Merkel verlangt schärferen Lockdown noch vor Weihnachten

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angesichts weiter steigender Corona-Infektions- und Todeszahlen eine Verschärfung des Teil-Lockdowns noch vor Weihnachten verlangt. «Die Zahl der Kontakte ist zu hoch. Die Reduktion der Kontakte ist nicht ausreichend», sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in der Generaldebatte des Bundestags zum Bundeshaushalt 2021. Selbst wenn man Länder mit sehr starkem Anstieg wie Sachsen herausrechne, gebe es Anstiege. 590 Todesfälle am Tag wie am Mittwoch gemeldet seien nicht akzeptabel. «Und weil die Zahlen so sind, wie sie sind, müssen wir etwas tun, und zwar Bund und Länder gemeinsam.»

Merkel betonte, es müsse verhindert werden, dass die Infektionszahlen wieder ein exponentielles Wachstum erreichen. Das Ziel heiße nicht, nach Tagen zu rechnen, sondern nach Resultat. «Sonst entgleitet uns die Pandemie wieder und wieder.» Ziel bleibe es, auf 50 Fälle pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen herunter zu kommen.

Die Kanzlerin stellte sich ausdrücklich hinter die Empfehlungen der Wissenschaftsorganisation Leopoldina vom Vortag. Die Politik tue gut daran, das, was die Wissenschaft sage, «auch wirklich ernst zu nehmen».

Die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina hatte am Dienstag gefordert, die Feiertage und den Jahreswechsel für einen harten Lockdown zu nutzen. In einem ersten Schritt sollten Kinder ab dem 14. Dezember nicht mehr in die Schulen gehen, möglich seien Aufgaben zu Hause. Vom 24. Dezember bis mindestens zum 10. Januar 2021 sollte dann in ganz Deutschland das öffentliche Leben weitgehend ruhen, auch die Geschäfte außer für den täglichen Bedarf sollten schließen.

Merkel betonte, Glühweinstände und Waffelbäckereien in manchen Städten würden sich nicht mit den Vereinbarungen von Bund und Ländern zum Teil-Lockdown vertragen. Und wenn die Wissenschaft «uns geradezu anfleht», vor Weihnachten und dem Besuch bei den Großeltern eine Woche Kontaktreduzierung vorzunehmen, dann müsse man noch einmal darüber nachdenken, die Schulferien schon vor dem 19. Dezember beginnen zu lassen.

Die Kanzlerin verteidigte die hohe Neuverschuldung von fast 180 Milliarden Euro im Haushalt. In dieser besonderen Situation der Pandemie müsse der Staat auch besonders handeln. «Und das drückt dieser Haushalt aus.»

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner kritisierte dagegen die Höhe der Neuverschuldung als völlig überzogen. Es sei möglich, diese zu halbieren - «und zwar ohne Voodoo und Zaubertricks». Deutschland dürfe nicht mehr Schulden machen als unbedingt notwendig und müsse so Stabilitätsanker in der Europäischen Union bleiben. «Wir haben eine fiskalische Vorbildfunktion für Andere in Europa», sagte der FDP-Fraktionschef und warnte: «Die Corona-Krise darf nicht der Ausgangspunkt der nächsten Euro-Schuldenkrise werden.»

Lindner forderte mehr Berechenbarkeit der staatlichen Strategie in der Corona-Krise. «Die Halbwertzeit der Ankündigungen, Erklärungen und Verhaltensregeln wird immer kürzer. Und damit wird auch die wichtigste Ressource in dieser Krise immer knapper, nämlich die Berechenbarkeit staatlichen Handelns.»

Zum Auftakt der Debatte stellte sich die AfD strikt gegen die staatliche Corona-Politik. «Auch nach einem Dreivierteljahr stochern Sie immer noch im Nebel und klammern sich an die untaugliche Holzhammermethode «Lockdown», die mehr Kollateralschäden anrichtet als Nutzen im Kampf gegen das Coronavirus», sagte Fraktionschefin Alice Weidel an die Adresse der Bundesregierung.

Weidel griff Merkel direkt an: «Nach 15 Merkel-Jahren ist Deutschland ein Land, das seine Grenzen nicht gegen illegale Einwanderung schützen will, aber seine Bürger mit Ausgangssperren überzieht und Heerscharen von Polizisten zur Kontrolle der Maskenpflicht im Zugverkehr abkommandiert.»

Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte, einen «klaren Stufenplan» für den Kampf gegen die Pandemie und klare gesellschaftliche Prioritäten. «Von einer Ministerpräsidentenrunde zur nächsten uns zu hangeln, das kann so nicht weitergehen.»

Baerbock verlangte ferner, die Corona-Krise und die Hilfspakete für ein Umsteuern in der Politik zu nutzen. «Mit den Milliardenpaketen muss jetzt auch der Grundstein dafür gelegt werden, dass es in Zukunft besser wird.» Vor der Krise sei nicht alles gut gewesen, es hätten etwa Pflegekräfte gefehlt. «Einfach nur zu sagen, wir nehmen Geld in die Hand, und knüpfen dann an, wo wir vor der Krise waren - dann haben wir nichts gelernt. Das ist keine vorausschauende Politik.» So müsse man etwa im Gesundheitssystem stärker auf Vorsorge setzen und Milliardenhilfen für die Wirtschaft nutzen, um eine drastische Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen zu erreichen.

Die Linke warf der Bundesregierung eine falsche Prioritätensetzung bei den Staatsausgaben vor. «Ihre Politik, die treibt seit Jahren den Keil der sozialen Spaltung immer tiefer in unsere Gesellschaft, und so machen Sie auch in dieser Pandemie weiter», sagte Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. Sie erneuerte die Forderung der Linken nach einer einmaligen Vermögensabgabe für «Superreiche, Multimillionäre und Milliardäre» in der Corona-Krise. Zudem müsse es «anständige» Löhne und Arbeitsbedingungen in Kliniken, Pflegeeinrichtungen, für Paketzusteller, Lkw-Fahrer und Beschäftigte im Einzelhandel geben. (dpa)


 

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