SPD-Fraktionschef Mützenich: „Lösung zur Absenkung der Mehrwertsteuer bei der Gastronomie war gefunden“

| Politik Politik

SPD-Fraktionschef Mützenich wirft Bundesfinanzminister Lindner vor, öffentlich falsche Angaben gemacht zu haben. Der Sozialdemokrat sagte dem Magazin „Stern“, „auch zur Absenkung der Mehrwertsteuer bei der Gastronomie hatten wir eine einvernehmliche Lösung gefunden. Dieses Thema hat Herr Lindner dann einseitig von der Tagesordnung genommen.“ Lindner hatte zuvor SPD und Grüne für die Steuererhöhung verantwortlich gemacht und sagte der „Welt am Sonntag“: „Wenn alle Parteien an einem Strang gezogen hätten, wäre eine weitere Verlängerung drin gewesen. SPD und Grüne hatten aber andere Prioritäten. Ich verstehe, dass viele es bedauern. Aber die Rückkehr zur Normalität muss man akzeptieren“. (Tageskarte berichtete)

SPD-Politiker Mützenich kontert im Stern mit einer anderen Version und wirft Finanzminister Christian Lindner vor, nicht die Wahrheit zu den Hintergründen der Entscheidung gesagt zu haben. „Mir ist schleierhaft, warum sich der Finanzminister plötzlich von gemeinsamen Entscheidungen zum kommenden Haushalt distanziert“, sagte Mützenich in dem Interview.

Auch der DEHOGA Bundesverband hatte in der letzten Woche berichtet, dass die Spitzen der Ampelkoalition sich offensichtlich auf eine einjährige Verlängerung der sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie verständigt hätten. (Tageskarte berichtete). 

Die Einigung sei dann offenbar mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gekippt worden, dass die Umwidmung von Corona-Krediten in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für Klimaprojekte als verfassungswidrig zu erklärt. Dem Staat fehlten daher rund 60 Milliarden Euro im Sondervermögen für Klimaausgaben.

„Besonders groß ist die Enttäuschung, da die Branche bis Mittwoch eine breite Unterstützung der Ampelspitzen erfahren hatte“, schrieb der DEHOGA Bundesverband. Verbandspräsident Zöllick monierte mit Blick auf die fehlenden Milliarden nach dem Karlsruher Urteil: „Dies darf nicht auf unserem Rücken ausgetragen werden!“ Wir geben ernsthaft zu bedenken: Der erwartete fiskalische Effekt von Mehreinnahmen mit einer Steuererhöhung auf 19 Prozent kann genau ins Gegenteil umschlagen, indem durch Umsatzverluste die Erwartung von Mehreinnahmen nicht eintritt. Ertragsrückgänge bedeuten auch weniger Steuereinnahmen in Bund, Ländern und Kommunen. Betriebe, die nicht mehr existieren, können auch keine Steuern zahlen.“

Statt Steuerfairness zu schaffen und Essen einheitlich mit sieben Prozent zu besteuern, würden mit der Steuererhöhung auf 19 Prozent ab Januar 2024 Tausende Existenzen gefährdet, der Verlust von Lebensqualität und gastronomischer Vielfalt provoziert. Dramatische Umsatzeinbußen in der Branche und bei ihren Partnern, Jobverluste, Betriebsaufgaben, Insolvenzen sowie marode regionale Wirtschaftskreisläufe seien vorprogrammiert, so der Verband.


Zurück

Vielleicht auch interessant

CSU-Chef Markus Söder hat angesichts der Haushaltskrise und der Debatten innerhalb der Ampel-Regierung eine vorgezogene Neuwahl parallel zur Europawahl am 9. Juni kommenden Jahres ins Gespräch gebracht.

FDP und CDU in Baden-Württemberg machen sich beim Thema der auslaufenden Mehrwertsteuersenkung für Hotels und Gaststätten gegenseitig Vorwürfe. Nachdem die FDP-Fraktion den stellvertretenden Ministerpräsidenten Thomas Strobl (CDU) für sein Stimmverhalten im Bundesrat kritisiert hatte, schoss dessen Innenministerium zurück.

Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger hat die Ampel-Koalition aufgefordert, ihre Klimaschutzvorgaben für die Wirtschaft stark einzudampfen. Klimaziele müssten seiner Meinung nach mit marktwirtschaftlichen Instrumenten erreicht werden.

Nach dem Urteil aus Karlsruhe wird ein weiteres Sondervermögen geschlossen. Die Folge: Die Preisbremsen für Strom und Gas, die daraus finanziert wurden, können nicht übers Jahresende hinaus verlängert werden.

Vier Bundesländer sind im Bundesrat mit Vorstößen gescheitert, die zum Jahresende auslaufende reduzierte Mehrwertsteuer in der Gastronomie dauerhaft beizubehalten oder zu verlängern. Entsprechende Entschließungsanträge fanden in der Länderkammer am Freitag keine Mehrheit. Das Thema bleibt trotzdem auf der Agenda.

Unter anderem unternimmt Bayern im Bundesrat heute einen weiteren Anlauf zur Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer von sieben Prozent für die Gastronomie. Auch wenn hier Zustimmung erfolgt, werden die sieben Prozent nicht automatisch fortgelten, da auch der Bundestag am Ende einer Entfristung zustimmen müsste.

Die CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft fordert den rot-grünen Senat auf, sich auf Bundesebene für eine Beibehaltung des auf sieben Prozent abgesenkten Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie einzusetzen.

Die Ampel-Koalition steckt in der Finanzkrise. Die erste gravierende Folge des Haushaltsurteils: Der Etat für 2024 wird kommende Woche nicht beschlossen. Doch damit sind längst nicht alle Probleme gelöst.

Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) hat sich für die befristete Beibehaltung einer reduzierten Mehrwertsteuer für die Gastronomie ausgesprochen. „Dafür setzen wir uns weiterhin im Bundesrat ein“, sagte die Politikerin. Die Debatte ist nicht zu Ende, und müsse, wenn nötig, im Vermittlungsausschuss weiter geführt werden.

Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie soll ab dem 1. Januar wieder von 7 auf 19 Prozent steigen. Nun versucht Bayern, die Steuererhöhung in letzter Minute zu verhindern. Mit der Steuererhöhung fürs Essengehen richte die Ampel ein Blutbad in der Gastronomie an, so Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger.