DEHOGA-Chefin Hartges kritisiert Immobilienwirtschaft scharf

| Politik Politik

Im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ fordert DEHOGA-Geschäftsführerin Ingrid Hartges eine Verlängerung staatlicher Überbrückungshilfen und übt scharfe Kritik an Immobiliengesellschaften. Diese entzögen sich in der Krise zum Teil der Verantwortung.

Das durch die Corona-Krise angeschlagene Hotel- und Gaststättengewerbe steht vor einer Bewährungsprobe. „Herbst und Winter, wenn sich die Gäste wieder mehr innerhalb von Räumlichkeiten aufhalten müssen, werden sicher eine Herausforderung. Eine zweite Corona-Welle wäre für Hotels und Gastronomie eine absolute Katastrophe, erneute Betriebsschließungen werden viele nicht überleben“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Auch nach Wiedereröffnung könnten viele Restaurants und Hotels „immer noch keine auskömmlichen Umsätze erwirtschaften“.

Nach Aussage der Verbandschefin sind derzeit rund 70.000 Betriebe akut in ihrer Existenz gefährdet. „Für das Gesamtjahr ist nicht auszuschließen, dass die Branche insgesamt 30 bis 40 Prozent Umsatzrückgang verzeichnen wird. Erst wenn es einen Corona-Impfstoff gibt, wird es für die Branche ein Zurück zur alten Normalität geben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir alle verantwortlich mit der neu gewonnenen Freiheit umgehen und uns an die empfohlenen Schutzmaßnahmen halten", sagte Hartges. Hotels und Restaurants setzten die Hygieneschutzmaßnahmen "mit ganz großer Mehrheit vorbildlich um, und die Gästen ziehen zum überwiegenden Teil mit“.

Auch wenn es laut der DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin nach dem Lockdown-Neustart in den deutschen Urlaubsgebieten derzeit erste leichte Zuversicht gebe, zumindest 70 bis 80 Prozent der Vorjahresumsätze erreichen zu können, sei bereits klar, dass die für Juni, Juli und August gezahlten staatlichen Überbrückungshilfen für eine Vielzahl von Betrieben, die weiterhin von Schließungen oder erheblichen anderen Beeinträchtigungen betroffen seien, nicht ausreichen würden. „Deshalb appelliere ich schon heute an die Bundesregierung, über eine Verlängerung der bis einschließlich August laufenden Überbrückungshilfen bis mindestens Ende des Jahres nachzudenken“, sagte Hartges.

Massive Kritik übte die DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin an der Immobilienwirtschaft. Diese entziehe sich in der Krise zum Teil der Verantwortung. „Wir müssen zu einer Änderung im Miet- und Pachtrecht kommen. Es kann nicht sein, dass Hotels und Restaurants hohe Umsatzpachten zahlen müssen, wenn durch Corona kaum noch Umsätze erzielt werden. Kleinere Verpächter sind ihren Pächtern oft entgegengekommen, die großen Immobilienfonds und Immobiliengesellschaften aber eben nicht“, sagte Hartges. Bei einer Belegungsquote von fünfzehn Prozent beispielsweise bei einem Hotel könne man keine Pacht verlangen, die 25 Prozent des Umsatzes des Vorjahres entspreche. „Es muss hier zu einer angemessenen Risikoverteilung kommen.“ Dafür müsse der Gesetzgeber schnellstmöglich sorgen.

Zu einer Großoffensive, die fast tausend Hotel- und Gastronomiebetriebe zusammen mit einer Großkanzlei gestartet haben, um von den Bundesländern Entschädigungen einzuklagen, sagte Hartges: „Ich kann nachvollziehen, dass Unternehmer den Klageweg beschreiten. Im Licht der existenziellen Betroffenheit durch die Corona-Pandemie ist es das gute Recht eines jeden Unternehmers, mögliche Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Bei manchen steht ja das Lebenswerk auf dem Spiel, für das sie Jahrzehnte gearbeitet haben.“ Auch ein von DEHOGA in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten bejahe „dem Grunde nach mögliche Entschädigungsansprüche aufgrund des Infektionsschutzgesetzes oder aus anderen staatshaftungsrechtlichen Entschädigungsansprüchen“. Dieses Gutachten stelle man den Mitgliedern zur Verfügung. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Dehoga in Hessen lehnt das geplante EU-Verbot von Bezeichnungen wie «Veggie-Burger» ab. Warum der Verband und ein veganes Lokal vor mehr Bürokratie und Verunsicherung von Kunden warnen.

Die Stadt Konstanz meldet eine Trendwende beim Müllaufkommen im öffentlichen Raum und führt diese auf die seit 1. Januar 2025 erhobene Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke zum Sofortverzehr zurück. Parallel dazu äußern Verbände Kritik an der Bewertung der Stadt und bemängeln das vorschnelle Fazit.

Der Verband der Veranstaltungsorganisatoren hat das Bundeskartellamt über mögliche Wettbewerbsbeschränkungen und eine zunehmende Marktkonzentration im Bereich der MICE-Buchungsportale informiert. Nach Auffassung des Verbands droht in diesem zentralen Marktsegment für die deutsche Wirtschaft eine „gefährliche Ballung von Marktmacht“.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat eine längere Frist bis zur Vorlage einer ersten Krankschreibung vorgeschlagen. Niedersächsische Arbeitgeber haben mit deutlichen Worten reagiert.

Schlagabtausch um Ostsee-Preise: Tourismusminister Wolfgang Blank kritisiert die Gastronomie von Mecklenburg-Vorpommern wegen zu teurer Schnitzel und Hotelzimmern. Der DEHOGA kontert scharf und schiebt die Schuld für die hohen Kosten auf die Politik und den Mindestlohn.

Die geplanten Steuerentlastungen für die Gastronomie und Pendler sorgen bei den Ländern und Kommunen für Sorge. Der Finanzausschuss des Bundesrats warnt vor einer "zusätzlichen Verschärfung der Haushaltslage". Der Bundesrat befasst sich am 17. Oktober 2025 mit den Plänen und einer möglichen Forderung nach Kompensation durch den Bund.

Mehr Eigenverantwortung, weniger unnötige Praxis-Besuche: Der Kassenärzte-Chef möchte die Regeln zur Krankschreibung gelockert sehen. Das soll Arbeitnehmer, Eltern und Praxen entlasten.

Finanzminister Heere will Steuertricks in der Gastronomie erschweren – auch, um Steuerausfälle bei einer Senkung der Umsatzsteuer für die Branche zu kompensieren.

Auf dem Hauptstadtkongress des Deutschen Reiseverbandes hat DRV-Präsident Norbert Fiebig eine klare politische Kurskorrektur gefordert. Angesichts schwacher Konjunkturaussichten, steigender Preise und einer zunehmenden Bürokratielast sei die wirtschaftliche Lage der Branche ernst.

Das Europaparlament will Bezeichnungen wie «Veggie-Burger» oder «Soja-Schnitzel» verbieten lassen. Auch Begriffe wie «Steak» oder «Wurst» sollen dem Willen einer Mehrheit der Abgeordneten zufolge künftig nur noch für tierische Lebensmittel verwendet werden dürfen.