Kein Arbeitslosengeld für Ungeimpfte?

| Politik Politik

Die bereits für Mitte März beschlossene Impfpflicht für Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen rückt näher. Über die allgemeine Impfpflicht wird im Bundestag und weit über das Parlament hinaus noch heiß diskutiert. Doch was passiert eigentlich, wenn ein Ungeimpfter seinen Job verliert? Bekommt er dann etwa überhaupt Arbeitslosengeld? Laut Bundesagentur für Arbeit bestehen gravierende Unterschiede zwischen einrichtungsbezogener und allgemeiner Impfpflicht.

Der Vorstandsvorsitzende der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, hat das Problem am vergangenen Wochenende auf den Tisch gelegt - und prompt beißende Kritik von FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki geerntet. «Dass man Menschen in den Senkel stellt einfach aufgrund ihres Impfstatus, wird mittlerweile für mich unerträglich», sagte der FPD-Politiker, der auch im Bundestag gegen eine allgemeine Impfpflicht zu Felde zieht, am Sonntagabend bei «Bild»-TV. Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht wähnt gar «Willkür und soziale Erpressung», wie sie der «Bild» anvertraute.

Blick in die Gesetzbücher

Ein Blick in die Gesetzbücher hilft weiter - zumindest einen Schritt. Die Bundesagentur muss - zum Beispiel bei der Vergabe von Arbeitslosengeld - nach Rechtslage entscheiden. Und das Sozialgesetzbuch III sieht in Paragraf 138 eindeutig vor, dass sich jeder, der Arbeitslosengeld beziehen möchte, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen muss. Das heißt im Klartext, er muss einen Job annehmen, der ihm etwa von der Arbeitsagentur angeboten wird, wenn er dazu geeignet ist und die Arbeit unter bestimmten Gesichtspunkten zumutbar ist - egal in welcher Branche.

Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht bedeutet das: Wer wegen der fehlenden Impfung von seinem Arbeitgeber gekündigt oder freigestellt wird, kann in der Regel Arbeitslosengeld beziehen - vorausgesetzt, er stellt sich grundsätzlich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung und ist grundsätzlich bereit, unabhängig von der Branche den Job zu wechseln. Für die Praxis dürfte das zumindest ein Hintertürchen sein, durch das die Betroffenen schlüpfen können.

Recht auf Seite der Arbeitgeber

Kommt es zu einer allgemeinen Impfpflicht, könnte aber auch diese Tür zu sein. Denn: Ein Ungeimpfter stünde dann auch nicht mehr für Tätigkeiten in anderen Branchen zur Verfügung - die Impfpflicht würde ja für die Ausübung aller Berufe gelten. Arbeitgeber hätten wohl das Recht, Ungeimpfte bei der Jobsuche nicht zu berücksichtigen, glaubt Scheele. Die Bundesagentur müsste dann prüfen, ob eine Sperrzeit vom Arbeitslosengeld verhängt werden müsse, argumentierte der BA-Chef in den Zeitungen der Funke-Gruppe.

Kubicki brachte dies zum Schäumen: «Ich finde es unverfroren, in der jetzigen Phase mit solchen Anregungen zu kommen», sagte Kubicki bei «Bild»-TV. «Die Gefahr geht doch nicht von Ungeimpften aus, sondern von Infizierten.» Man müsste also sagen: «Wer sich infiziert, verliert seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil er ja seine Arbeitskraft nicht mehr zur Verfügung stellen kann. Da wird Herr Scheele sofort erkennen, dass das kompletter Unsinn ist.»

Gesetzgeber am Zug

Ein Sprecher der Bundesagentur betonte am Montag, der Gesetzgeber sei am Zug. Wenn in der Gesetzgebung für eine allgemeine Impfpflicht entsprechende Möglichkeiten geschaffen würden, dann sei die Bundesagentur selbstverständlich auch an eine gegebenenfalls neue Rechtslage gebunden.

Der Bundestag hat am Mittwoch in einer Orientierungsdebatte erstmals ausführlich über die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht in Deutschland diskutiert. Die Ampel-Koalition hat vereinbart, dass die Abgeordneten in freier Abstimmung ohne die sonst üblichen Fraktionsvorgaben beraten und entscheiden sollen. Entschieden werden könnte nach SPD-Planungen im März. Eine Gruppe um Kubicki will eine Impfpflicht generell verhindern. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Am 2. Oktober beginnt vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim eine entscheidende Verhandlungsreihe. Gegenstand sind Berufungen der landeseigenen L-Bank gegen Urteile, die zuvor Rückforderungsbescheide der Corona-Soforthilfe als unrechtmäßig eingestuft hatten.

Gastwirte sollen 2026 entlastet werden, die Umsatzsteuer auf Speisen sinkt. Doch ob es auch zu Preissenkungen in Restaurants kommt, ist fraglich. Die DGB-Vorsitzende hätte da einen anderen Vorschlag. Bayerns Tourismusministerin widerspricht.

Die geplante Ausweitung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes auf Restaurants, Imbisse und Co. stößt auf heftigen Widerstand. Branchenvertreter sehen darin eine neue, unnötige Bürokratie und befürchten Wettbewerbsnachteile, ohne dass es einen echten Mehrwert für die Gäste gibt.

Die europäische Kommission hat von den Tech-Unternehmen Apple, Google, Microsoft und Booking.com Auskünfte darüber verlangt, wie sie sich auf ihren Plattformen gegen Betrugsmaschen zur Wehr setzen. Grundlage dafür ist das Gesetz über digitale Dienste.

Beim „Burger Dialog“ von McDonald's trafen Vertreter der Gen Z auf Abgeordnete der Regierungskoalition. Im Zentrum des Austauschs standen die Sorgen junger Menschen, die zunehmend daran zweifeln, dass Leistung allein noch den gesellschaftlichen Aufstieg sichert.

In vielen Ballungsräumen gehen etliche reguläre Wohnungen ausschließlich an Feriengäste. Lindert es die Wohnungsnot, wenn man die kurzfristige Vermietung eindämmt?

Die Bundesregierung richtet ihre Tourismuspolitik neu aus. Eine neue Nationale Tourismusstrategie (NTS) soll künftig die „Wettbewerbsfähigkeit der Tourismuswirtschaft“ in den Mittelpunkt stellen.

Die Europäische Kommission hat einen Verhaltenskodex für Online-Bewertungen​​​​​​​ im Tourismussektor veröffentlicht. Zahlreiche Forderungen der Hotellerie wurden in die Leitlinien aufgenommen, dennoch sieht die Österreichische Hotelvereinigung weiteren Handlungsbedarf, insbesondere was die rechtliche Verbindlichkeit betrifft.

Die Bundesregierung hat bei einer Kabinettssitzung die Senkung der Gastro-Mehrwertsteuer auf den Weg gebracht. Die Ministerinnen und Minister beschlossen einen Gesetzentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil. Damit soll die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie dauerhaft von derzeit 19 auf 7 Prozent reduziert werden. 

Das Bundesministerium der Finanzen hat einen entscheidenden Schritt zur Entlastung der Gastronomie gemacht. Ein kürzlich veröffentlichter Referentenentwurf für ein Steueränderungsgesetz 2025 sieht vor, die Mehrwertsteuer für Speisen in Restaurants dauerhaft auf sieben Prozent zu senken. Die geplante Neuregelung soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten.