Start des Lockdowns für Ungeimpfte in Österreich

| Politik Politik

Geduld, Geduld, Geduld. Vier Stunden und länger hat am Montag die Wartezeit bei manchen Impfstationen in Wien betragen. Am ersten Tag des Lockdowns für Ungeimpfte wurde deutlich, dass die erneute Verschärfung des Maßnahmen viele Menschen wachgerüttelt hat.

«Ich muss mich jetzt impfen lassen, sonst funktioniert gar nichts mehr», räumt eine 31-jährige Masseurin aus Oberösterreich ein, die ohne Termin in der Schlange vor einer Impfstation eines Wiener Kaufhauses steht. Einen PCR-Test hat sie schon gemacht - mit der Kombination Erststich und Test darf sie sich sofort wieder frei bewegen. Zugleich aber schwingt bei vielen Skepsis mit. «Das ist eine Placebo-Maßnahme. Es muss einen generellen Lockdown geben, auch um eine Impfpflicht zu verhindern», meint ein 49 Jahre alter Controller.

Österreich sucht inmitten heftigen politischen Streits einen Ausweg aus der hier besonders massiven Corona-Krise. Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner liegt mittlerweile bei 890. Der Wochenstart mit fast 12 000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden - ein Negativrekord für einen Montag - verheißt nichts Gutes.

Doch das Anziehen der Schrauben ist stets begleitet von einer vielstimmigen Reaktion, die manche Bürger weiter verunsichern dürfte. So erntete der Vorstoß von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), bald auch über die Schließung der Nachtgastronomie und nächtliche Ausgangsbeschränkungen für alle zu entscheiden, sofort koalitionsinterne Kritik von der konservativen ÖVP. Und er fand auch bei der Opposition wenig Gnade.

Eine der meist diskutierten Fragen ist, wie der Lockdown für die Ungeimpften in den nächsten zehn Tagen kontrolliert werden soll. Die Polizei soll das machen - und die Polizeigewerkschaft ist dagegen. Bei jeder Amtshandlung werde überprüft, ob die Betroffenen geimpft oder in den letzten 180 Tagen von einer Corona-Erkrankung genesen seien, heißt es. Außerdem seien zahlreiche Streifen eigens für solche Kontrollen abgestellt, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). An den guten Willen ihrer Bürger hat die Regierung, die im Tonfall lieber droht als mitnimmt, bisher kaum appelliert.

Dass die Kontrollen nicht so «engmaschig» sein dürften, wie von Nehammer angekündigt, zeigt ein Blick auf die Mariahilfer Straße. Wiens längste Einkaufsmeile ist an diesem Montag gut besucht, aber weit und breit ist um die Mittagszeit keine Polizei zu sehen.

Wie eine Ironie wirkt es, dass der Vorsitzende der rechten FPÖ, Herbert Kickl, nun positiv auf Corona getestet wurde. Erst am Sonntag hat er als Reaktion auf die Entscheidung zum Lockdown für Ungeimpfte zur großen Demonstration am nächsten Samstag in Wien aufgerufen. Dort wollte er das «Corona-Apartheidsystem» anprangern. Daraus dürfte jetzt nichts werden, denn Kickl muss wohl in Quarantäne.

Am Montag endete die Übergangsfrist für die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Jetzt müssen Mitarbeiter geimpft, genesen oder getestet sein, was zu sehr schwierigen Situationen führt. «Die Unternehmer wissen nicht mehr, was sie machen sollen», sagte der Leiter der Wirtschaftskammer Braunau, Klaus Berer, der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Manche Mitarbeiter wollten sich weder impfen noch testen lassen. Obendrein gebe es Engpässe bei Testterminen und die Ergebnisse kämen nicht rechtzeitig. Die Wirtschaftskammer in Kärnten berichtete, dass in der Gastronomie Mitarbeiter nach Hause geschickt werden mussten, weil ihr PCR-Testergebnis nach 24 Stunden nicht vorlag.

Auch der Handel klagt. Bundesweit werde durch die Ausgangsbeschränkungen für die rund zwei Millionen Betroffenen ein Umsatzeinbruch von bis 350 Millionen Euro wöchentlich befürchtet, sagte der Geschäftsführer des Handelsverbands, Rainer Will. «Die Kaufkraft großer Teile der Bevölkerung wird in der wichtigsten Zeit des Jahres für den Handel hin zu digitalen Giganten verschoben.» Dabei stecke sich erwiesenermaßen kaum jemand in Geschäften mit dem Coronavirus an, hieß es.

Unter der Flut schlechter Nachrichten leidet nicht zuletzt der Tourismus. «Für den Dezember rollt gerade eine Stornowelle durch die Rezeptionen, der Jänner ist bei den Reservierungen gar auf einem Rekordtief», hieß es bei der Wiener Wirtschaftskammer. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die neue Budgetverteilung im Bundeshaushalt 2026 stößt beim Deutschen Tourismusverband auf gemischte Reaktionen. Während der Etat für Kunst und Kultur bejubelt wird, sorgt eine weitere Kürzung der zentralen Tourismusförderung für Unmut.

Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz fordert, Werkverträge bei Essenslieferdiensten zu verbieten. Auch die Gewerkschaft NGG unterstützt den Plan. Ähnliches gibt es schon in anderen Branchen.

Europa-Park-Gründer Roland Mack hat im Umgang mit der AfD für einen offenen Austausch geworben. Dass man mit Menschen spreche, die immerhin einen hohen Anteil an Wählerstimmen ausmachten, halte er für notwendig und richtig, so der 76-Jährige in einem Gespräch mit dem «Südkurier».

Im Land Bremen soll es auf Einweggeschirr eine Steuer geben. Aber die geplante Einführung zum 1. Januar muss verschoben werden - zunächst sollen die Träger öffentlicher Belange gehört werden.

Die Gewerkschaft NGG hat ihre Empfehlungen für die Tarifverhandlungen 2026 veröffentlicht und fordert Entgeltsteigerungen von 4 bis 6 Prozent sowie konkrete Verbesserungen für Auszubildende.

Wie der AfD begegnen? Der Verband der Familienunternehmer will sich für Gespräche mit der AfD öffnen. Das sorgt für scharfe Diskussionen in Politik und Wirtschaft. Caroline von Kretschmann, Inhaberin des Luxushotels Europäischer Hof in Heidelberg, die im Präsidium der Familienunternehmer sitzt, bezieht deutlich Stellung – auch klar abweichend von der Verbandslinie.

Der Stadtrat von Kaiserslautern hat mehrheitlich die geplante Einführung einer Übernachtungssteuer abgelehnt. Die Steuer sollte ursprünglich ab dem 1. Januar 2026 auf Gästeübernachtungen erhoben werden.

Schleswig-Holsteins Gastronomie kämpft laut dem FDP-Fraktionschef mit steigenden Kosten. Er hofft auf Entlastungen durch weniger Bürokratie und niedrigere Mehrwertsteuer und fordert ein klares Signal.

Der Hotelverband Deutschland und der Handelsverband Deutschland warnen vor den Folgen einer geplanten EU-Regulierung, die das bedingungslose Rückerstattungsrecht auf händler-initiierte Kartenzahlungen ausweiten könnte.

Der Landtag von Baden-Württemberg hat die Neufassung des Landesgaststättengesetzes beschlossen. Die Reform tritt am 1. Januar 2026 in Kraft und führt zu grundlegenden Vereinfachungen für Gastgewerbebetriebe in Baden-Württemberg.