert Winterhalter unter dem Leitmotiv „Don’t worry. Just wash.“ seine Spülsysteme und ergänzt diese um Services mit zahlreichen Vorteilen für Kunden. Mit EasyAccess, Remote Services und EcoPilot zeigt das Unternehmen, wie sich Spülprozesse künftig noch einfacher, sicherer und wirtschaftlicher gestalten lassen. Ziel der Entwicklungen ist es, maximale Betriebssicherheit zu bieten und den Spülalltag zu erleichtern.