Wirtschaft fordert Reform der DSGVO

| Politik Politik

Die deutsche Wirtschaft drängt auf eine grundlegende Reform der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Einer aktuellen Befragung des Digitalverbands Bitkom zufolge fordern 79 Prozent der befragten Unternehmen von der Politik, eine solche Reform auf europäischer Ebene voranzutreiben, während 71 Prozent eine Lockerung der Bestimmungen befürworten. Die Ergebnisse der Befragung von 603 Unternehmen ab 20 Beschäftigten legen nahe, dass der Aufwand für Datenschutz in den Unternehmen weiter zunimmt.

Hoher Aufwand und Hemmnis für Digitalisierung

Fast zwei Drittel (69 Prozent) der Unternehmen gaben an, dass der Aufwand für Datenschutz im vergangenen Jahr weiter gestiegen ist. Insgesamt bewerten 97 Prozent den Aufwand als sehr hoch oder eher hoch. Eine deutliche Mehrheit von 77 Prozent sieht den Datenschutz als ein Hemmnis für die Digitalisierung in Deutschland. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 70 Prozent. Zudem sind 72 Prozent der Meinung, dass Deutschland es mit dem Datenschutz übertreibe.

Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung, betonte die Notwendigkeit, diese Bedenken ernst zu nehmen: „Diese Bewertung der Unternehmen sollten wir ernst nehmen und einen sowohl effektiven als auch praxistauglichen Datenschutz für die digitale Gesellschaft ermöglichen.“ Sie verwies auf die Vorschläge der EU-Kommission für einen „digitalen Omnibus“, merkte aber an, dass die strukturellen Hürden weiterhin bestünden. Dehmel kritisiert, dass die Vielzahl komplexer Vorschriften zu aufwändigen und teils bürokratischen Prozessen führe und forderte dringend Klarheit und Entlastung.

Herausforderungen und Reformwünsche

Als größte Herausforderungen bei der Umsetzung der Datenschutzvorgaben nannten die Unternehmen, dass der Prozess nie abgeschlossen sei (86 Prozent) und Unsicherheit bezüglich der genauen Vorgaben der DSGVO herrsche (82 Prozent). Hinzu kommen wiederkehrende Prüfungen beim Ausrollen neuer Tools (77 Prozent). Weitere Kritikpunkte sind allgemein zu hohe Anforderungen (69 Prozent), die uneinheitliche Auslegung innerhalb der EU (54 Prozent) und die mangelnde Beratung durch Aufsichtsbehörden (54 Prozent).

Innerhalb der Unternehmen bindet der Datenschutz knappe Ressourcen. Als interne Herausforderungen werden der Zeitaufwand für IT- und Systemumstellungen (50 Prozent) und der Aufwand, Beschäftigten die komplexen Anforderungen verständlich zu machen (46 Prozent), genannt. Auch ein Mangel an qualifizierten Beschäftigten für die Umsetzung (38 Prozent) wird thematisiert.

Die Unternehmen äußerten konkrete Wünsche für eine Nachbesserung der DSGVO. Rund drei Viertel wünschen sich eine Reduzierung der Dokumentationspflicht von Verarbeitungstätigkeiten (76 Prozent) und die Abschaffung des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt (73 Prozent). Jeweils rund 60 Prozent der Unternehmen plädieren für eine vereinfachte Nutzung pseudonymisierter Daten (63 Prozent), eine verpflichtende praxisnähere Beratung durch die Aufsichtsbehörden (62 Prozent), mehr Rechtssicherheit bei der Interessenabwägung (61 Prozent) und weniger Informationspflichten (60 Prozent). Dehmel fasste zusammen: „Es geht den Unternehmen darum, die DSGVO nach sieben Jahren praxistauglich zu machen. Datenschutz muss verständlich und anwendbar sein.“

Der größte Aufwand entsteht derzeit bei der Dokumentationspflicht von Verarbeitungstätigkeiten (73 Prozent) sowie der technischen Implementierung (69 Prozent).

Kritik an Aufsichtsbehörden und Datenschutzverstöße

Die Unternehmen üben auch Kritik an der Praxis der Aufsichtsbehörden. 69 Prozent beklagen eine zu strenge Anwendung der DSGVO durch die deutschen Datenschutzbehörden. Dies führe dazu, dass Unternehmen aus Angst vor Verstößen überziehen (62 Prozent). Eine knappe Mehrheit von 53 Prozent befürwortet eine Zentralisierung der Datenschutzaufsicht auf Bundesebene.

Ein Viertel der Unternehmen berichtete von Datenschutzverstößen innerhalb der letzten zwölf Monate. Bei 19 Prozent gab es einen Verstoß, bei 6 Prozent mehrere. 57 Prozent dieser Unternehmen haben die Verstöße an die Aufsicht gemeldet. Als Folge des größten Datenschutzverstoßes nannten 93 Prozent den organisatorischen Aufwand, gefolgt von einem Bußgeld (51 Prozent).

Auswirkungen auf Künstliche Intelligenz

Mit Blick auf Künstliche Intelligenz wird die Rolle des Datenschutzes zunehmend kritisch gesehen. 71 Prozent der Unternehmen fordern eine Anpassung des Datenschutzes an das KI-Zeitalter, da für mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Datenschutz das Training von KI-Modellen erschwere. Die Sorge wächst, dass der Datenschutz KI-entwickelnde Unternehmen aus der EU vertreibt, dies befürchten 63 Prozent (2024: 52 Prozent). 57 Prozent sehen die Anwendung von KI in der EU generell eingeschränkt. Umgekehrt sehen aber 58 Prozent der Unternehmen, dass der Datenschutz auch Rechtssicherheit bei der Entwicklung von KI-Anwendungen schafft.

Weitere politische Forderungen

Die Unternehmen richten weitere Wünsche an Politik und Verwaltung. 85 Prozent wünschen sich verständlichere Datenschutzvorgaben und ebenso viele eine Reduzierung des bürokratischen Aufwands bei Datenschutzvorfällen. Darüber hinaus stehen eine bessere Abstimmung von Datenschutz und anderen Regulierungen (69 Prozent) sowie eine bessere Hilfestellung durch Datenschutzbehörden (62 Prozent) auf der Agenda. 53 Prozent befürworten differenziertere Datenschutzanforderungen nach Unternehmensgröße.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Spätestens zum 31. Dezember 2026 muss die Evaluierung des aktuellen Glücksspielstaatsvertrags in Deutschland abgeschlossen sein. Sie soll festhalten, ob die bisherigen Maßnahmen ausreichend sind, wie wirkungsvoll sie sich zeigen und wo Nachbesserungsbedarf ist. Neue Maßnahmen könnten dann ab 2028 in Kraft treten, denn solange läuft die bisherige Version des Glücksspielstaatsvertrags.

Die Bundesregierung hat das neue EinfachMachen-Portal freigeschaltet. Damit existiert erstmals eine zentrale Anlaufstelle auf Bundesebene, über die Bürger, Unternehmen, Verbände und Verwaltungsangestellte bürokratische Hindernisse direkt melden können.

Das OVG Münster bestätigt Rückforderungen von Corona-Hilfen im Bereich der Eventorganisation. Während das Gericht die strengen EU-Vorgaben für Entschädigungen betont, stellt der DEHOGA klar, dass das Urteil keinen großen Anlass zur Besorgnis für das Gastgewerbe bietet.

Der Bundesrat hat am 19. Dezember 2025 dem Steueränderungsgesetz zugestimmt und damit den Weg für eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen frei gemacht. Ab dem 1. Januar 2026 gilt für den Verzehr von Speisen in Restaurants und Cafés unbefristet der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent.

Mit einem neuen Onlineportal will die Regierung erfahren, wo Bürger und Unternehmen im Alltag auf Hürden stoßen – und setzt dabei auch auf Künstliche Intelligenz.

Die Gastronomie bekommt dauerhaft den Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent, um die wirtschaftliche Existenz der Betriebe zu sichern. Da massiv gestiegene Kosten für Personal und Lebensmittel die Margen unter Druck setzen, planen die meisten Unternehmen keine Preissenkungen, sondern nutzen die steuerliche Entlastung zur Stabilisierung ihrer Geschäfte.

Mit der Rückkehr zu 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen zum 1. Januar 2026, kommen neue administrative Herausforderungen auf Gastronomen zu. Ein aktuelles Merkblatt des DEHOGA gibt nun wichtige Hinweise zur steuerlichen Behandlung von Silvesterveranstaltungen, Pauschalangeboten und Anzahlungen.

Mit Kurzarbeit können Unternehmen Flauten überbrücken, ohne Beschäftigte entlassen zu müssen. Derzeit läuft die Wirtschaft nicht wie erhofft. Die Regierung zieht Konsequenzen.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich im Trilog-Verfahren auf eine vorläufige Einigung zur neuen Zahlungsdiensteverordnung verständigt. Die Verordnung definiert die Rahmenbedingungen für Zahlungsdienste und Kartenzahlungen innerhalb der EU neu.

Der europäische Dachverband der Hotels, Restaurants und Cafés, Hotrec, hat, mit einer breiten Allianz europäischer Wirtschaftsvertreter an das Europäische Parlament appelliert, auf neue Vorgaben für Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz zu verzichten. Statt neuer Gesetze wird ein zukunftsorientierter Ansatz gefordert.