Teures Bierkartell: 50-Millionen-Euro-Geldbuße für Carlsberg

| Industrie Industrie

Das Bier ist längst getrunken, doch die von Mauscheleien der Brauer geprägten Bierpreiserhöhungen von Anfang 2008 beschäftigen auch 15 Jahre später noch die Justiz. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte am Dienstag die Brauerei Carlsberg wegen ihrer Beteiligung am Bierkartell zu einer Geldbuße in Höhe von 50 Millionen Euro.

Der 6. Kartellsenat sah es als erwiesen an, dass sich die in Hamburg ansässige Carlsberg Deutschland Holding GmbH eines Kartellverstoßes schuldig gemacht hat. Denn ein früherer Geschäftsführer habe im März 2007 an einem Informationsaustausch über preissensible Informationen zwischen führenden deutschen Brauereien teilgenommen. Das Gespräch sei «mitursächlich» für die Anfang 2008 von Carlsberg und anderen Brauereien vorgenommene Erhöhung der Preise um einen Euro pro Kiste gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Egger.

Der damalige Geschäftsführer der Carlsberg Deutschland Holding habe dieses Wissen genutzt und das Marktverhalten der Brauerei entsprechend ausgerichtet. So habe er gegenüber der dänischen Konzernmutter sicherer auftreten und die Preiserhöhung 2008 einfacher und bestimmter gegenüber Gastronomie und Lebensmitteleinzelhandel durchsetzen können.

Dem Urteil war eine Verständigung der Prozessbeteiligten vorausgegangen, die eine Geldbuße in Höhe von 45 bis 55 Millionen Euro vorsah. Die Rechtsanwältin von Carlsberg, Anika Schürmann, wies in ihrem Schlussplädoyer die Vorwürfe gegen das Unternehmen allerdings noch einmal ausdrücklich zurück. «Am Ende hätte aus unserer Sicht ein Freispruch stehen müssen», sagte sie. Das Unternehmen habe der Verständigung nur zugestimmt, damit es endlich einen Schlussstrich unter das belastende und kostspielige Mammutverfahren ziehen könne.

Tatsächlich handelt es sich um ein Verfahren, dass allen Beteiligten ein Höchstmaß an Ausdauer abverlangt hat. Das Bundeskartellamt hatte bereits 2013 und 2014 gegen zahlreiche namhafte Brauereien wie Krombacher, Bitburger, Warsteiner, Veltins, Radeberger und eben Carlsberg wegen verbotener Preisabsprachen Geldbußen in einer Gesamthöhe von mehr als 330 Millionen Euro verhängt. Allein von Carlsberg wollten die Wettbwwerbshüter 62 Millionen Euro. Nach den Erkenntnissen des Bundeskartellamt hatten sich die Brauereien 2007 abgesprochen und Anfang 2008 die Preise fast im Gleichschritt angehoben.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Brauereien nahm Carlsberg die Entscheidung des Bundeskartellamts jedoch nicht hin und legte Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Was folgte, war ein nervenzehrender Justizmarathon. Zwar hatte Carlsberg zunächst Erfolg, denn das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte das Verfahren gegen die Brauerei 2019 wegen Verjährung der Vorwürfe ein. Doch wurde diese Entscheidung ein Jahr später vom Bundesgerichtshof komplett aufgehoben. Der Fall musste daraufhin vor einem anderen Kartellsenat in Düsseldorf neu verhandelt werden. Hier sorge die schwere Erkrankung eines Richters dann Anfang 2021 für eine zusätzliche Verzögerung. Denn das Verfahren musste nach mehr als 20 Verhandlungstagen abgebrochen und von vorne begonnen werden.

Hat sich der ganze Aufwand für Carlsberg gelohnt? Darüber lässt sich streiten. Zwar kam der Kartellsenat zu dem Schluss, dass das Verhalten des Geschäftsführers nicht den Tatbestand der verbotenen Preisabsprache erfülle. Doch sah der Senat sehr wohl eine vorsätzliche Kartellordnungswidrigkeit in Form aufeinander abgestimmter Verhaltensweisen als gegeben an. Auch die Geldbuße fiel am Ende etwas niedriger aus als ursprünglich vom Bundeskartellamt festgelegt.

Andererseits dürfte die juristische Aufarbeitung der Ereignisse aus den Jahren 2007 und 2008 für Carlsberg auch mit dem Urteil des Düsseldorfer Oberlandesgerichts nicht beendet sein. Denn der Brauereiriese muss nun damit rechnen, vom Handel wegen seiner Beteiligung am Kartell auf Schadenersatz verklagt zu werden.


Notizblock

Internet

 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der französische Champagner-Absatz ist im vergangenen Jahr kräftig um 9,2 Prozent zurückgegangen. Der Absatz sank 2024 auf 271,4 Millionen Flaschen nach 299 Millionen Flaschen im Jahr zuvor, teilte der Hersteller-Verband Comité Champagne mit.

Wo kaufen die Deutschen ihre Lebensmittel? Welche Rolle spielen soziale Medien für die Branche und wie hilft Digitalisierung gegen Lebensmittelverschwendung? Zum Start der Messe präsentiert Bitkom sieben Fakten rund um die Digitalisierung.

Mit einem Allzeithoch haben die Verbraucher das 200. Jubiläumsjahr der Brauerei Veltins belohnt. Trotz des 2024 weiterhin rückläufigen Biermarktes erreichte das Unternehmen ein Wachstum von 3,1 Prozent und braute mit 3,36 Millionen Hektolitern so viel Bier wie nie zuvor.

Dem rückläufigen Bierabsatz in Deutschland konnte sich auch die Großbrauerei Krombacher im vergangenen Jahr nicht entziehen. Der Ausstoß der unterschiedlichen Biermarken sank um 1,1 Prozent. Bei den Limonaden lief es besser.

Mindestens minus sieben Grad sind die Voraussetzung: Einigen wenigen Winzern an der Hessischen Bergstraße, in der Pfalz und wohl auch an der Mosel ist es in den frühen Morgenstunden gelungen, Trauben für Eiswein zu ernten.

Pressemitteilung

​​​​​​​Der ITB Berlin Kongress, die weltweit wichtigste Fachveranstaltung der Tourismusbranche, präsentiert auch in diesem Jahr ein umfangreiches Programm mit renommierten Expert*innen, hochkarätigen Vorträgen und spannenden Debatten. Unter dem Leitmotiv „The Power of Transition lives here“ diskutieren die Teilnehmenden vom 4. bis 6. März Ideen und Impulse für eine Reisewelt im Umbruch.

Es gibt einen neuen Spezi-Streit vor Gericht. Die zentrale Frage: Hat Berentzen sich von Paulaner inspirieren lassen - oder doch von einer Tapete? Einen Verhandlungstermin gibt es allerdings noch nicht.

Spätburgunder aus Deutschland wird nach Einschätzung von Fachleuten international immer mehr geschätzt. Diese Rotweine gelten als vielversprechende Weinentdeckung mit großem Zukunftspotenzial.

Honig im Einzelhandel ist gepanscht – zu diesem Ergebnis kommt eine DNA-Analyse mehrerer Honig-Proben, die ZDF-"frontal" in Auftrag gegeben hat. Die Supermärkte kritisieren nun die Testmethode.

Knapp 150 Veggie-Alternativen hat die Stiftung Warentest in den vergangenen Jahren getestet, ihre Nährstoffe analysiert und sie auf Schadstoffe geprüft. Nach einigen Jahren ziehen die Tester Bilanz. Fazit: Insgesamt kann der Fleisch- und Milchersatz sich sehen lassen.