Hilfen für Familien, Kommunen und Unternehmen? Ringen um Konjunkturpaket

| Politik Politik

Es geht um Milliarden - doch wer bekommt was? Das Ringen um das milliardenschwere Konjunkturpaket der Bundesregierung zur Ankurbelung der Wirtschaft in der Corona-Krise ist in vollem Gange. Wenige Tage vor entscheidenden Beratungen der Koalitionsspitzen deuten sich zunehmend Schwerpunkte an - aber auch Konflikte. Umstritten sind etwa ein Kinderbonus, eine Entlastung von Kommunen bei Altschulden, Kaufprämien für Autos sowie steuerliche Entlastungen für Unternehmen.

Streit gibt es auch darum, wie viel das Paket kosten soll. CSU-Chef Markus Söder hatte bereits eine Obergrenze für weitere Schulden von 100 Milliarden Euro gefordert, um den Bund finanziell nicht zu überfordern. Der Koalitionsausschuss kommt am kommenden Dienstag zusammen. Infolge der Corona-Krise wird eine schwere Rezession in Deutschland erwartet.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will mit dem Konjunkturprogramm vor allem Wirtschaft, Familien und Kommunen helfen, wie er am Freitag in Potsdam deutlich machte. Scholz verwies auf die Idee eines Kinderbonus. Die SPD schlägt einen einmaligen Bonus von 300 Euro je Kind beim Kindergeld vor. Damit sollen Familien entlastet und die Kaufkraft gestärkt werden. Die Union sieht einen solchen Bonus aber skeptisch.

Scholz sagte, das Konjunkturprogramm solle für 2020 und 2021 gelten und komme zur richtigen Zeit, weil der größte Teil an Beschränkungen dann beendet sei. Mit dem Paket müsse auch die Wirtschaft stabilisiert werden. Bestimmte Branchen sollten gezielt Hilfe erhalten: Scholz nannte Gaststätten, Hotels, Reisebüros, Schausteller, Kunst und Kultur als Beispiele. Das Programm sollte auch für mehr Klimaschutz und Digitalisierung sorgen.

Der Minister warb außerdem für seinen Vorschlag eines Schutzschirms für Kommunen, indem Bund und Länder Ausfälle der Gewerbesteuer ausgleichen und alte Schulden abtragen - dies stößt aber vor allem bei finanzstarken unionsgeführten Ländern auf Widerstand, weil die Länder sich nach dem Scholz-Plan finanziell beteiligen sollen.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks schlug ein kommunales Investitionsprogramm von mindestens 50 Milliarden Euro vor. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sprach sich für einen Vertrag zwischen Bund, Ländern und Kommunen aus, um wegbrechende Gewerbesteuereinnahmen zu kompensieren. Generell könne sich die Konjunktur nur erholen, wenn die Wachstumskräfte angefacht würden.

In einem Papier des Finanzministeriums werden neben einem Kinderbonus und einem «Kommunalen Solidarpakt» weitere Punkte für ein Konjunkturpaket genannt. Das Papier lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Zuerst hatte der ««Spiegel» darüber berichtet.

So soll die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld von derzeit maximal einem Jahr auf zwei Jahre verdoppelt werden. Private Haushalte sollten auch bei der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms entlastet werden. Hohe Stromkosten belasteten untere Einkommensschichten überproportional und schwächten die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, heißt es. Auch die Union will Entlastungen bei den Strompreisen, der genaue Weg aber ist offen.

Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Infrastruktur sollten beschleunigt werden, heißt es im Papier des Finanzressorts weiter. Auch für die Union ist das ein wichtiger Punkt - damit etwa Sende- und Strommasten oder Windräder schneller gebaut werden können.

Bei der Mobilität sieht das Papier Finanzhilfen für die Deutsche Bahn vor sowie einen Ausbau des Mobilfunknetzes in der Nähe von Bahntrassen. Vorgeschlagen wird auch eine Reform der Kfz-Steuer ab 2021, die Bemessungsgrundlage solle sich hauptsächlich auf die CO2-Emissionen pro Kilometer beziehen - eine solche Reform wird seit langem erwartet, die Bundesregierung hatte sie bereits in ihrem Klimaschutzprogramm angekündigt.

Die Union hatte deutlich gemacht, sie wolle beim Konjunkturprogramm einen Schwerpunkt darauf legen, Innovationen zu stärken - damit Deutschland den Anschluss bei Zukunftstechnologien wie der Künstlichen Intelligenz nicht zu verpassen droht. Firmen sollten steuerlich entlastet werden, damit sie investieren können. Außerdem will die Union weniger staatliche Bürokratie, wie etwa Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vorgeschlagen hatte.

Aus Sicht der Gewerkschaft IG Metall sollte das Konjunkturprogramm ein Volumen von weit mehr als 100 Milliarden Euro haben. «Für eine schnelle und wirksame Steigerung der Nachfrage ist es jetzt sinnvoll zu klotzen statt zu kleckern, bevor sich die Rezession noch tiefer in unsere Wirtschaft frisst und die Arbeitslosigkeit stark zunimmt», sagte der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann. Um die Autobranche als Schlüsselindustrie zu stärken, sei ein Kaufanreiz durch eine «Umweltprämie» der richtige Weg. Damit sollten auch Fahrzeuge mit emissionsarmen Verbrennungsmotoren gefördert werden.

Eine solche Prämie, die auch von der Autobranche gefordert wird, ist innerhalb der Bundesregierung aber umstritten. Umweltverbände lehnen Kaufprämien ab. Eine steuergeldfinanzierte Unterstützung zum Kauf privater Autos sei ökologisch kontraproduktiv und sozial ungerecht, sagte die BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock. Stattdessen müsse der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Bundesregierung richtet ihre Tourismuspolitik neu aus. Eine neue Nationale Tourismusstrategie (NTS) soll künftig die „Wettbewerbsfähigkeit der Tourismuswirtschaft“ in den Mittelpunkt stellen.

Die Europäische Kommission hat einen Verhaltenskodex für Online-Bewertungen​​​​​​​ im Tourismussektor veröffentlicht. Zahlreiche Forderungen der Hotellerie wurden in die Leitlinien aufgenommen, dennoch sieht die Österreichische Hotelvereinigung weiteren Handlungsbedarf, insbesondere was die rechtliche Verbindlichkeit betrifft.

Die Bundesregierung hat bei einer Kabinettssitzung die Senkung der Gastro-Mehrwertsteuer auf den Weg gebracht. Die Ministerinnen und Minister beschlossen einen Gesetzentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil. Damit soll die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie dauerhaft von derzeit 19 auf 7 Prozent reduziert werden. 

Das Bundesministerium der Finanzen hat einen entscheidenden Schritt zur Entlastung der Gastronomie gemacht. Ein kürzlich veröffentlichter Referentenentwurf für ein Steueränderungsgesetz 2025 sieht vor, die Mehrwertsteuer für Speisen in Restaurants dauerhaft auf sieben Prozent zu senken. Die geplante Neuregelung soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten.

Der Koordinator für die maritime Wirtschaft und Tourismus, Dr. Christoph Ploß, startet heute seine Tourismus-Sommertour. Vom 1. bis zum 3. September 2025 besucht er wichtige Tourismusstandorte im Westen und Süden der Bundesrepublik.

Anja Karliczek, die Vorsitzende des Tourismus-Ausschusses im Bundestag, bekräftigt die geplante Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie. In einem Beitrag auf LinkedIn kündigte sie an, dass der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent "im Herbst der Reformen" umgesetzt werden soll.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten warnt eindringlich vor den Plänen der Bundesregierung, den 8-Stunden-Tag abzuschaffen. Schon jetzt würden Beschäftigte rund 1,2 Milliarden Überstunden leisten – davon 638 Millionen unbezahlt. Besonders betroffen sei das Gastgewerbe.

Die Bundesregierung will, nach Angaben ihres Sucht- und Drogenbeauftragten, das sogenannte begleitete Trinken von Jugendlichen ab 14 Jahren abschaffen. Bereits im Juni hatten die Gesundheitsminister der Länder auf ein Verbot der Praxis gedrängt.

Die US-Regierung erwägt Sanktionen gegen Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Union sowie einzelner Mitgliedstaaten, die für die Umsetzung des Digital Services Act (DSA) zuständig sind. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mehrere mit den internen Beratungen vertraute Personen.

Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat sich die sich er Geschäftsführer der Benessere-Hotels aus Felsberg in einem offenen Brief an den hessischen Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori gewandt. Selbst nicht von Rückforderungen, sieht Günther Klasen die Existenz vieler kleiner Betriebe bedroht. Die Rückforderungen seien für viele der letzte Stoß in den Abgrund.