Die Regierungschefs der Bundesländer haben sich zusammen mit Bundeskanzler Friedrich Merz auf ein umfangreiches Reformpaket zur Modernisierung von Staat und Verwaltung geeinigt. Die sogenannte „Föderale Modernisierungsagenda“ umfasst 200 Maßnahmen mit dem Ziel, Bürokratie abzubauen, Verfahren zu beschleunigen und die staatliche Effizienz zu steigern. Das Paket enthält zahlreiche Punkte, die bei konsequenter Umsetzung auch für die Betriebe der Hotellerie und Gastronomie spürbare Entlastungen bringen könnten.
Die Agenda ist das Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz und folgt auf kürzlich von der Bundesregierung beschlossene Entlastungsmaßnahmen. Erklärte Ziele sind die grundlegende Erneuerung von Staat und Verwaltung sowie mehr Effizienz, unter anderem durch Zusagen für die Entlastung der Bürger und verwaltungsinterne Vorhaben, beispielsweise im Bereich der föderalen Zusammenarbeit, Cybersicherheit und digitaler Verwaltungsverfahren.
Konkrete Pläne für die Wirtschaft
Besondere Relevanz für kleine und mittelständische Unternehmen haben folgende geplante Vorhaben: Berichtspflichten der Unternehmen in Bund und Ländern sollen um mindestens ein Drittel reduziert und gebündelt werden, sodass Unternehmen inhaltlich ähnliche Pflichten nur noch einmal erfüllen müssen. Auch auf EU-Ebene, etwa bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung, sollen Reduzierungen angestrebt werden.
Ein großes Ärgernis für kleine und mittlere Betriebe sind Dokumentationspflichten: Alle diese Pflichten der Wirtschaft sollen im nächsten Jahr auf den Prüfstand. Das erklärte Ziel ist die Abschaffung von mindestens der Hälfte der Dokumentationspflichten, wobei der Grundsatz „Abschaffung, es sei denn, die Notwendigkeit wird extra begründet“ gelten soll. Explizit wird die Überprüfung der bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Bonpflicht genannt.
Im Bereich der Gefährdungsbeurteilungen bleibt der Beschluss hinter dem Entwurf zurück und sieht nur noch einen Prüfauftrag zur Vereinfachung, Flexibilisierung und Digitalisierung ohne Absenkung relevanter Schutzstandards vor. Die Aushangpflicht verschiedener Gesetze und Unfallverhütungsvorschriften soll durch eine anlass- und bedarfsbezogene Information ersetzt werden. Staatliche Kontrollen sollen risikoorientierter reduziert und bei Verstößen die Sanktionen verschärft werden.
Des Weiteren soll die Schriftform generell durch die Textform ersetzt werden, was allerdings nur die Kommunikation zwischen Behörden und Bürgern betrifft. Die Belastung durch die Ausnahme von der Möglichkeit digitaler Nachweise von Arbeitsbedingungen für stark digitalisierte Unternehmen des Gastgewerbes ist damit nicht angesprochen. Darüber hinaus soll deutsches Recht, das über die Vorgaben des EU-Rechts hinausgeht (sog. Goldplating), zurückgeführt werden. Beispiele hierfür sind die deutsche Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie und das Bundesdatenschutzgesetz.
Beschleunigung und Erleichterungen bei Verfahren
Ein potenzieller „Quantensprung“ im Umgang mit Genehmigungsverfahren soll bis Ende 2027 vollzogen werden: Wenn ein Antrag vollständig eingereicht wurde, aber binnen von drei Monaten nicht beschieden wird, soll er als bewilligt (Genehmigungsfiktion) gelten. Dazu kommt eine Vollständigkeitsfiktion: Die Dreimonatsfrist beginnt mit der Antragstellung, unabhängig von der Vollständigkeit der Unterlagen. Zudem sollen verstärkt Anzeige- statt Genehmigungspflichten eingeführt werden. Dies könnte beispielsweise die Gaststättenkonzession in jenen Bundesländern betreffen, die noch eine Erlaubnispflicht haben.
Antragsteller müssen künftig keine Auskünfte aus Zentralregistern oder dem Grundbuch mehr selbst beibringen, dies soll automatisiert durch die Behörden erfolgen – allerdings erst 2028 oder 2029. Ein neuer, mutigerer Umgang mit geringen Restrisiken soll Deutschland schneller und effizienter machen. Es soll festgeschrieben werden, dass Unfallverhütungsvorschriften nicht nur zur Prävention erforderlich, sondern auch verhältnismäßig sein müssen. Das ist ein Ansatz, um zuletzt oft ausgeuferte technische Regeln auf einen vernünftigen Umfang zurückzuführen. Beispiele sind die Verwendung von Leitern oder die regelmäßige Prüfung von elektrischen Betriebsmitteln. Alle Verweise auf DIN-Normen in Gesetzen sollen überprüft werden.
Filialisierte Unternehmen erhalten zukünftig die Möglichkeit, einen zentralen Arbeitsschutzausschuss (ASA) am Hauptsitz einzurichten. Im Baurecht, Energierecht, Verkehrsbereich und bei der Telekommunikation sind umfangreiche Vereinfachungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren geplant, und das Vergaberecht soll vereinfacht werden.
Ein Hauptkritikpunkt des Gastgewerbes, der Datenschutz, soll ebenfalls angegangen werden. Die Agenda kündigt an, bis Ende 2027 die Aufsicht zu reformieren, mit dem Ziel der Bündelung von Kompetenzen und einer einheitlichen Rechtsauslegung. Die Pflicht zu Datenschutzbeauftragten soll eingeschränkt und die europäische DSGVO praxistauglicher werden. Auch die Länder bekennen sich zu der bereits von der Bundesregierung beschlossenen Work-and-Stay-Agentur für die Einwanderung in Arbeit. Förderverfahren im Zuwendungsrecht sollen vereinfacht werden, zum Beispiel durch die Abschaffung von Belegvorlagepflichten und die Einführung von Pauschalsätzen.
Viele dieser Vorhaben sind geeignet, Zeit und Personalkosten in den Unternehmen zu sparen, die Umsetzung von Investitionsentscheidungen zu beschleunigen und das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Staates wieder zu erhöhen. Der DEHOGA wird die Umsetzung der Ankündigungen eng begleiten und bei jedem anstehenden Gesetz- oder Verordnungsverfahren auf Praxistauglichkeit und Bürokratiearmut hinweisen.












