Details zur Lockdown-Entschädigung für das Gastgewerbe stehen fest

| Politik Politik

In der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung zusätzliche Hilfen für Unternehmen angekündigt, die vom November-Shutdown betroffen sind. Finanzminister Scholz versprach «massive, in dieser Größenordnung bisher unbekannte Unterstützungsleistungen». Wie genau die Bedingungen bei den Entschädigungen aussehen, war bislang jedoch unklar. Nun gibt es weitere Details für Hotels, Restaurants und die Zulieferindustrie.

1.Gesamtvolumen: Die außerordentliche Wirtschaftshilfe wird ein Finanzvolumen von voraussichtlich ca. 10 Milliarden Euro haben.

2. Antragsberechtigung: Antragsberechtigt sind direkt von den temporären Schließungen betroffene Unternehmen, Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen und indirekt betroffene Unternehmen nach folgender Maßgabe:

Direkt betroffene Unternehmen: Alle Unternehmen (auch öffentliche), Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen, die auf der Grundlage des Beschlusses des Bundes und der Länder vom 28. Oktober 2020 erlassenen Schließungsverordnungen der Länder den Geschäftsbetrieb einstellen mussten. Hotels zählen als direkt betroffene Unternehmen.

Indirekt Betroffene Unternehmen: Alle Unternehmen, die nachweislich und regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen.

Verbundene Unternehmen – also Unternehmen mit mehreren Tochterunternehmen oder Betriebstätten – sind dann antragsberechtigt, wenn mehr als 80 Prozent des verbundweiten Gesamtumsatzes auf direkt oder indirekt betroffene Verbundunternehmen entfällt. Erstattet werden bis zu 75 Prozent des Umsatzes der betroffenen Verbundunternehmen. Dies betrifft etwa eine Holdinggesellschaft, die sowohl Restaurants (geschlossen) und Einzelhandelsunternehmen (weiter geöffnet) hält – hier wird die Nothilfe gezahlt, wenn die Restaurants zu mehr als 80 Prozent des Umsatzes der Holdinggesellschaft beitragen.

3. Welche Förderung gibt es?

Mit der Novemberhilfe werden Zuschüsse pro Woche der Schließungen in Höhe von 75 Prozent des durchschnittlichen wöchentlichen Umsatzes im November 2019 gewährt bis zu einer Obergrenze von 1 Mio. Euro, soweit der bestehende beihilferechtliche Spielraum des Unternehmens das zulässt (Kleinbeihilfenregelung der EU).

Zuschüsse über 1 Millionen Euro bedürfen für die Novemberhilfe noch der Notifizierung und Genehmigung der EU-Kommission. Die Bundesregierung ist derzeit in intensiven Gesprächen mit der Europäischen Kommission, um eine solche Genehmigung für höhere Zuschüsse zu erreichen

Soloselbstständige können als Vergleichsumsatz alternativ zum wöchentlichen Umsatz im November 2019 den durchschnittlichen Wochenumsatz im Jahre 2019 zugrunde legen. Bei Antragsberechtigten, die nach dem 31. Oktober 2019 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen haben, kann als Vergleichsumsatz der durchschnittliche Wochenumsatz im Oktober 2020 oder der durchschnittliche Wochenumsatz seit Gründung gewählt werden. 

4. Anrechnung erhaltener Leistungen: Andere staatliche Leistungen, die für den Förderzeitraum November 2020 gezahlt werden, werden angerechnet. Das gilt vor allem für Leistungen wie Überbrückungshilfe oder Kurzarbeitergeld. 

5. Anrechnung von erzielten Umsätzen im Monat November: Wenn im November trotz der grundsätzlichen Schließung Umsätze erzielt werden, so werden diese bis zu einer Höhe von 25 Prozent des Vergleichsumsatzes nicht angerechnet. Um eine Überförderung von mehr als 100 Prozent des Vergleichs-Umsatzes zu vermeiden, erfolgt bei darüberhinausgehenden Umsätzen eine entsprechende Anrechnung. 

Für Restaurants gilt eine Sonderregelung, wenn sie Speisen im Außerhausverkauf anbieten. Hier wird die Umsatzerstattung auf 75 Prozent der Umsätze im Vergleichszeitraum 2019 auf diejenigen Umsätze begrenzt, die dem vollen Mehrwertsteuersatz unterliegen, also die im Restaurant verzehrten Speisen. Damit werden die Umsätze des Außerhausverkaufs – für die der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt – herausgerechnet. Im Gegenzug werden diese Umsätze des Außerhausverkaufs während der Schließungen von der Umsatzanrechnung ausgenommen, um eine Ausweitung dieses Geschäfts zu begünstigen.

Beispiel: Eine Pizzeria hatte im November 2019 8.000 Euro Umsatz durch Verzehr im Restaurant und 2.000 Euro durch Außerhausverkauf. Sie erhält daher 6.000 Euro Novemberhilfe (75 Prozent von 8.000 Euro), d. h. zunächst etwas weniger als andere Branchen (75 Prozent des Vergleichsumsatzes). Dafür kann die Pizzeria im November 2020 deutlich mehr als die allgemein zulässigen 2.500 Euro (25 Prozent von 10.000 Euro) an Umsatz mit Lieferdiensten erzielen, ohne dass eine Kürzung der Förderung erfolgt.

6. Antragstellung: Die Anträge können in den nächsten Wochen über die bundeseinheitliche IT-Plattform der Überbrückungshilfe gestellt werden (www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de). Die elektronische Antragstellung muss hierbei durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer erfolgen. Die Auszahlung soll über die Überbrückungshilfe-Plattform durch die Länder erfolgen. 

Für Soloselbständige, die nicht mehr als 5.000 Euro Förderung beantragen, entfällt die Pflicht zur Antragstellung über einen prüfenden Dritten. Sie werden unter besonderen Identifizierungspflichten direkt antragsberechtigt sein.

Hier zu einem Katalog mit Fragen und Antworten des Bundesfinanzministeriums.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) begrüßt, dass die Politik mit den Novemberhilfen ihre Zusage für eine Entschädigung der finanziellen Ausfälle eingehalten hat. „Das sind gute und mutmachende Nachrichten für unsere notleidenden Betriebe“, sagt DEHOGA-Präsident Guido Zöllick. Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hätten mit den Novemberhilfen Wort gehalten. „Den Bundesministern gebührt unser Dank auch dafür, dass sie mit dem Beihilfeprogramm die außerordentliche Betroffenheit unserer Branche anerkennen und die Betriebe in größter Not unterstützen.“ Als „gerecht und konsequent“ wertet Zöllick, dass auch große Unternehmen über die Novemberhilfe Plus wirksame Unterstützung erfahren.

Es bedürfe nun noch dringend notwendiger Präzisierungen und der Beantwortung zahlreicher wichtiger Praxisfragen, die der DEHOGA beim Bundesministerium der Finanzen und beim Bundesministerium für Wirtschaft eingereicht habe. „Wir wissen, dass in den Bundesministerien unter Hochdruck an der Vollendung des Beihilfeprogramms gearbeitet wurde und wird.“

„Jetzt ist es wichtig, dass die Details schnellstmöglich geklärt werden, damit die Novemberhilfen noch im November bei den Betrieben ankommen. Die Zeit drängt“, sagt Zöllick. Viele Betriebe im Gastgewerbe stehen mit dem Rücken zur Wand. Jedem dritten Betrieb droht laut DEHOGA ohne ausreichende Hilfe das Aus. 

Bundesfinanzminister Olaf Scholz: „Wir stehen vor einem Monat der Wahrheit. Die Situation ist dramatisch, das Virus verbreitet sich mit einer hohen Dynamik. Deshalb ist es unerlässlich, dass wir zeitlich befristet neue Maßnahmen ergreifen, um Leben und Wirtschaft zu schützen. Wir stehen Unternehmen, Selbständigen und Beschäftigten zur Seite. Gerade die besonders gebeutelten Branchen werden wir mit aller Kraft unterstützen. Bislang sind wir gemeinsam ganz gut durch diese Krise gekommen. Mit Vernunft, Zuversicht und Solidarität schaffen wir auch die nächste Etappe.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: „Die gestern getroffenen Beschlüsse sind richtig und notwendig, um die rasante Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen und die Infektionsdynamik zu brechen. Zusammenhalt und gegenseitige Solidarität sind das Gebot der Stunde. Wir lassen in dieser ernsten Lage unsere Unternehmen und ihre Beschäftigen nicht allein, sondern erweitern nochmals unsere Hilfsangebote für die betroffenen Selbständigen, Unternehmen und Einrichtungen. Wir müssen alles tun, um die Substanz unserer Wirtschaft zu erhalten, um nach der Krise wieder durchstarten zu können.“

Gastgewerbeverband rät von Klagen gegen Teil-Lockdown ab

Der Gastgewerbeverband Dehoga Rheinland-Pfalz rät seinen geschlossenen Mitgliedsbetrieben von Klagen gegen den Corona-Teil-Lockdown ab. Man respektiere, dass die Politik den massiven Eingriff in das Grundrecht der Wirte und die sich daraus ergebenden Umsatzausfälle zumindest zu 75 Prozent kompensieren werde, sagte Dehoga-Präsident Gereon Haumann am Donnerstag: «Aufgrund dieses angemessenen Regelwerkes für die Entschädigungszahlungen haben wir unseren Betrieben davon abgeraten, die angedachten einstweiligen Verfügungen und Klagen auf den Rechtsweg zu bringen.» Zuvor hatte der SWR über das Thema berichtet.

Seit Montag dürfen unter anderem Restaurants wegen der Pandemie nur Außer-Haus-Verkauf anbieten - bis Ende November. Am Donnerstag verkündete die Bundesregierung, wie genau die im Gegenzug versprochenen Hilfen aussehen. Dabei werden Zuschüsse pro Woche in Höhe von 75 Prozent des durchschnittlichen wöchentlichen Umsatzes im November 2019 gewährt. Verkaufte Speisen im Außer-Haus-Geschäft werden aus der Gesamtrechnung herausgenommen. «Damit haben die Bundesminister Altmaier und Scholz Wort gehalten», sagte Haumann.

Wirtschaftsminister kritisiert Corona-Rettungsschirm für November

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz hat den «November-Rettungsschirm» der Bundesregierung in mehreren Punkten kritisiert. «Vor allem die Definition der vom November-Lockdown mittelbar betroffenen Betriebe ist nicht nur unpraktikabel, sondern auch ungerecht - denn sie lässt auch bei uns im Norden eine Menge von Betrieben im Regen stehen», sagte der FDP-Politiker am Donnerstag.

Indirekt von Schließungen betroffene Firmen - also etwa Lieferanten für Kneipen - erhalten bei dem Rettungsschirm finanzielle Unterstützung, wenn sie «nachweislich und regelmäßig» 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von Schließungen betroffenen Unternehmen erzielen. «Das heißt, dass nahezu alle Einzelhandelsbetriebe in Tourismusorten keine Hilfen bekommen werden», so Buchholz. Das sei geradezu das Gegenteil der vom Bund ursprünglich versprochenen Hilfe.

Antragsberechtigt sind auch direkt von temporären Schließungen betroffene Unternehmen, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen. Voraussetzung ist, dass sie auf der Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober den Geschäftsbetrieb einstellen mussten.

Buchholz begrüßte an dem am Donnerstag vorgestellten Paket, dass nun auch Solo-Selbständige in den Genuss von Hilfen kommen sollen. «Allerdings drängt sich hier die Frage auf, warum dies nur für den November gilt», sagte der Minister. Er befürchte zudem ein zeitraubendes Chaos bei der Auszahlung der Hilfen über die Länder, weil Solo-Selbständige nach den Plänen der Bundesminister Peter Altmaier (Wirtschaft) und Olaf Scholz (Finanzen) direkt Anträge stellen sollen und nicht - wie Unternehmen - über Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer.

Als «einzig gute Lösung» bezeichnete Buchholz eine Sonderregel für die gastronomischen Betriebe, die nicht vollständig schließen. Sie können – etwa durch Außer-Haus-Verkauf – Umsätze bis zu einer Höhe von 25 Prozent des Vergleichsumsatzes vom November 2019 machen, ohne dass dies auf die Hilfen angerechnet werde. Buchholz: «Das ist ein wichtiger Anreiz für die Betriebe, solche Angebote zu machen und das ist gut so – für die Betriebe, aber auch für ihre Kunden.» (Mit Material der dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will den Kampf gegen den Arbeitskräftemangel in Deutschland intensivieren. Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung die Möglichkeit eines Rechtsanspruchs auf flexibles Arbeiten für Beschäftigte prüfen solle, wie aus dem Entwurf des neuen Jahreswirtschaftsberichts hervorgeht.

Die Arbeitgeber in Deutschland lehnen einen Rechtsanspruch auf Homeoffice ab. In der Regel werde diese Frage im guten Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geregelt. Ein Gesetz brauche es nicht, so Steffen Kampeter.

Bekommen Kinder ihr Mittagessen in Kita oder Schule künftig vom Staat bezahlt? Ein Bürgerrat fordert genau das. Rot-Grün in Niedersachsen findet den Vorschlag gut, bremst aber trotzdem die Erwartungen.

Sterneköche und Frankreichs Gastgewerbe mobilisieren gegen das neue Migrationsgesetz, das, anders als zunächst geplant, die Integration von Beschäftigten ohne Aufenthaltstitel kaum erleichtert. Jetzt protestieren Sterneköche, die die Integration von Küchenpersonal ohne Papiere fordern und appellieren: Wir brauchen Migranten.

Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland sind für ein kostenloses Mittagessen in Schulen und Kitas. Hintergrund der Umfrage war die Empfehlung eines Bürgerrats des Bundestags zur Ernährung.

Das Ifo-Institut plädiert für die Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung. Die Niederlande, Schweden und Finnland hätten das bereits beschlossen. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen bleibe damit stabil, so die Wirtschaftsforscher.

Mit einer langen Kolonne von Traktoren haben Tausende Landwirte in Berlin ihrem Ärger über die Ampel-Koalition Luft gemacht. Bei einer Protestkundgebung am Brandenburger Tor sprach auch DEHOGA-Präsident Guido Zöllick und verlangte die Rückkehr zu sieben Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie.

Es ist der erste Bürgerrat dieser Art und das Thema ist hochaktuell: Ernährung. Kostenfreies Mittagessen für alle Kinder steht dabei an erster Stelle der Empfehlungen, die nun im Bundestag vorgestellt wurden.

Das Justizministerium hat einen Referentenentwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz vorgelegt. Darin enthalten ist auch die Hotelmeldepflicht, die abgeschafft werden soll – allerdings nur für deutsche Staatsangehörige. Auch die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege sollen verkürzt werden.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent für Speisen in der Gastronomie bei gleichzeitig massiv steigenden Kosten stellt die Unternehmer vor größte Herausforderungen. Das geht aus einer Umfrage des Dehoga hervor.