Nach Verzögerung bei Novemberhilfen: Kommen jetzt höhere Abschlagszahlungen?

| Politik Politik

Die staatlichen Hilfen an Unternehmen und Selbstständige zur Überbrückung der Einbußen im Corona-Teil-Lockdown fließen nicht vor Januar. Zehntausende Direkt- und Abschlagszahlungen wurden bereits bewilligt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der FDP im Bundestag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet. (Tageskarte berichtete ebenfalls) In der Antwort heißt es, «dass mit der Antragsbearbeitung möglichst im Dezember begonnen werden kann und Auszahlungen im Januar erfolgen können». Das sehe der Zeitplan vor, der mit dem Dienstleister vereinbart worden sei, der mit der Abwicklung beauftragt wurde. Anträge für die Novemberhilfen könnten bis 31. Januar gestellt werden, bekräftigte das Ministerium.

Damit Unternehmen, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen die Hilfe möglichst rasch erhalten könnten, würden Direktzahlungen bis 5000 Euro und Abschlagszahlungen bis 10 000 Euro gewährt. 87 Prozent von 24 000 Direktanträgen und 73 Prozent von 44 000 über prüfende Dritte gestellte Anträge seien über das beschleunigte Verfahren bereits bewilligt worden.

Für das reguläre Fachverfahren werde von dem Dienstleister, der für die Antragsplattform www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de beauftragt worden sei, mit Hochdruck an der entsprechenden Software gearbeitet. Die Bewilligungsstellen der Länder sollten diese möglichst schnell zur Verfügung haben.

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, kritisierte es als «Offenbarungseid», dass noch kein einziger Antrag auf Novemberhilfe regulär bearbeitet worden sei. «Zudem bleibt völlig unklar, wann der Bund die dafür notwendige Software liefern kann», sagte er der «Bild»-Zeitung. «Damit ist die Verunsicherung der betroffenen Betriebe perfekt.» Die Linke nannte es «unfassbar», dass die Bundesregierung den Sommer nicht genutzt habe, um etwa Software für einen zweiten Lockdown und neue Hilfen an den Start zu bringen. «Das ist keine Überbrückungshilfe, sondern eine "Zu-Spät-Hilfe"», sagte Fraktions-Vize Fabio De Masi.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach von einer «Bankrotterklärung der Bundesregierung». Es sei bestürzend, wie sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) von Woche zu Woche hangelten, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Wenn Betriebe zum Schutz vor dem Coronavirus geschlossen werden müssten, «dann müssen auch automatisch Hilfen greifen, zeitnah, unbürokratisch und mit Langfristperspektive».

Dass sich die Auszahlung bis ins neue Jahr hinein zieht, könnte der Diskussion um höhere Abschlagszahlungen auf beantragte Hilfen neue Nahrung geben. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) sagte dem «Handelsblatt»: «10 000 Euro sind für größere Unternehmen zu wenig. Wir brauchen einen höheren Einstieg bis zu 100 000 Euro.» Die Wirtschaftsminister der Länder hatten vergangene Woche sogar eine Erhöhung auf 500 000 Euro gefordert. «Ohne eine sofortige deutliche Erhöhung der Abschlagszahlungen werden Unternehmen mit höheren Ansprüchen auf Novemberhilfe in erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten geraten», hieß es in einem Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier hatte zugesagt, eine höhere Abschlagszahlung zu prüfen. Dem «Handelsblatt» zufolge sind dabei bis zu 50 000 Euro im Gespräch. Die Sorge vor Missbrauch sei groß. DEHOGA-Chefin Ingrid Hartges dazu auf Bild: „Jetzt müssen die Abschlagszahlungen deutlich aufgestockt werden, ansonsten sind Insolvenzen vorprogrammiert!“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte als Ziel der November- und Dezemberhilfen sowie der Überbrückungshilfen III, dass diejenigen unterstützt werden, die durch die notwendigen Schließungen keine oder kaum Einnahmen haben. Aber es gehe auch darum, die deutsche Wirtschaft in einer guten Ausgangsposition zu halten, um schnell wieder erfolgreich zu wachsen, wenn die Pandemie unter Kontrolle sei, sagte sie in ihrem am Samstag veröffentlichten Videopodcast.

Bei den November- und Dezemberhilfen bekommen Unternehmen sowie Selbstständige, die vom Teil-Lockdown betroffen sind, 75 Prozent des entgangenen Umsatzes ersetzt. Bei den Überbrückungshilfen III ab Januar werden vor allem fixe Betriebskosten erstattet, unter anderem Mieten und Pachten. Kritiker hatten gefordert, die Hilfen zielgenauer zu gestalten. «Statt Umsätze anteilig zu erstatten, sollten wir uns stärker an den tatsächlich anfallenden Verlusten orientieren», sagte etwa der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Es sei grundsätzlich aber sinnvoll, die Hilfen weiterzuführen, sagte der Ökonom der «Berliner Zeitung». Insbesondere Betriebe in den Bereichen Gastronomie, Reise, Kultur und Sport hätten massive Einbußen.

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) betonte, das Kurzarbeitergeld werde genauso bis zum Ende der Krise gelten wie die Überbrückungshilfe III. «Bisher gehen wir davon aus, dass wir bis Juni Überbrückungshilfen zahlen werden», sagte Braun der «Welt am Sonntag».

Bundesfinanzminister Scholz ermuntert derweil Unternehmen, für die zweite Jahreshälfte 2021 wieder Veranstaltungen zu planen, und verspricht einen Ersatz der Kosten, falls sie coronabedingt doch abgesagt werden müssen. «Wer jetzt solche Veranstaltungen in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 plant, die dann wider Erwarten doch abgesagt werden müssen, soll dafür Ersatz bekommen», sagte er dem Berliner «Tagesspiegel». Er wolle Konzertveranstalter mit dieser Maßnahme ermutigen, jetzt wieder loszulegen. Zudem arbeite er an einem Förderprogramm, das Kulturveranstaltungen unterstützen solle, die wegen der Corona-Restriktionen nur von einem beschränkten Publikum besucht werden könnten und daher nicht wirtschaftlich seien.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will den Kampf gegen den Arbeitskräftemangel in Deutschland intensivieren. Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung die Möglichkeit eines Rechtsanspruchs auf flexibles Arbeiten für Beschäftigte prüfen solle, wie aus dem Entwurf des neuen Jahreswirtschaftsberichts hervorgeht.

Die Arbeitgeber in Deutschland lehnen einen Rechtsanspruch auf Homeoffice ab. In der Regel werde diese Frage im guten Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geregelt. Ein Gesetz brauche es nicht, so Steffen Kampeter.

Bekommen Kinder ihr Mittagessen in Kita oder Schule künftig vom Staat bezahlt? Ein Bürgerrat fordert genau das. Rot-Grün in Niedersachsen findet den Vorschlag gut, bremst aber trotzdem die Erwartungen.

Sterneköche und Frankreichs Gastgewerbe mobilisieren gegen das neue Migrationsgesetz, das, anders als zunächst geplant, die Integration von Beschäftigten ohne Aufenthaltstitel kaum erleichtert. Jetzt protestieren Sterneköche, die die Integration von Küchenpersonal ohne Papiere fordern und appellieren: Wir brauchen Migranten.

Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland sind für ein kostenloses Mittagessen in Schulen und Kitas. Hintergrund der Umfrage war die Empfehlung eines Bürgerrats des Bundestags zur Ernährung.

Das Ifo-Institut plädiert für die Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung. Die Niederlande, Schweden und Finnland hätten das bereits beschlossen. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen bleibe damit stabil, so die Wirtschaftsforscher.

Mit einer langen Kolonne von Traktoren haben Tausende Landwirte in Berlin ihrem Ärger über die Ampel-Koalition Luft gemacht. Bei einer Protestkundgebung am Brandenburger Tor sprach auch DEHOGA-Präsident Guido Zöllick und verlangte die Rückkehr zu sieben Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie.

Es ist der erste Bürgerrat dieser Art und das Thema ist hochaktuell: Ernährung. Kostenfreies Mittagessen für alle Kinder steht dabei an erster Stelle der Empfehlungen, die nun im Bundestag vorgestellt wurden.

Das Justizministerium hat einen Referentenentwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz vorgelegt. Darin enthalten ist auch die Hotelmeldepflicht, die abgeschafft werden soll – allerdings nur für deutsche Staatsangehörige. Auch die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege sollen verkürzt werden.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent für Speisen in der Gastronomie bei gleichzeitig massiv steigenden Kosten stellt die Unternehmer vor größte Herausforderungen. Das geht aus einer Umfrage des Dehoga hervor.