Konstanz zieht positive Zwischenbilanz zur Verpackungssteuer – Gastronomieverbände üben Kritik

| Politik Politik

Die Stadt Konstanz meldet eine Trendwende beim Müllaufkommen im öffentlichen Raum und führt diese auf die seit 1. Januar 2025 erhobene Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke zum Sofortverzehr zurück. Nach Tübingen ist Konstanz die zweite Stadt in Deutschland mit dieser Lenkungsabgabe. Parallel dazu äußern der Bundesverband der Systemgastronomie e.V. (BdS) und der Bäckerinnungsverband Südwest Kritik an der Bewertung der Stadt und bemängeln das vorschnelle Fazit.

Reduktion des Abfalls im öffentlichen Raum

Die Stadt Konstanz, die laut eigenen Angaben jährlich rund 500 Tonnen Müll auf öffentlichen Flächen (ca. 1,4 Tonnen pro Tag) verzeichnete, hatte die Steuer mit dem Ziel eingeführt, das Abfallaufkommen spürbar zu reduzieren, die Nutzung von Mehrwegsystemen zu fördern und die Entsorgungskosten gerechter zu verteilen.

Eine in Kooperation mit der Universität Konstanz durchgeführte datenbasierte Evaluation zeigt nun, neun Monate nach Einführung der Steuer, erste Ergebnisse. Zwischen Januar und September 2025 konnte eine Müllreduktion von 14 Tonnen im Vergleich zu den Vorjahren festgestellt werden. Dies entspricht einer prozentualen Reduktion von 4,7 Prozent, wobei in einigen Stadtteilen der Rückgang sogar bei rund 14 Prozent lag. In Volumen umgerechnet, entspreche dies rund 1 Million Einwegbecher. Bei der Erhebung wurden Kontextfaktoren wie Wetter und Veranstaltungen zur Erklärung von Schwankungen berücksichtigt.

Philipp Baumgartner, Leiter des Amts für Klimaschutz, betonte: „Die positive Auswirkung auf das Müllaufkommen im öffentlichen Raum zeigt uns, dass es viel bringen kann, auch teils unpopuläre Maßnahmen in die Umsetzung zu bringen.“

Zunahme der Mehrwegangebote

Als weiteren positiven Effekt nennt die Stadt die Vergrößerung des Mehrwegangebots. So habe der Anbieter Recup zwischen Herbst 2024 und Frühjahr 2025 ein Wachstum von 60 Prozent verzeichnet, und es gebe aktuell über 100 Ausgabestellen im gesamten Stadtgebiet. Ergänzend zur Steuer hatte die Stadt flankierende Maßnahmen wie Werbung für Mehrweg sowie eine Mehrwegförderung für lokale Betriebe und Vereine eingeführt.

Die Stadt wies darauf hin, dass die Ergebnisse vorläufig seien und die Evaluation fortgeführt werde, um Langfristeffekte zu beobachten.

Kritik der Gastronomieverbände

Die Verbände BdS und der Bäckerinnungsverband Südwest zeigen sich „verwundert“ über das positive Fazit der Stadt und werfen ihr eine einseitige Bewertung vor. Sie bemängeln, dass „zentrale Aspekte der angekündigten Evaluation außen vor“ gelassen wurden, insbesondere die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Gastronomiebetriebe sowie auf Verbraucherinnen und Verbraucher. Zudem sei die Datengrundlage von wenigen Monaten für ein belastbares Fazit zu gering.

Kristina Harrer-Kouliev, Leiterin der Rechtsabteilung des BdS, erklärte: „Dass einzelne Zwischenergebnisse öffentlich gemacht werden, bevor die umfassende Evaluation abgeschlossen ist, irritiert sehr. Eine seriöse Bewertung setzt voraus, dass alle relevanten Fakten auf dem Tisch liegen.“

Die Verbände berichten, dass zahlreiche gastronomische Betriebe in Konstanz seit Einführung der Steuer von einem deutlichen Gästerückgang berichten. Die zusätzliche Abgabe verteuere Take-away-Angebote zum Teil um bis zu 30 Prozent, was zu spürbarer Kaufzurückhaltung führe. Dies betreffe besonders kleine und mittelständische Betriebe.

Stefan Körber, Hauptgeschäftsführer des Bäckerinnungsverbands Südwest, kritisierte die Maßnahme als den „falschen Weg“ und erklärte: „Doch eine Steuer, die Betriebe belastet, Arbeitsplätze gefährdet und Preise erhöht, ist der falsche Weg. Nachhaltigkeit gelingt nur im Schulterschluss mit der Wirtschaft und den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam und nicht gegen sie.“ Auch die gewünschte Lenkungswirkung in Richtung Mehrweg bleibe aus, da die Nachfrage der Kunden weiterhin auf niedrigem Niveau liege.

Die unterzeichnenden Verbände appellieren an die Stadt Konstanz, die Evaluation vollständig abzuschließen und die Ergebnisse ausgewogen zu bewerten.


 

 

 

 

 

 

 

 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Am 2. Oktober beginnt vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim eine entscheidende Verhandlungsreihe. Gegenstand sind Berufungen der landeseigenen L-Bank gegen Urteile, die zuvor Rückforderungsbescheide der Corona-Soforthilfe als unrechtmäßig eingestuft hatten.

Gastwirte sollen 2026 entlastet werden, die Umsatzsteuer auf Speisen sinkt. Doch ob es auch zu Preissenkungen in Restaurants kommt, ist fraglich. Die DGB-Vorsitzende hätte da einen anderen Vorschlag. Bayerns Tourismusministerin widerspricht.

Die geplante Ausweitung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes auf Restaurants, Imbisse und Co. stößt auf heftigen Widerstand. Branchenvertreter sehen darin eine neue, unnötige Bürokratie und befürchten Wettbewerbsnachteile, ohne dass es einen echten Mehrwert für die Gäste gibt.

Die europäische Kommission hat von den Tech-Unternehmen Apple, Google, Microsoft und Booking.com Auskünfte darüber verlangt, wie sie sich auf ihren Plattformen gegen Betrugsmaschen zur Wehr setzen. Grundlage dafür ist das Gesetz über digitale Dienste.

Beim „Burger Dialog“ von McDonald's trafen Vertreter der Gen Z auf Abgeordnete der Regierungskoalition. Im Zentrum des Austauschs standen die Sorgen junger Menschen, die zunehmend daran zweifeln, dass Leistung allein noch den gesellschaftlichen Aufstieg sichert.

In vielen Ballungsräumen gehen etliche reguläre Wohnungen ausschließlich an Feriengäste. Lindert es die Wohnungsnot, wenn man die kurzfristige Vermietung eindämmt?

Die Bundesregierung richtet ihre Tourismuspolitik neu aus. Eine neue Nationale Tourismusstrategie (NTS) soll künftig die „Wettbewerbsfähigkeit der Tourismuswirtschaft“ in den Mittelpunkt stellen.

Die Europäische Kommission hat einen Verhaltenskodex für Online-Bewertungen​​​​​​​ im Tourismussektor veröffentlicht. Zahlreiche Forderungen der Hotellerie wurden in die Leitlinien aufgenommen, dennoch sieht die Österreichische Hotelvereinigung weiteren Handlungsbedarf, insbesondere was die rechtliche Verbindlichkeit betrifft.

Die Bundesregierung hat bei einer Kabinettssitzung die Senkung der Gastro-Mehrwertsteuer auf den Weg gebracht. Die Ministerinnen und Minister beschlossen einen Gesetzentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil. Damit soll die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie dauerhaft von derzeit 19 auf 7 Prozent reduziert werden. 

Das Bundesministerium der Finanzen hat einen entscheidenden Schritt zur Entlastung der Gastronomie gemacht. Ein kürzlich veröffentlichter Referentenentwurf für ein Steueränderungsgesetz 2025 sieht vor, die Mehrwertsteuer für Speisen in Restaurants dauerhaft auf sieben Prozent zu senken. Die geplante Neuregelung soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten.