DEHOGA-Umfrage zur Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie - „Es geht um Tausende Existenzen“

| Politik Politik

Über 12.000 Betriebsschließungen, Preissteigerungen von mehr als 15 Prozent, sinkende Umsätze und weniger Jobs – dieses Szenario drohe im deutschen Gastgewerbe, wenn die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie von aktuell 7% auf 19% steige. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband), an der sich 9600 Mitgliedsbetriebe beteiligt haben.

Bereits in den Coronajahren 2020 und 2021 habedas Gastgewerbe durch die massiven Einbußen 36.000 steuerpflichtige Unternehmen verloren. Die existenziellen Ängste in der Branche nähmen erneut dramatisch zu. „Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe mit fatalen Folgen für die Betriebe unserer Branche und ihre Beschäftigten, aber auch für die Gäste und die Tourismuswirtschaft in Deutschland“, erklärt DEHOGA-Präsident Guido Zöllick. „Es dürfen nicht noch mehr ,öffentliche Wohnzimmer` verschwinden. Deshalb müssen die 7% bleiben.“

Preissteigerungen und Umsatzverluste

Bei einer Heraufsetzung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19% sehen sich laut der DEHOGA-Umfrage 95,7 Prozent der Unternehmer gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. „Nur mit den 7% ist es bisher gelungen, die explodierenden Kosten bei Energie, Lebensmitteln und Personal zumindest teilweise aufzufangen“, hebt Zöllick hervor. Bei einer Steuererhöhung und den weiterhin hohen Kosten für Lebensmittel, Gehälter und Energie würden die Preise nach Angaben der Unternehmer dabei um durchschnittlich 15,5 Prozent steigen. In der Folge würde die Nachfrage einbrechen, erneute Umsatzverluste wären die Konsequenz. 81,5 Prozent der Betriebe gehen davon aus, dass die Nachfrage stark (57,1%) bis sehr stark (24,4%) sinken würde. 86,0 Prozent der Unternehmer rechnen zudem damit, dass die Gäste stark (58,0%) bis sehr stark (28,0%) sparen würden. Damit einhergehend sagen 74,0 Prozent im Falle eine Mehrwertsteuererhöhung sinkende Nettoumsätze voraus. „Gastronomie muss bezahlbar bleiben“, betont Zöllick.

Existenzängste nehmen zu

Angesichts der aktuellen gewaltigen Herausforderungen stünden bei einer Mehrwertsteuererhöhung zahlreiche Arbeitsplätze auf dem Spiel, die Wirtschaftlichkeit der Betriebe würde erneut bedroht. „Die sieben Prozent müssen bleiben, sonst kommen viele Betriebe wieder in Existenznot“, sagt Zöllick und verweist auf die Umfrageergebnisse. Auf die Frage, ob sie im Falle einer Mehrwertsteuererhöhung ihren Betrieb aufgeben müssten, antworteten 49,3 Prozent, sie wüssten es noch nicht. Nur 43,8 Prozent verneinten diese Frage. Eines sei klar. „Wenn Existenzen vernichtet würden, zöge auch der Staat den Kürzeren“, so der DEHOGA-Präsident.

Wie aus der Umfrage weiter hervorgeht, würden fast 70 Prozent (67,7%) ihre Investitionen reduzieren, sollten die 7% nicht beibehalten werden. „Das träfe in empfindlichem Maße auch unsere Partner der gastgewerblichen Zulieferindustrie“, macht Zöllick deutlich.

Folgen der Pandemie immer noch zu spüren

Erschwerend für die Betriebe hinzu kommen die Nachwirkungen der Pandemie. An vorderster Stelle nennen die Unternehmer den Mitarbeitermangel (66,4%), gefolgt von der Tilgung coronabedingter Kredite (40,4%), vom Investitionsstau (37,1%) und von der Wiederaufstockung der Rücklagen für das Alter (34,5%). „Noch immer haben die Betriebe die Vorkrisenumsätze nicht erreicht“, sagt Zöllick. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lagen die Umsätze von Januar bis April real 12,3% unter denen der ersten vier Monate 2019, also vor Ausbruch der Pandemie.

„Wir appellieren eindringlich an die Politik, endlich die dauerhafte Geltung der 7% Mehrwertsteuer zu beschließen“, so Zöllick. Dabei fordere die Branche nichts Außergewöhnliches. „Der reduzierte Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie ist in der EU die Regel“, berichtet der DEHOGA-Präsident. In 23 EU-Staaten werde steuerlich kein Unterschied gemacht zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, der Lieferung von Essen, dem Essen im Gehen, im Stehen und dem Essen im Restaurant. Es wäre widersprüchlich und wettbewerbsverzerrend, frisch zubereitetes Essen in der Gastronomie in Deutschlands wieder mit 19% zu besteuern, während auf Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt oder bei der Essenslieferung 7% erhoben werden, so Zöllick weiter. „Die 7% Mehrwertsteuer und damit die längst überfällige Gleichbehandlung von Essen, egal wo und wie zubereitet und verzehrt, müssen bleiben. Dauerhaft.“

Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die gastgewerblichen Betriebe für die Gesellschaft seien. „Unsere Restaurants und Cafés sind Orte des Zusammenkommens, des Genusses, der Kommunikation und für den sozialen Zusammenhalt wichtiger denn je“, hebt Zöllick hervor. Für attraktive Innenstädte wie auch für lebenswerte ländliche Räume seien die Betriebe unverzichtbar.

An der Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes zu den Folgen einer Mehrwertsteuererhöhung für Speisen in der Gastronomie nahmen vom 3. bis 5. Juli 9.600 gastgewerbliche Betriebe aus ganz Deutschland teil.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Österreichs Tourismuswirtschaft erhält neue Rahmenbedingungen im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Die Bundesregierung beschließt nicht nur eine Erhöhung der Saisonkontingente, sondern auch die Einrichtung eines Beschäftigtenfonds.

Der Chef darf ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen. Diese Regel zu ändern, könnte Ärzte entlasten. Die Gesundheitsministerin zeigt sich überraschend offen für die Idee.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mobilisiert am 23. Oktober Essenskuriere und Support-Mitarbeiter. Hintergrund sind die Pläne des Essenslieferdienstes zur bundesweiten Auslagerung von etwa 2.000 Arbeitsplätzen.

Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand, ein Zusammenschluss von zehn Wirtschaftsverbänden, legte nun ihren zweiten Mittelstandsmonitor vor und zieht erneut eine ernüchternde Bilanz der politischen Rahmenbedingungen.

Der Dehoga in Hessen lehnt das geplante EU-Verbot von Bezeichnungen wie «Veggie-Burger» ab. Warum der Verband und ein veganes Lokal vor mehr Bürokratie und Verunsicherung von Kunden warnen.

Die Stadt Konstanz meldet eine Trendwende beim Müllaufkommen im öffentlichen Raum und führt diese auf die seit 1. Januar 2025 erhobene Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke zum Sofortverzehr zurück. Parallel dazu äußern Verbände Kritik an der Bewertung der Stadt und bemängeln das vorschnelle Fazit.

Der Verband der Veranstaltungsorganisatoren hat das Bundeskartellamt über mögliche Wettbewerbsbeschränkungen und eine zunehmende Marktkonzentration im Bereich der MICE-Buchungsportale informiert. Nach Auffassung des Verbands droht in diesem zentralen Marktsegment für die deutsche Wirtschaft eine „gefährliche Ballung von Marktmacht“.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat eine längere Frist bis zur Vorlage einer ersten Krankschreibung vorgeschlagen. Niedersächsische Arbeitgeber haben mit deutlichen Worten reagiert.

Schlagabtausch um Ostsee-Preise: Tourismusminister Wolfgang Blank kritisiert die Gastronomie von Mecklenburg-Vorpommern wegen zu teurer Schnitzel und Hotelzimmern. Der DEHOGA kontert scharf und schiebt die Schuld für die hohen Kosten auf die Politik und den Mindestlohn.

Die geplanten Steuerentlastungen für die Gastronomie und Pendler sorgen bei den Ländern und Kommunen für Sorge. Der Finanzausschuss des Bundesrats warnt vor einer "zusätzlichen Verschärfung der Haushaltslage". Der Bundesrat befasst sich am 17. Oktober 2025 mit den Plänen und einer möglichen Forderung nach Kompensation durch den Bund.