Ein Jahr Nachtbürgermeister in Mannheim - Miteinander verbessert

| Politik Politik

Hendrik Meier sitzt leger auf einem Barhocker der Mannheimer Kneipe «Hagestolz». Mit dem Inhaber Abian Hammann bespricht er den nächsten «Gastrotreff» im Ausgehviertel Jungbusch, bei dem die Betreiber von Clubs und Bars sich austauschen. Aktuelles

Thema: mehr Platz sowie einheitliche Richtlinien für die Außenbestuhlung. Hammann und seine Kollegen gehören zu dem Netzwerk, das Meier, Deutschlands erster und einziger Nachtbürgermeister, seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr aufgebaut hat.

Der Kneipeninhaber in Shorts und mit rosa Baseballcap bilanziert: «Ich finde es sehr schlau, eine Schnittstelle, einen Vermittler, zwischen den Gewerbetreibenden, Verwaltungen und Sicherheitsbehörden zu haben.» Vorher seien Forderungen der Gastronomen verpufft, sagt Hammann (34). Jetzt adressiere Meier die Anliegen bei der Stadt.

Der 28-Jährige hat sich im vergangenen Sommer gegen 40 Mitbewerber durchgesetzt. Seine Aufgabe: das Miteinander von Nachtschwärmern, Anwohnern, Clubbetreibern, Kneipiers und Stadtverwaltung verbessern.

Denn das Nachtleben bringt nicht nur Spaß, sondern auch Konflikte mit sich. Lautstarkes Feiern in den 130 Clubs der 300 000-Einwohnerstadt kann Bürgern die Nachtruhe rauben; zersplitterte Flaschen auf dem Gehweg oder achtlos weggeworfener Müll sorgen für Unmut.

 

«Ich möchte die Nacht in ein besseres Licht rücken und ihren gesellschaftlichen Mehrwert verdeutlichen», beschreibt Meier seine Ziele. Probleme mit Lärm und Schmutz sind auch Folge der sogenannten

Mediterranisierung: Fachleute meinen damit, dass sich das Leben der Menschen - auch wegen der wärmeren Temperaturen - wie in südlichen Ländern zunehmend nach draußen verlagert.

Mit den Folgen haben Meier und seine weltweit rund 40 Kollegen zu kämpfen, wobei der Night Mayor in Amsterdam als Vorreiter gilt. In Deutschland hat das Konzept für Aufmerksamkeit gesorgt. Aus 22 Kommunen kamen Detailfragen, aus kleinen und großen Städten, von Hannover bis Radolfzell. «München, Stuttgart und Nürnberg sind am weitesten», weiß Meier.

Die sogenannte Nachtökonomie ist ein Grund für das kommunale Interesse. Partygänger geben Geld aus für Drinks und Speisen, Busse oder Taxis. Ebenso wichtig ist ein attraktives Nachtleben auch als Standortfaktor. «Experten und Fachkräfte erwarten, dass Städte ein dynamisches diverses Ausgeh-Angebot bieten - dazu gehört die gesamte kulturelle Bandbreite, aber auch Clubkultur und Gastronomie», sagt Matthias Rauch von der Kulturellen Stadtentwicklung. Das ist eine Tochter der Stadt, bei der Meiers Stelle angesiedelt ist.

Manchmal muss Meier auch dicke Bretter bohren. Beispiel Wildpinkeln.

Zwar konnte er die «Nette Toilette» voranbringen - die kostenlose Nutzung von WCs in Kneipen. Doch mit seiner Idee eines versenkbaren Urinals hatte er kein Glück. Die Anwohner wünschen sich zwar Abhilfe, aber keiner will so etwas vor oder Haustür stehen haben.

Auch der von ihm angeregte Blitzer, um die Raserei auf einer der Hauptverkehrsstraßen im Jungbusch zu beenden, kommt mangels Geld nicht. Mehr Glück hat er mit der Initiative gegen weggeworfene Flaschen, die jetzt einfach in überall aufgestellten Pfandkisten abgelegt und von Flaschensammlern mitgenommen werden können.

Peer-Kai Schellenberger, der die Abteilung Sicherheit und Ordnung der Stadt leitet, tauscht sich alle vier bis sechs Wochen mit dem Nachtbürgermeister aus, manchmal ist auch die Polizei dabei. Meier sauge wie ein Schwamm die Stimmung vor Ort auf und ermögliche so in frühem Stadium einfache Problemlösungen, sagt Schellenberger. Das Projekt soll Ende 2019 bewertet und dann womöglich verlängert werden. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Zwei Drittel der abhängig Beschäftigten in Deutschland sprechen sich für eine Lockerung der täglichen Arbeitszeitbegrenzung und die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit aus. Dies ist das zentrale Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Die Debatte um geplante Steuerentlastungen für die Gastronomie und Pendler spitzt sich zu. Nach der ablehnenden Haltung von Bundesfinanzminister Klingbeil hinsichtlich einer Kompensation für die Länder, kam scharfe Kritik von Ministerpräsidenten der CDU. Gleichzeitig warnt der DEHOGA vor den Folgen einer Verzögerung der Entscheidungen.

Der Streit zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung des geplanten Entlastungspakets spitzt sich zu. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat die Länder scharf vor einem Scheitern der geplanten Mehrwertsteuersenkung für Speisen in der Gastronomie gewarnt. Jetzt äußerten sich weitere Politiker und Verbände.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat angesichts des anhaltenden Streits über die Verteilung der Steuerausfälle mit einem Scheitern der geplanten Entlastungen für die Gastronomie und Pendler gedroht. Die Länder fordern eine Kompensation der zu erwartenden Mindereinnahmen durch den Bund.

Entlastung für eine krisengeschüttelte Branche: In einer öffentlichen Anhörung im Bundestag bekräftigen Wirtschaftsvertreter und Fachexperten die Notwendigkeit der geplanten Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf sieben Prozent. Kritiker stellten die fiskalischen Kosten und die soziale Treffsicherheit der Maßnahme infrage.

Österreichs Tourismuswirtschaft erhält neue Rahmenbedingungen im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Die Bundesregierung beschließt nicht nur eine Erhöhung der Saisonkontingente, sondern auch die Einrichtung eines Beschäftigtenfonds.

Der Chef darf ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen. Diese Regel zu ändern, könnte Ärzte entlasten. Die Gesundheitsministerin zeigt sich überraschend offen für die Idee.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mobilisiert am 23. Oktober Essenskuriere und Support-Mitarbeiter. Hintergrund sind die Pläne des Essenslieferdienstes zur bundesweiten Auslagerung von etwa 2.000 Arbeitsplätzen.

Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand, ein Zusammenschluss von zehn Wirtschaftsverbänden, legte nun ihren zweiten Mittelstandsmonitor vor und zieht erneut eine ernüchternde Bilanz der politischen Rahmenbedingungen.

Der Dehoga in Hessen lehnt das geplante EU-Verbot von Bezeichnungen wie «Veggie-Burger» ab. Warum der Verband und ein veganes Lokal vor mehr Bürokratie und Verunsicherung von Kunden warnen.